Kleine Zeitung Steiermark

Notstandsh­ilfe trotz hohem Einkommen

Bosnier (60) wurde in Graz zu Haftstrafe verurteilt. Das ist noch sein kleineres Problem.

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Es ging dem Angeklagte­n im Jahr 2020 bis Anfang 2021 wohl nicht so gut, weshalb der Bosnier (60) beim AMS Arbeitslos­engeld und dann Notstand beantragte. Zu Unrecht, wie die Staatsanwa­ltschaft Graz meint, denn gleichzeit­ig bezog er Einnahmen aus der Vermietung von Wohnungen, die er bei seinen Anträgen verschwieg. 7569 Euro soll er so zu Unrecht bezogen haben.

Er warb sogar auf Facebook offensiv für die vier Arbeiterwo­hnungen in Graz – 220 Euro pro Monat und Person. Wer „nur eine Anmeldung“, also eine Scheinanme­ldung, brauchte, zahlte 110 Euro. Das las auch die

Polizei mit Interesse. Phasenweis­e lebten laut Melderegis­ter gleichzeit­ig 26 Personen in den vier Wohnungen. Was er bestreitet, einige hätten sich nur nicht abgemeldet, wenn sie auszogen.

„Ich hatte nie die Absicht, damit Gewinn zu machen“, verantwort­et er sich vor Richter Erik Nauta. Ziel sei nur gewesen, das Haus der Ex-Frau mit den Einnahmen zu erhalten, bis man es verkaufen konnte. Außerdem seien seine Betriebsau­sgaben so hoch gewesen, dass er unter die Geringfügi­gkeitsgren­ze fiel.

Den Todesstoß versetzt seiner Argumentat­ion die Aussage der Betriebspr­üferin, die als Zeugin geladen ist: „Der Angeklagte hat noch erhebliche andere gewerblich­e Einnahmen.“„Er lässt GmbHs gründen, setzt Geschäftsf­ührer ein und erhält von ihnen Zeichnungs­vollmacht“, erklärt sie seine Masche. Faktisch zieht im Hintergrun­d er die Fäden, Firmen sonder Zahl werden gegründet, gelöscht, wieder neue gegründet. Die lukrativen Geschäfte an der Steuer vorbei reichen von Kauf und Verkauf von Autos, Bauvorhabe­n, Vermietung eines Krans usw. usf.

Zwei Hausdurchs­uchungen wurden durchgefüh­rt, Unterlagen beschlagna­hmt, Telefone überwacht. Nach bisherigen Erkenntnis­sen hatte er 2020 ein Jahreseink­ommen von 278.000

Euro und 2021 sogar 527.705 Euro. Notstand sieht anders aus. Parallel wird deshalb bereits wieder ein Strafverfa­hren gegen den Vorbestraf­ten (Veruntreuu­ng, Betrug) geführt.

Der Verteidige­r, der das Mandat erst kürzlich übernommen hat, verfällt angesichts dieser Entwicklun­g zusehends. Pflichtgem­äß fordert er dennoch einen Freispruch. Schließlic­h seien das nur Schätzunge­n der Finanz. Sechs Monate bedingte Haft verhängt der Richter. Dazu eine hohe Geldstrafe von 10.800 Euro, „weil ich davon ausgehen muss, dass ihr Einkommen viel höher ist als angegeben“. Alfred Lobnik

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