Welche Faktoren das Long-Covid-Risiko erhöhen
Mehrfachinfektionen spielen eine Rolle, sagt Arschang Valipour, der auch an einer Studie zum Long-Covid-Medikament BC 007 beteiligt ist.
BC 007 ist einer der Hoffnungsträger, wenn es um die Linderung von LongCovid-Symptomen geht. Das Präparat soll jenen Betroffenen helfen, die unter Erschöpfung als Folge einer Covid-19-Infektion leiden. Zwei Zentren in Österreich, die Kliniken Favoriten und Floridsdorf, beteiligen sich an der Phase-II-Studie. „Unsere beiden Zentren sind mit jenen in Deutschland bislang die aktivsten“, sagt Arschang Valipour. Insgesamt sollen 114 Probandinnen eingeschlossen werden, erste Ergebnissen sollen im Herbst vorliegen. „Zahlreiche Patienten haben schon das Präparat bzw. das Placebo erhalten.“
BC 007 wäre, wenn erfolgreich, eines der ersten Medikamente, das speziell zur Long-Covid-Behandlung entwickelt wurde. Bislang gibt es keine kausale Therapie. Die eine Behandlung, die eine Pille gegen Long Covid wird es – aufgrund der unterschiedlichen Krankheitsbilder – ohnehin kaum geben können. Was es braucht, sind Anlaufstellen für Betroffene. Schätzungen auf Basis internationaler Daten gehen davon aus, dass in Österreich 60.000 Personen betroffen sind. Rund drei Prozent aller Covid-19-Erkrankten unter den Omikronvarianten entwickeln mehr als drei Monate andauernde Beschwerden. Bei einer Vielzahl der Betroffenen sind diese noch nach einem Jahr vorhanden.
Das geplante Referenzzentrum für postvirale Erkrankungen wird diesen Bedarf alleine nicht bedienen können. „Es braucht Anlaufstellen im niedergelassenen
Bereich und multidisziplinäre Ambulanzen in Spitälern“, sagt Valipour. Und zwar in ganz Österreich. „Die noch größere Herausforderung ist aber der Aufbau von Expertise zu Long Covid und vor allem ME/CFS, wo es in Österreich wenig Fachwissen gibt. Wir brauchen Leute, die sich auskennen.“Patienten, die am Chronic Fatigue Syndrom leiden, haben in Österreich keine institutionelle Anlaufstelle.
Bei jenen Long-Covid-Betroffenen, die Valipour in der klinischen Routine – außerhalb der BC-007-Studie – behandelt, steht meist eine Lungenerkrankung im Vordergrund, etwa Asthma oder COPD. „Diese Patienten erfahren in den Monaten nach einer Covid-Infektion nicht nur eine Verschlechterung der Lungenerkrankung, wir sehen auch eine erhöhte Infektanfälligkeit.“Das zeigt sich auch in der Gesamtbevölkerung, abzulesen an den massiv gestiegenen Krankenständen der letzten Monate. „Das ist mit hoher Wahrscheinlichkeit Covid geschuldet, weil das Immunsystem in den Monaten danach ziemlich lahmgelegt wird“, sagt Valipour. Mehrfach-Infektionen stärken das Immunsystem also nicht. Hinzu kommt, dass jede Covid-19-Infektion zu Long Covid führen kann, auch ein sogenannter milder Verlauf. Auch gibt es Hinweise dafür, dass eine Covid-Infektion das Risiko für Autoimmunerkrankungen, etwa Diabetes, erhöhen kann.
Häufig wird in Sozialen Medien diskutiert, dass nicht Covid-19, sondern die Covid-Impfung Ursache der erhöhten Zahl an Krankheitsfällen ist. „Ja, es gibt das Post-Vac-Syndrom, es gibt Betroffene, die nach einer Impfung Long-Covid-ähnliche Beschwerden haben“, sagt Valipour. „Die Häufigkeit von gemeldeten Fällen ist aber unvergleichbar geringer als jene nach einer Infektion.“
Abschließend hat die Wissenschaft einen Auslöser für Long Covid noch nicht geklärt. Mehrere Hypothesen werden international diskutiert. „Am Ende wird es wahrscheinlich ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren sein“, sagt Valipour. Gewisse Risikofaktoren sind mittlerweile identifiziert: Frauen sind stärker betroffen, selbes gilt für die Altersgruppe zwischen 30 und 50 Jahren. „Personen mit vorher bestehenden Autoimmunerkrankungen oder Allergien dürften auch eher betroffen sein.“