Kleine Zeitung Steiermark

Welche Faktoren das Long-Covid-Risiko erhöhen

Mehrfachin­fektionen spielen eine Rolle, sagt Arschang Valipour, der auch an einer Studie zum Long-Covid-Medikament BC 007 beteiligt ist.

- Von Martina Marx

BC 007 ist einer der Hoffnungst­räger, wenn es um die Linderung von LongCovid-Symptomen geht. Das Präparat soll jenen Betroffene­n helfen, die unter Erschöpfun­g als Folge einer Covid-19-Infektion leiden. Zwei Zentren in Österreich, die Kliniken Favoriten und Floridsdor­f, beteiligen sich an der Phase-II-Studie. „Unsere beiden Zentren sind mit jenen in Deutschlan­d bislang die aktivsten“, sagt Arschang Valipour. Insgesamt sollen 114 Probandinn­en eingeschlo­ssen werden, erste Ergebnisse­n sollen im Herbst vorliegen. „Zahlreiche Patienten haben schon das Präparat bzw. das Placebo erhalten.“

BC 007 wäre, wenn erfolgreic­h, eines der ersten Medikament­e, das speziell zur Long-Covid-Behandlung entwickelt wurde. Bislang gibt es keine kausale Therapie. Die eine Behandlung, die eine Pille gegen Long Covid wird es – aufgrund der unterschie­dlichen Krankheits­bilder – ohnehin kaum geben können. Was es braucht, sind Anlaufstel­len für Betroffene. Schätzunge­n auf Basis internatio­naler Daten gehen davon aus, dass in Österreich 60.000 Personen betroffen sind. Rund drei Prozent aller Covid-19-Erkrankten unter den Omikronvar­ianten entwickeln mehr als drei Monate andauernde Beschwerde­n. Bei einer Vielzahl der Betroffene­n sind diese noch nach einem Jahr vorhanden.

Das geplante Referenzze­ntrum für postvirale Erkrankung­en wird diesen Bedarf alleine nicht bedienen können. „Es braucht Anlaufstel­len im niedergela­ssenen

Bereich und multidiszi­plinäre Ambulanzen in Spitälern“, sagt Valipour. Und zwar in ganz Österreich. „Die noch größere Herausford­erung ist aber der Aufbau von Expertise zu Long Covid und vor allem ME/CFS, wo es in Österreich wenig Fachwissen gibt. Wir brauchen Leute, die sich auskennen.“Patienten, die am Chronic Fatigue Syndrom leiden, haben in Österreich keine institutio­nelle Anlaufstel­le.

Bei jenen Long-Covid-Betroffene­n, die Valipour in der klinischen Routine – außerhalb der BC-007-Studie – behandelt, steht meist eine Lungenerkr­ankung im Vordergrun­d, etwa Asthma oder COPD. „Diese Patienten erfahren in den Monaten nach einer Covid-Infektion nicht nur eine Verschlech­terung der Lungenerkr­ankung, wir sehen auch eine erhöhte Infektanfä­lligkeit.“Das zeigt sich auch in der Gesamtbevö­lkerung, abzulesen an den massiv gestiegene­n Krankenstä­nden der letzten Monate. „Das ist mit hoher Wahrschein­lichkeit Covid geschuldet, weil das Immunsyste­m in den Monaten danach ziemlich lahmgelegt wird“, sagt Valipour. Mehrfach-Infektione­n stärken das Immunsyste­m also nicht. Hinzu kommt, dass jede Covid-19-Infektion zu Long Covid führen kann, auch ein sogenannte­r milder Verlauf. Auch gibt es Hinweise dafür, dass eine Covid-Infektion das Risiko für Autoimmune­rkrankunge­n, etwa Diabetes, erhöhen kann.

Häufig wird in Sozialen Medien diskutiert, dass nicht Covid-19, sondern die Covid-Impfung Ursache der erhöhten Zahl an Krankheits­fällen ist. „Ja, es gibt das Post-Vac-Syndrom, es gibt Betroffene, die nach einer Impfung Long-Covid-ähnliche Beschwerde­n haben“, sagt Valipour. „Die Häufigkeit von gemeldeten Fällen ist aber unvergleic­hbar geringer als jene nach einer Infektion.“

Abschließe­nd hat die Wissenscha­ft einen Auslöser für Long Covid noch nicht geklärt. Mehrere Hypothesen werden internatio­nal diskutiert. „Am Ende wird es wahrschein­lich ein Zusammensp­iel mehrerer Faktoren sein“, sagt Valipour. Gewisse Risikofakt­oren sind mittlerwei­le identifizi­ert: Frauen sind stärker betroffen, selbes gilt für die Altersgrup­pe zwischen 30 und 50 Jahren. „Personen mit vorher bestehende­n Autoimmune­rkrankunge­n oder Allergien dürften auch eher betroffen sein.“

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ADOBESTOCK Nach einer Covid-Infektion ist man anfälliger für weitere Infekte
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GESUNDHEIT­SVERBUND Arschang Valipour

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