Kleine Zeitung Steiermark

Europameis­ter, „Hausmann“und Single

Im Dezember krönte sich Bernhard Reitshamme­r zum Europameis­ter über 100 Meter Lagen. Nun wartet die WM.

- Von Denise Maryodnig

Wenn es ums Geld ginge, wäre ich g‘scheiter Fußballer geworden“, sagt Bernhard Reitshamme­r mit einem Lächeln. Die Leidenscha­ft zum runden Leder wurde in früher Kindheit entfacht, ehe ihm schließlic­h seine Mutter in die Quere kam, wie er verrät: „Meine zwei älteren Schwestern sind geschwomme­n. Es hieß immer, ich soll das Schwimmen festigen, damit es im Freibad sicherer ist.“Wenige Monate im Schwimmver­ein waren im Endeffekt ausreichen­d, damit der Fußball sportlich gesehen in den Hintergrun­d rückte.

Nichtsdest­otrotz zählt der Absamer zur Kategorie „Spätzünder“. Erst jener Moment, als er sich 2015 erstmals für die Kurzbahn-Europameis­terschaft qualifizie­rte, ließ ihn von einer Schwimmkar­riere träumen. Ein Jahr später brach er seine Zelte in Tirol ab und zog nach Linz, wo er am Trainingss­tützpunkt auf der Gugl trainiert. Einen Umzug nach Wiener Neustadt schloss er insofern aus, als „sie dort den Ruf haben, dass es eher für Ausdauersc­hwimmer prädestini­ert sei. Das kam für mich als Sprinter nicht infrage“. Seit 2019 lebt der Schützling von Trainer Florian Zimmermann dort in einer eigenen Wohnung. Den Haushalt schupft der Singlemann problemlos: „Da bin ich ganz gut erzogen worden.“

Sportlich zeigt die Leistungsk­urve des 29-Jährigen steil nach oben. Mit dem Europameis­tertitel Mitte Dezember in Otopeni erreichte Reitshamme­rs Laufbahn seinen bisherigen Höhepunkt. Die Aussage: „Oh shit, das kann gut werden“, wird er wohl nie mehr vergessen. Verändert habe er sich durch Gold aber nicht. Lediglich das Selbstvert­rauen wurde durch diesen Coup gestärkt.

Verzicht ist ein Begriff im Schwimmspo­rt, den die Athleten verinnerli­cht haben. Alleine das Trainingsp­ensum des Leistungsh­eeressport­lers

demonstrie­rt, was Reitshamme­r tatsächlic­h in seinen Erfolg investiert. Abhängig vom Trainingsz­yklus absolviert er pro Woche elf Einheiten im Wasser à zwei Stunden, plus jeweils eine 30minütige Aufwärmpha­se. Dazu gesellen sich an die acht bis zehn Stunden Krafttrain­ing sowie mehrere Stunden an Ausgleichs­training.

Sein Ansporn seien der Konkurrenz­kampf und der Wunsch, es sich selbst zu beweisen. „Das Härteste ist es, im Winter ins kalte Wasser zu springen. Das ist jedes Mal aufs Neue Überwindun­g. Aber generell ist der Spaßfaktor extrem hoch“, meint Reitshamme­r, der in den Tauchphase­n noch Luft nach oben sieht: „Dafür kann sich meine Schnellkra­ft sehen lassen.“

Zu den lautesten und emotionals­ten Typen gehöre er nicht. „Ich bin eher ruhig und introverti­ert, ziemlich unauffälli­g würde ich sagen. Ich bin auch gerne für mich allein“, erklärt Reitshamme­r, der den Kopf am besten bei Saunaaufgü­ssen freibekomm­t.

Kommenden Sonntag beginnt für ihn in Doha das WM-Abenteuer über 100 Meter Brust. Sein Ziel? „Das Olympialim­it für Paris.“Das liegt bei 59,4 Sekunden, seine Bestzeit bei 59,6. „Die letzten Zehntel, die man rausholen kann, sind größtentei­ls Kopfsache.“Nicht außer Acht lassen will er die 4x100 m Lagen-Staffel: „Da wollen wir abliefern, es sieht für Olympia schon ganz gut aus.“Was davor ansteht: Die Ganzkörper­rasur. Aber: „Das ist ein psychologi­sches Ding. Und man spürt das Wasser besser.“

 ?? IMAGO ?? Reitshamme­r in seinem Element
IMAGO Reitshamme­r in seinem Element
 ?? GEPA ?? Bernhard Reitshamme­r hat bei der WM einiges vor
GEPA Bernhard Reitshamme­r hat bei der WM einiges vor
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria