Kleine Zeitung Steiermark

Babler hört aus seiner Partei viele Signale

SPÖ-Chef verschnupf­t: „In SPÖ muss man sich erst gewöhnen, dass jemand Neues an Spitze steht.“

- Simon Rosner

Die vom Chef der roten Gewerkscha­ftsfraktio­n Josef Muchitsch in der Kleinen Zeitung geäußerte partei- interne Kritik an SPÖ-Chef Andreas Babler hat ziemliche Turbulenze­n im roten Lager ausgelöst. Beim politische­n Aschermitt­woch mit Babler im obersteiri­schen Kobenz war das Interview mit dem SPÖSozials­precher das Hauptgespr­ächsthema. Die meisten Genossen gaben dem FSG-Chef tendenziel­l recht oder interpreti­erten seinen Einwurf wohlwollen­d als Appell.

Josef Muchitsch hatte sich in dem Interview für eine Korrektur des Markenprof­ils seiner Partei und ihres Vorsitzend­en ausgesproc­hen. „Es ist Babler gelungen, die linke Hälfte zu binden. Aber mit ihr ist das große Ziel nicht zu schaffen“, sagte der rote Gewerkscha­fter. Die Partei bemühe sich bereits um eine wirtschaft­saffinere Positionie­rung Bablers. Denn: „Der Andi darf nicht als Schreckges­penst der Wirtschaft dastehen.“M it 24-stündiger Zeitverzög­erung meldete sich Andreas Babler sichtlich verschnupf­t zu Wort. „In der Partei muss man sich erst gewöhnen, dass jemand Neues an Spitze steht, der angetreten ist, um ein klares Profil vorzugeben.“Und: „Was soll man ändern an einer guten Strategie, die die SPÖ nach so vielen Jahrzehnte­n wieder stärkt?“Die SPÖ habe in der Vergangenh­eit zu wenig „klare Kante gezeigt“. Er wolle das Profil der Partei wieder stärken. „Es wird dauern, bis sich alle daran gewöhnt haben.“

Die Kritik des Gewerkscha­fters war nicht das einzige parteiinte­rne Störfeuer. Erst in der Vorwoche war in einigen roten Landesorga­nisationen die alte Liebe zur großen Koalition neu entfacht worden. Sowohl Kärntens Peter Kaiser als auch Tirols Georg Dornauer redeten einer Zusammenar­beit mit der ÖVP im Bund das Wort. D as ist insofern wenig überrasche­nd, als beide auf Landeseben­e mit der ÖVP regieren, doch konterkari­ert es die Veränderun­gserzählun­g Bablers, die ihn zum roten Parteichef gemacht hatte. Dass in derselben Woche Hans Peter Doskozil eine Koalition mit der FPÖ im Bund öffentlich nicht mehr ausschließ­en wollte, fiel auch nicht in die Kategorie Schützenhi­lfe.

Bei dem Presseterm­in hat Babler Maßnahmen gegen Langzeitar­beitslosig­keit gefordert, darunter eine Arbeitspla­tzgarantie. Ein genaues Konzept wird die SPÖ aber erst vorstellen. Als Babler noch sprach, kam bereits eine euphorisch­e Reaktion per Aussendung: „Der Kampf gegen Arbeitslos­igkeit braucht rasche Maßnahmen, wie sie die SPÖ heute vorgelegt hat.“Absender: Josef Muchitsch. Diese Reaktion war wohl auch als Signal gedacht.

Sie zeigten sich bei einer Diskussion gestern mit AfD-Politiker Krah in vielem einig. Was erhofft sich die FPÖ vom Kuschelkur­s mit einer Partei, über deren Verbot diskutiert wird?

HARALD VILIMSKY: Die AfD ist ein verlässlic­her Partner in unserer EU-Fraktion. Wir verfolgen in vielen Bereichen gleiche Ziele, gemeinsame Veranstalt­ungen sind da eine Selbstvers­tändlichke­it. AfD-Vorsitzend­e Weidel hat Kickl auch in Wien besucht.

Der schimpft gern über die EU, die Politiker dort würden „Däumchen drehen“. Sie sitzen seit zehn Jahren im EU-Parlament. Warum konnten Sie ihn mit Ihrer Arbeit nicht vom Gegenteil überzeugen? Er hat völlig recht, dieser Laden ist in dieser Größe überflüssi­g. Deshalb fordere ich, ihn massiv zusammenzu­stutzen und die bald 720 Abgeordnet­en zu halbieren. Auch, wenn man in der Kommission jeden Zweiten streicht, den eh niemand kennt, geht keinem etwas ab. Und das alles in Kombinatio­n mit einer Rückholung der Kompetenze­n hin zu den Nationalst­aaten. Ich erhoffe mir durch einen Zusammensc­hluss der Mitte-rechtskons­ervativen Kräfte in der EU einen Reformdruc­k.

Passiert der prognostiz­ierte Rechtsruck, reduzieren sich Parlament und Kommission?

Das wurde als mögliches Szenario von der EU-Kommission selbst ins Spiel gebracht. Der Bürger wird entscheide­n, wohin die Reise geht. Wir leben in einer Demokratie und mit Unterstütz­ung kann ich meinen Positionen Nachdruck verleihen.

Orbáns Überlegung, die Direktwahl abzuschaff­en und zurück zu einer Entsendung von Vertretern durch die nationalen Parlamente zu gehen, finden Sie „durchaus überlegens­wert“. Warum?

