Babler hört aus seiner Partei viele Signale
SPÖ-Chef verschnupft: „In SPÖ muss man sich erst gewöhnen, dass jemand Neues an Spitze steht.“
Die vom Chef der roten Gewerkschaftsfraktion Josef Muchitsch in der Kleinen Zeitung geäußerte partei- interne Kritik an SPÖ-Chef Andreas Babler hat ziemliche Turbulenzen im roten Lager ausgelöst. Beim politischen Aschermittwoch mit Babler im obersteirischen Kobenz war das Interview mit dem SPÖSozialsprecher das Hauptgesprächsthema. Die meisten Genossen gaben dem FSG-Chef tendenziell recht oder interpretierten seinen Einwurf wohlwollend als Appell.
Josef Muchitsch hatte sich in dem Interview für eine Korrektur des Markenprofils seiner Partei und ihres Vorsitzenden ausgesprochen. „Es ist Babler gelungen, die linke Hälfte zu binden. Aber mit ihr ist das große Ziel nicht zu schaffen“, sagte der rote Gewerkschafter. Die Partei bemühe sich bereits um eine wirtschaftsaffinere Positionierung Bablers. Denn: „Der Andi darf nicht als Schreckgespenst der Wirtschaft dastehen.“M it 24-stündiger Zeitverzögerung meldete sich Andreas Babler sichtlich verschnupft zu Wort. „In der Partei muss man sich erst gewöhnen, dass jemand Neues an Spitze steht, der angetreten ist, um ein klares Profil vorzugeben.“Und: „Was soll man ändern an einer guten Strategie, die die SPÖ nach so vielen Jahrzehnten wieder stärkt?“Die SPÖ habe in der Vergangenheit zu wenig „klare Kante gezeigt“. Er wolle das Profil der Partei wieder stärken. „Es wird dauern, bis sich alle daran gewöhnt haben.“
Die Kritik des Gewerkschafters war nicht das einzige parteiinterne Störfeuer. Erst in der Vorwoche war in einigen roten Landesorganisationen die alte Liebe zur großen Koalition neu entfacht worden. Sowohl Kärntens Peter Kaiser als auch Tirols Georg Dornauer redeten einer Zusammenarbeit mit der ÖVP im Bund das Wort. D as ist insofern wenig überraschend, als beide auf Landesebene mit der ÖVP regieren, doch konterkariert es die Veränderungserzählung Bablers, die ihn zum roten Parteichef gemacht hatte. Dass in derselben Woche Hans Peter Doskozil eine Koalition mit der FPÖ im Bund öffentlich nicht mehr ausschließen wollte, fiel auch nicht in die Kategorie Schützenhilfe.
Bei dem Pressetermin hat Babler Maßnahmen gegen Langzeitarbeitslosigkeit gefordert, darunter eine Arbeitsplatzgarantie. Ein genaues Konzept wird die SPÖ aber erst vorstellen. Als Babler noch sprach, kam bereits eine euphorische Reaktion per Aussendung: „Der Kampf gegen Arbeitslosigkeit braucht rasche Maßnahmen, wie sie die SPÖ heute vorgelegt hat.“Absender: Josef Muchitsch. Diese Reaktion war wohl auch als Signal gedacht.
Sie zeigten sich bei einer Diskussion gestern mit AfD-Politiker Krah in vielem einig. Was erhofft sich die FPÖ vom Kuschelkurs mit einer Partei, über deren Verbot diskutiert wird?
HARALD VILIMSKY: Die AfD ist ein verlässlicher Partner in unserer EU-Fraktion. Wir verfolgen in vielen Bereichen gleiche Ziele, gemeinsame Veranstaltungen sind da eine Selbstverständlichkeit. AfD-Vorsitzende Weidel hat Kickl auch in Wien besucht.
Der schimpft gern über die EU, die Politiker dort würden „Däumchen drehen“. Sie sitzen seit zehn Jahren im EU-Parlament. Warum konnten Sie ihn mit Ihrer Arbeit nicht vom Gegenteil überzeugen? Er hat völlig recht, dieser Laden ist in dieser Größe überflüssig. Deshalb fordere ich, ihn massiv zusammenzustutzen und die bald 720 Abgeordneten zu halbieren. Auch, wenn man in der Kommission jeden Zweiten streicht, den eh niemand kennt, geht keinem etwas ab. Und das alles in Kombination mit einer Rückholung der Kompetenzen hin zu den Nationalstaaten. Ich erhoffe mir durch einen Zusammenschluss der Mitte-rechtskonservativen Kräfte in der EU einen Reformdruck.
Passiert der prognostizierte Rechtsruck, reduzieren sich Parlament und Kommission?
Das wurde als mögliches Szenario von der EU-Kommission selbst ins Spiel gebracht. Der Bürger wird entscheiden, wohin die Reise geht. Wir leben in einer Demokratie und mit Unterstützung kann ich meinen Positionen Nachdruck verleihen.
Orbáns Überlegung, die Direktwahl abzuschaffen und zurück zu einer Entsendung von Vertretern durch die nationalen Parlamente zu gehen, finden Sie „durchaus überlegenswert“. Warum?
