Archaisches, zeitgemäß
Das Konzept Einfamilienhaus ist wegen mangelnder Ressourcenschonung in Verruf geraten. Doch Einfamilienhaus ist nicht gleich Einfamilienhaus, das zeigt ein Beitrag des Klagenfurter Büros Abel und Abel im Mühlviertel.
Mir geht ein Licht auf, als Barbara und Christoph Abel, das Klagenfurter Architektenpaar, gleich zu Beginn des Interviews alte Fotografien von Bauernhäusern aus dem Mühlviertel herzeigen. Die steilen Walmdächer aus Stroh, tief hinuntergezogen und auf ein steinernes Erdgeschoß gesetzt, minimieren aufgrund der kleineren Gebäudeoberfläche Material- und Energieverbrauch. Vor zweihundert Jahren war das überlebenswichtig. Diese Urtypen entwickelten sich erst später zu Paar-, Dreikantund Vierkanthöfen, die dann auch einen „Durchstich“hatten, ein großes, meist mit einem Rundbogen gekröntes Tor in den Hof: für Pferdewagen, später für Traktoren.
Das Ortsbild von St. Peter am Wimberg ist von unterschiedlichsten Haustypologien geprägt, nach dem Motto: Jeder baut wie er will. Verschränkte Kuben mit Flach- oder Pultdach, Erker, Zubauten und auskragende Terrassen bilden ein unruhiges Durcheinander. „Wieso ab den siebziger, achtziger Jahren kein Wert mehr auf ein stimmiges Ortsbild gelegt wurde, wissen wir nicht. Uns war es ein Anliegen, einen ruhigen, einfachen, effizienten Baukörper zu schaffen, der sich an lokalen traditionellen Formen orientiert“, meint Christoph Abel. Am Hügel gleich oberhalb des Neubaues steht so etwas: ein altes Gebäude mit Wohn- und Wirtschaftsbereich, zusammengefasst unter einem großen Walmdach. An diesem Gebäude orientiert sich der Entwurf
für die junge Familie von Karin und Jakob.
Die beiden sind am Land aufgewachsen und wollten ein eigenes Haus. „Ein bestehendes Haus kaufen, war eine Option. Wir haben lange gesucht und nichts Passendes gefunden“. Mit dem Grundstück innerhalb der Siedlungsgrenze und dem Ortszentrum von St. Peter in Gehweite fanden sie dann auch den Flächenverbrauch eines Neubaus stimmig und vertretbar.
Die beiden hatten ein 30-seitiges Pflichtenheft an die Architekten übergeben. Beim Erstentwurf war dann auch alles wunschgemäß berücksichtigt, nur das große Walmdach und der dahinter verborgene erste Stock waren eine Überraschung: zuerst waren sie skeptisch, heute sind sie davon überzeugt.
Karin: „Jeder Quadratmeter ist gut genutzt, der große Wohnund Essbereich befindet sich im Parterre. Der erste Stock ist mit einem großen Bad, drei Schlafzimmern und einer ins Dach bündig eingepassten Terrasse mit Fernblick nach Süden sehr großzügig. Alles ist praktisch, mit kurzen Wegen.“Jakob erklärt mir den Aufbau des Hauses: Das Erdgeschoss ist ein Ziegelbau, mit 50er-Ziegeln und einem Dämmputz. So kann auf eine Styropor-Dämmung verzichtet werden. Der erste Stock besteht aus kreuzverleimten Massivholzplatten. Keller und Dachboden wurden eingespart, stattdessen gibt es Stauund Technikräume auf der gegenüberliegenden Seite des „Durchstichs“. Dieses aus dem Parterre herausgeschnittene rechteckige Volumen beherbergt den Carport im Norden und
einen im Bauvolumen integrierten Freiraum gegen Süden hin. Diese beiden Bereiche werden entlang der Längsachse des Hauses durch große halbtransparente Glaselemente getrennt. „Dieser Freisitz im Süden ist wie ein zweites Wohnzimmer, letztes Jahr haben wir am 1. Jänner im Freien Mittag gegessen, und im Sommer ist er ein kühler Rückzugsort“, erwähnt Karin.
Am Gartenrand hat die Familie eine Reihe Solar-Paneele aufgestellt, die die Luftwärmepumpe betreiben. „Wir produzieren doppelt so viel Energie, wie wir
Ein Blick zurück, oben von der Hauptstraße, zeigt: Von außen wirkt das Einfamilienhaus relativ klein, mit einem im Verhältnis großen „herausgeschnittenen“Volumen, dem von hier aus sichtbaren Carport. Von innen gesehen ist jedoch alles anders: Ein überraschend großzügiges Raumprogramm mit viel duftendem Holz findet ohne Mühe in dem kompakten Baukörper Platz. Es zahlt sich also aus, bewährte Bauweisen der Urgroßväter zu recherchieren und in eine heutige Architektursprache übersetzen.
Uns war es ein Anliegen, einen ruhigen, einfachen, effizienten Baukörper zu schaffen, der sich an lokalen traditionellen Formen orientiert.
Christoph Abel Architekt