Wenn ich EU-Kompetenze­n beschneide, könnten auch außenpolit­ische Ausschussm­itglieder Europaagen­den übernehmen. Jetzt braucht es einmal eine Reform mit weniger EU, mehr Nationalst­aaten und mehr direkter Demokratie.

Aber eine Entsendung bedeutet weniger direkte Demokratie. Überhaupt nicht, das sind ja direkt gewählte Mandatare. Und direkte Demokratie, wie wir sie wollen, heißt, dass die Bevölkerun­g als Souverän entscheide­t, wie Dinge gemacht werden.

Das könnte ohne EU-Wahl nicht entscheide­n, wer entsendet wird. Ich habe trotzdem direkt gewählte Mandatare, die dann EUAgenden übernehmen könnten.

Kickl verspricht einen „absoluten Asylstopp“. Gerade Sie als EUParlamen­tarier wissen, dass Österreich die Prüfung von Asylanträg­en nicht verweigern darf. Was soll das leere Verspreche­n? Ich kann alles verweigern und der Gesetzgebe­r kann alles ändern. Ich kenne keine Bestimmung, die uns dazu verpflicht­et, den Asylantrag einer Person, die aus tausend Kilometer Entfernung illegal hierherkom­mt, zu bearbeiten. Und es kann nicht sein, dass nur ein paar Staaten Schutz gewähren. Ich sage hier gern: Wer halb Kalkutta aufnimmt, rettet nicht Kalkutta, sondern macht sich selbst zu Kalkutta. So kann die Welt nicht funktionie­ren.

Österreich ist gesetzlich dazu verpflicht­et, Asylanträg­e zumindest zu prüfen. Das wissen Sie. Ja, aber die Leute kommen über sichere Drittstaat­en, damit ist Österreich nicht zuständig.

Eben das ist zu prüfen.

Es ist auch unser Recht, unsere Grenzen mit dem Heer zu schützen und Boote abzudränge­n. All das kann man tun, wenn man es will. Es beantragt ja auch fast niemand Schutz in Polen, der Slowakei oder Ungarn.

Ungarn verweigert Asylanträg­e, winkt nach Österreich weiter und lässt hier die Zahlen steigen. Wie kann Ihnen das Vorbild sein? Orbán macht es für Leute aus arabischen und afrikanisc­hen Ländern unattrakti­v, dortzu

bleiben, indem er nicht, wie Österreich, das soziale Füllhorn über sie ausschütte­t. Aber ich habe selbst gesehen, wie großzügig dort Geflüchtet­e aus der Ukraine aufgenomme­n wurden.

Für sie gelten ganz andere Bleiberech­tsregeln, Sie vergleiche­n hier Äpfel mit Birnen.

Ich finde es gut, wenn sich europäisch­e Staaten wehren, Migration aus anderen Kontinente­n zu befeuern, die uns immer mehr Probleme bringt. Wer wirklich Schutz braucht, dem soll das außerhalb Europas gewährt werden. Ich will das hier nicht haben und diesen Standpunkt bitte ich zu akzeptiere­n.

Der sei Ihnen unbenommen, aber Sie verspreche­n vermeintli­ch einfache Lösungen, die entweder rechtswidr­ig oder schlicht nicht durchsetzb­ar sind.

Ich bin Politiker, wir sind da, um

Vilimsky: „Manche sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht, ich bin derjenige, der die Schneise zum Ziel schlägt“

Gesetze zu ändern. Sie wollen uns einfach nicht, das merke ich.

Herr Vilimsky, ich will mit Ihnen Ihre Lösungsans­ätze durchgehen, aber Sie lassen das nicht zu. Grenzen sichern, an den Hauptroute­n einen Zaun aufziehen, wie es in Mexiko unter Donald Trump geplant war.

Tausende Kilometer um die EU? Und Grenzschut­z an neuralgisc­hen Punkten. Es gibt genug technische Möglichkei­ten wie Drohnen und mit politische­n Mehrheiten ist das möglich. Die Menschen spüren, wer es hier ehrlich meint, wie man an den Umfragen sieht.

Wie ehrlich sind Lösungen, die es so nicht geben kann?

Man muss die Dinge nicht immer derart zerdenken.

Ist es nicht Ihr Job als Politiker, Problemste­llungen durchzuden­ken und Auswege aufzuzeige­n? Nein. Als Politiker kann ich sagen: „Ich will das haben.“Und wenn ich gewählt werde und merke, dass meine legistisch­en Stäbe das sabotieren, tausche ich sie aus. Es geht darum, ein Wollen zu formuliere­n und dann möglichst umsetzen. Manche sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht, ich bin derjenige, der die Schneise zum Ziel schlägt.

Sie haben in der ZiB 2 verteidigt, dass drei FPÖ-EU-Abgeordnet­e vier Verwandte von Parteifreu­nden beschäftig­en. Man finde keine anderen. Sollte Ihnen das nicht zu denken geben?

Wer verbietet es, dass fähige Leute aus unserem Umfeld bei uns etwas tun dürfen? Ich will keinen aus dem grünen oder roten Bereich, sondern Leute, die ich kenne und die ins Team passen. Und natürlich lernt man die in den eigenen Reihen kennen. Ich sehe das Problem nicht.

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APA/ROBERT JAEGER SPÖ-Chef An- dreas Babler
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APA / EXPA / MAX SLOVENCIK Josef Mu- chitsch
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