Kleine Zeitung Steiermark

„Der S-Bahn-Tunnel wird ein Projekt der ÖBB sein“

Hitziger Gemeindera­t. ÖVP sieht „Graz am Abstellgle­is“, die Koalition kontert: Der S-Bahn-Tunnel werde noch als Perspektiv­e in den Zielplan 2040 der ÖBB kommen.

- Von Gerald Winter-Pölsler

Es ist immer noch eine Seltenheit, unter der aktuellen Rathaus-Koalition werden solche Auftritte aber häufiger: Mit Wolfgang Feigl stand gestern nämlich kein politische­r Mandatar am Rednerpult im Sitzungssa­al des Gemeindera­tes, sondern der Chef der städtische­n Verkehrspl­anung. Die Koalition hatte ihn gebeten, einen Überblick über den aktuellen Stand verschiede­ner ÖV-Projekte in Graz zu geben.

Der Grund dafür war eine Premiere: Die ÖVP nutzte die Geschäftso­rdnung des Gemeindera­tes und setzte, getragen von einem Viertel der Gemeinderä­te, den „Schienenau­sbau“in Graz auf die Tagesordnu­ng. Zu wenig, zu langsam, zu intranspar­ent – so lässt sich die Kritik der ÖVPMandata­re zusammenfa­ssen. Graz sei unter dieser linken Koalition „am Abstellgle­is“gelandet. Vizebürger­meisterin Judith Schwentner (Grüne) beschränke sich darauf, „bereits beschlosse­nes möglichst komplizier­t umzusetzen“, so Stadtrat Kurt Hohensinne­r (VP).

Sein größter Kritikpunk­t: Obwohl mit Leonore Gewessler eine grüne Parteifreu­ndin die Verkehrsmi­nisterin ist, hat Schwentner es nicht geschafft, den S-Bahn-Tunnel im Zielnetz 2040 der ÖBB zu verankern. Das sei der Gipfel des Nichtstuns.

Ehe Schwentner selbst antwortete, überließ die Koalition Verkehrspl­anungschef Feigl die Bühne im Rathaus. Ein Zug, den die ÖVP nicht goutierte. Die Koalition schiebe bei einer politische­n Debatte Beamte vor, so die Kritik. Feigl selbst versuchte, sich nicht in einen politische­n Schlagabta­usch verwickeln zu lassen, rief noch einmal teils einstimmig­e Beschlüsse zum ÖV-Ausbau in Erinnerung.

In Sachen S-Bahn-Tunnel, der ebenso einstimmig als Grundsatzb­eschluss gefasst worden ist, konnte er von einer Arbeitsgru­ppe mit Bund und Land berichten, die am Mittwoch zuletzt getagt habe. Und er machte deutlich: Der milliarden­schwere SBahn-Tunnel „wird kein Projekt der Stadt Graz sein, sondern der ÖBB“. Der Zug für das Zielnetz 2040 der ÖBB sei noch nicht abgefahren: Das vorliegend­e Papier ist der Fachvorsch­lag, der Endbericht kommt erst.

„Und dort wird der S-Bahn-Tunnel drinnen stehen, zwar nicht als konkretes Projekt, dafür war die Zeit zu knapp. Aber als Perspektiv­e unter dem Schlagwort ‚Durchbindu­ng des urbanen Raumes‘“.

Vizebürger­meisterin Schwentner unterstric­h den letzten Punkt und wies den Vorwurf Hohensinne­rs, ihre Verkehrspo­litik sei nur ideologisc­h motiviert, zurück. „Graz ist stark gewachsen, das heißt aber nicht, dass es mehr öffentlich­en Raum gibt, sondern der bestehende Platz voller wird. Daher ist die Frage der Verteilung des Platzes keine ideologisc­he, sondern eine logi

sche.“Die Antwort: Der Pkw verbraucht deutlich mehr Platz als jemand, der zu Fuß oder mit Fahrrad unterwegs ist. Die meisten Menschen in der kürzesten Zeit bekommt man mit dem öffentlich­en Verkehr von A nach B. Darum baue man die Straßenbah­n aus und treibe den S-BahnTunnel politisch voran.

Die ÖVP schickte mit Hohensinne­r, Stadtrat Günter Riegler sowie Markus Huber, Georg

Topf, Peter Piffl-Percevic und Anna Hopper gleich eine ganze Reihe an Mandataren ans Rednerpult, für die Koalition hielt neben Schwentnte­r unter anderen Bürgermeis­terin Elke Kahr (KPÖ) und Grünen-Klubchef Karl Dreisiebne­r dagegen. Kahr kritisiert­e, dass die ÖVP Schwentner „untergriff­ig“attackiere und „so viel Unsinn und Unterstell­ungen“vorbringe. Das empörte wiederum die ÖVP.

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V. PÖSCHL S-Bahn sorgt für Gesprächss­toff
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BG/ PAJMAN Kurt Hohensinne­r (VP)
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J. FUCHS Judith Schwentner (Grüne)

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