Wenn ich EU-Kompetenzen beschneide, könnten auch außenpolitische Ausschussmitglieder Europaagenden übernehmen. Jetzt braucht es einmal eine Reform mit weniger EU, mehr Nationalstaaten und mehr direkter Demokratie.
Aber eine Entsendung bedeutet weniger direkte Demokratie. Überhaupt nicht, das sind ja direkt gewählte Mandatare. Und direkte Demokratie, wie wir sie wollen, heißt, dass die Bevölkerung als Souverän entscheidet, wie Dinge gemacht werden.
Das könnte ohne EU-Wahl nicht entscheiden, wer entsendet wird. Ich habe trotzdem direkt gewählte Mandatare, die dann EUAgenden übernehmen könnten.
Kickl verspricht einen „absoluten Asylstopp“. Gerade Sie als EUParlamentarier wissen, dass Österreich die Prüfung von Asylanträgen nicht verweigern darf. Was soll das leere Versprechen? Ich kann alles verweigern und der Gesetzgeber kann alles ändern. Ich kenne keine Bestimmung, die uns dazu verpflichtet, den Asylantrag einer Person, die aus tausend Kilometer Entfernung illegal hierherkommt, zu bearbeiten. Und es kann nicht sein, dass nur ein paar Staaten Schutz gewähren. Ich sage hier gern: Wer halb Kalkutta aufnimmt, rettet nicht Kalkutta, sondern macht sich selbst zu Kalkutta. So kann die Welt nicht funktionieren.
Österreich ist gesetzlich dazu verpflichtet, Asylanträge zumindest zu prüfen. Das wissen Sie. Ja, aber die Leute kommen über sichere Drittstaaten, damit ist Österreich nicht zuständig.
Eben das ist zu prüfen.
Es ist auch unser Recht, unsere Grenzen mit dem Heer zu schützen und Boote abzudrängen. All das kann man tun, wenn man es will. Es beantragt ja auch fast niemand Schutz in Polen, der Slowakei oder Ungarn.
Ungarn verweigert Asylanträge, winkt nach Österreich weiter und lässt hier die Zahlen steigen. Wie kann Ihnen das Vorbild sein? Orbán macht es für Leute aus arabischen und afrikanischen Ländern unattraktiv, dortzu
bleiben, indem er nicht, wie Österreich, das soziale Füllhorn über sie ausschüttet. Aber ich habe selbst gesehen, wie großzügig dort Geflüchtete aus der Ukraine aufgenommen wurden.
Für sie gelten ganz andere Bleiberechtsregeln, Sie vergleichen hier Äpfel mit Birnen.
Ich finde es gut, wenn sich europäische Staaten wehren, Migration aus anderen Kontinenten zu befeuern, die uns immer mehr Probleme bringt. Wer wirklich Schutz braucht, dem soll das außerhalb Europas gewährt werden. Ich will das hier nicht haben und diesen Standpunkt bitte ich zu akzeptieren.
Der sei Ihnen unbenommen, aber Sie versprechen vermeintlich einfache Lösungen, die entweder rechtswidrig oder schlicht nicht durchsetzbar sind.
Ich bin Politiker, wir sind da, um
Vilimsky: „Manche sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht, ich bin derjenige, der die Schneise zum Ziel schlägt“
Gesetze zu ändern. Sie wollen uns einfach nicht, das merke ich.
Herr Vilimsky, ich will mit Ihnen Ihre Lösungsansätze durchgehen, aber Sie lassen das nicht zu. Grenzen sichern, an den Hauptrouten einen Zaun aufziehen, wie es in Mexiko unter Donald Trump geplant war.
Tausende Kilometer um die EU? Und Grenzschutz an neuralgischen Punkten. Es gibt genug technische Möglichkeiten wie Drohnen und mit politischen Mehrheiten ist das möglich. Die Menschen spüren, wer es hier ehrlich meint, wie man an den Umfragen sieht.
Wie ehrlich sind Lösungen, die es so nicht geben kann?
Man muss die Dinge nicht immer derart zerdenken.
Ist es nicht Ihr Job als Politiker, Problemstellungen durchzudenken und Auswege aufzuzeigen? Nein. Als Politiker kann ich sagen: „Ich will das haben.“Und wenn ich gewählt werde und merke, dass meine legistischen Stäbe das sabotieren, tausche ich sie aus. Es geht darum, ein Wollen zu formulieren und dann möglichst umsetzen. Manche sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht, ich bin derjenige, der die Schneise zum Ziel schlägt.
Sie haben in der ZiB 2 verteidigt, dass drei FPÖ-EU-Abgeordnete vier Verwandte von Parteifreunden beschäftigen. Man finde keine anderen. Sollte Ihnen das nicht zu denken geben?
Wer verbietet es, dass fähige Leute aus unserem Umfeld bei uns etwas tun dürfen? Ich will keinen aus dem grünen oder roten Bereich, sondern Leute, die ich kenne und die ins Team passen. Und natürlich lernt man die in den eigenen Reihen kennen. Ich sehe das Problem nicht.