Mit bunten Kappen wird der Winter vertrieben
Die Faschingrennen im Bezirk Murau sind eine 300 Jahre alte Tradition, der jede Gemeinde ihren persönlichen Schliff verpasst.
Bunte Kostüme, Krapfen und laute Musik – so stellen sich die meisten einen klassischen Faschingsumzug vor. Einige Gemeinden im Bezirk Murau tanzen dabei aus der Reihe, denn dort wird ein historischer Brauch gelebt, der bereits 1720 das erste Mal Erwähnung fand. In großen, hohen Kappen ziehen dort die sogenannten Schellfaschinge beim Faschingrennen durch Ortschaften wie Krakau, Althofen und St. Ruprecht, querfeldein, von einem Bauernhof zum nächsten. „Jeder Zug besteht aus mindestens zwölf Schellfaschingen“, erklärt
Erwin Fussi, der in Althofen Teil der Faschingrennen ist. „Ihr Name kommt von den Schellkränzen, die sie tragen, begleitet werden sie von den Glockfaschingen, zwei laufen vorn und zwei dahinter.“
Gemeinsam bilden die beiden Gruppen die Schönfaschinge und symbolisieren den bevorstehenden Frühling. Bunte Kappen, eine Lederhose, weiße Hosen und Hemden sind das Erkennungsmerkmal, nur die Höhe der Kappen unterscheidet die Gruppen. „Die Kappen werden aus Krepppapier selbst gemacht, das in Fransen geschnitten wird“, so Fussi, hinzu kommen zwei bis drei Kilogramm schwere Glocken, die die Glockfaschinge während des Rennens stetig tragen und läuten. Eine Herausforderung, denn von sechs Uhr früh bis 19 Uhr sind die Faschinge unterwegs und arbeiten sich ihren Weg über Stock und Stein. „Das Läuten der Glocken soll außerdem das Korn auf den Feldern aufwecken, deswegen führen die Wege auch quer über die Felder“, erklärt Fussi.
Eine besondere Rolle hat der Wegauskehrer, seine Aufgabe ist, den Weg für die Schönfaschinge, also den Frühling, freizumachen. „Natürlich werden dem Wegauskehrer aber Hinder
nisse in den Weg gestellt“, schmunzelt Fussi, Hindernisse, die sich von Ort zu Ort unterscheiden. So stellt sich unter anderem in Althofen ein Vorsteher in den Weg des Zugs, um weiterziehen zu dürfen, muss der Vorsteher erst vom Wegauskehrer umgerangelt werden. „Wird der Vorsteher zu Boden gebracht, dürfen die Faschinge beim Bauern einlaufen und dann auch weiterziehen, schafft es der Wegauskehrer nicht, ist das Rennen beendet – zumindest war das früher noch so, heute ist es nicht mehr ganz so streng“, lacht Fussi. Während in Althofen um den Frühling gerangelt wird, muss der Wegauskehrer in
Krakau unterdessen über Ketten springen, die ihm den Weg versperren, in St. Ruprecht werden Essen und Trinken unterm Dach der Bauernhöfe versteckt, die es vor dem Weiterzug zu holen gilt. „Der Brauch ist in keiner Ortschaft wirklich gleich, das macht ihn besonders.“Heute ist das Faschingrennen, das am „damischen Montag“, wie es die Murauer nennen, stattfindet, immaterielles Weltkulturerbe der Unesco.
Auch getanzt wird bei den Faschingrennen, schneckenförmig bewegen sich die Schönfaschinge vor den Häusern, um den Höfen für das neue Jahr Glück zu bringen. Neben den Schönfaschingen sind noch zahlreiche andere Figuren Teil des Zugs, allen wird eine bestimmte Aufgabe zuteil. Ein Beispiel: Die Eiervettel. „Die Bäuerinnen müssen vorher Eier herrichten, die der Eiervettel dann nehmen darf, um sie zu verkaufen. Hat die Bäuerin darauf vergessen, wurde früher ein Huhn aus dem Stall geklaut, das dann verkauft wurde.“
Wird der Vorsteher zu Boden gebracht, dürfen die Faschinge beim Bauern einlaufen und dann auch weiterziehen.
Erwin Fussi