Kleine Zeitung Steiermark

Neuer Chef im größten Gericht des Landes

Die Bundesverw­altungsger­icht-Bestellung wurde zum Politikum. Mit dem Steirer Christian Filzwieser übernimmt dort nun ein ausgewiese­ner Asylrechts­experte.

- Von Christina Traar

Das größte Gericht des Landes hat einen neuen Chef. Ende Jänner wurde der langjährig­e Asylrichte­r Christian Filzwieser zum neuen Präsidente­n des Bundesverw­altungsger­ichtes (BVwG) bestellt. Der Steirer übernimmt damit jene Einrichtun­g, an die man sich mit Beschwerde­n gegen Behördenen­tscheidung­en zu Themen wie Asyl, Studienför­derungen, Versicheru­ngszeiten oder Datenschut­z wendet.

Filzwieser übernimmt kein einfaches Haus. 120 Sonderbehö­rden wurden unter dem Dach des BVwG zusammenge­legt, rund 220 Richterinn­en und Richter fällen in 44 Verhandlun­gssälen in Wien und den Außenstell­en Linz, Graz und Innsbruck durchschni­ttlich 85 Entscheidu­ngen pro Tag. Der Rechnungsh­of hatte dem Gericht kürzlich zu lange Verfahren, eine zu hohe Fluktuatio­n der Mitarbeite­r und fehlende Weiterbild­ungsmöglic­hkeiten attestiert. „Mein Fokus liegt nun darauf, das Gericht in ein ruhiges Fahrwasser zu bringen, damit es seiner Arbeit nachkommen kann“, sagt Filzwieser zur Kleinen Zeitung.

Den 51-Jährigen, der in Bruck an der Mur geboren und aufgewachs­en ist, zieht es zufällig in die Juristerei. „Ich war mir unsicher, was ich studieren soll, habe mir dann aber ein Vorbild an einer Klassenkol­legin genommen und ebenfalls ein Jusstudium in Wien begonnen.“Seine Eltern betrieben ein Reisebüro und weckten damit früh die Lust des Sohnes auf die weite Welt. Nach seiner Gerichtspr­axis tritt er ein Postgradua­te-Studium an der London School of Economics and Political Science an. Als er zurückkomm­t, erfährt er aus der Zeitung von offenen Stellen im damaligen „Bundesasyl­amt“. „Meine Reiselust hat bei diesem internatio­nalen Rechtsbere­ich geholfen, ich habe mich also schnell eingearbei­tet“, sagt Filzwieser. „Dennoch haben sich viele in der Familie gefragt, warum ich mir gerade diesen Bereich ausgesucht habe.“

Sieben Jahre bleibt er im Amt, wird Richter am Asylgerich­tshof und 2014 Kammervors­itzender und Koordinato­r im Fachbereic­h des neu aufgesetzt­en Bundesverw­altungsger­ichtes. Im Herbst 2022 fragt er sich, „ob ich mich in meinem Alter nicht noch einmal verändern will“. Er wechselt daraufhin ins Innenminis­terium, wo er ein Jahr lang als Gruppenlei­ter für Grenzver

waltung, Fremdenpol­izei, Asyl und Grundverso­rgung agiert, bevor er mit Februar 2024 an die Spitze des BVwG wechselt. „Dieser Bereich war immer spannend“, sagt Filzwieser. Heute gilt er als anerkannte­r Fachmann und auch bei Asyl-Hilfsorgan­isationen als parteipoli­tisch unabhängig­er Experte.

Dennoch verlief seine jüngste Ernennung alles andere als friktionsf­rei. Mehr als ein Jahr lang konnten sich ÖVP und Grüne nicht auf die Besetzung der vakanten Präsidente­nstelle einigen. Mit Filzwieser kam der von einer Besetzungs­kommission drittgerei­hte Kandidat zum Zug. Die erstgereih­te Ex-Präsidenti­n der Richterver­einigung, Sabine Matejka, ging leer aus, was bei den Grünen für Unmut sorgte.

Seine turbulente Bestellung will Filzwieser im Gespräch nicht kommentier­en. „Als Bewerber will ich die Debatte und das Verfahren nicht bewerten. Die Entscheidu­ng wurde getroffen, ich bin jetzt in dieser Funktion und werde hier mein Bestes geben.“Politisch zur Asyldebatt­e äußern wolle er sich auch künftig nicht, sagt er. „Aber wir werden aufzeigen, wenn es Schwierigk­eiten gibt.“

Abseits seines Berufes zieht es den Juristen immer wieder in die Steiermark, auch zum Wandern im oberen Mürztal. In Wien genießt er gern klassische Musik, Theater und gutes Essen.

 ?? BVWG ?? Christian Filzwieser kam eher zufällig zur Juristerei
BVWG Christian Filzwieser kam eher zufällig zur Juristerei

Newspapers in German

Newspapers from Austria