Wie werden Beteuerungen nach einer Wahl interpretiert?
Nach dem Politischen Aschermittwoch teilt unsere Leserschaft ihre Gedanken zu diesem und zu möglichen beziehungsweise unmöglichen Koalitionskonstellationen.
Vorwahlkampf im Vollgasmodus“, 15. 2., Außensicht: „Die große Koalition als Falle“, 13. 2.
Aus derzeitiger Umfragen- lage wird die FPÖ 25 bis 30 Prozent der Stimmen bei der Nationalratswahl errei- chen und aller Voraussicht nach stimmenstärkste Partei wer- den. Also werden 70 bis 75 Pro- zent der Bevölkerung nicht die FPÖ wählen! Ich empfehle dem von mir sehr geschätzten Herrn Bundespräsidenten, in diesem Fall Herrn Kickl umgehend mit einem Regierungsbildungsauftrag zu betrauen, das steht zwar nicht in unserer Bundesverfas- sung, ist allerdings stets ange- wandte Gebräuchlichkeit in Ös- terreich! Im Falle der FPÖ von dieser bewährten Vorgangswei- se abzugehen, wäre unverständ- lich, der Autorität und Unpartei- lichkeit unseres Staatsober- hauptes abträglich und würde vor allem nur der FPÖ entschei- dende Vorteile bringen, weil sie sich als Opfer und Märtyrer dar- stellen könnte.
Wird Kickl mit diesem Auf- trag ausgestattet, kann er end- lich einmal konstruktiv zeigen, was er kann, und muss liefern. Nehammer und Babler sind dann gefordert, zu beweisen, was ihre großen Versprechun- gen „mit Kickl niemals“wert sind. Ich habe da so meine Zwei- fel, wie solche Beteuerungen nach einer Wahl interpretiert werden. Bei der ÖVP bin ich mir fast sicher, dass sie es mit Kickl, eher ohne Nehammer, machen würde. Meiner Einschätzung nach würde eine geheime Abstimmung unter ÖVP-Funktio- nären eindeutig zugunsten ei- ner Koalition mit der FPÖ ausge- hen. Bei der SPÖ kann ich mir eine Zusammenarbeit mit der FPÖ fast gar nicht vorstellen, das würde diese ohnehin ziellos da- hinnavigierende Bundespartei endgültig zerreißen. Falls sie es trotzdem tun, wird die staats- tragende Begründung bei bei- den lauten: „Aus Verantwor- tung für unsere Heimat, die Re- publik Österreich!“
Karl Tillian, Hermagor
Christlich-sozial?
Die ÖVP sei eine christlich-sozia- le Partei, so nach Bundeskanzler Nehammer, und will sogleich die Lohnnebenkosten einkürzen und die nun entgangenen Ein- nahmen bei den Arbeitslosen einsparen? Christlich-sozial und bei den Ärmsten sparen. Das ist freilich kein Widerspruch – für die ÖVP! Versteht die ÖVP noch, was sie sein will, was sie da tut? Nein, dazu kann ein unselbst- ständig Erwerbstätiger nicht applaudieren! Und diese Vorschläge kommen vor einer Wahl! Theodor Arbeiter, St.
Radegund
Herabwürdigend
Der Sager von Kickl „Die Omas gegen rechts seien der Beweis, dass man im Alter nicht zwin- gend gescheiter werde“ist ein Lapsus Linguae, der sich in die Kickl-symptomatische Reihe an Niveaulosigkeit einreiht. Es ist eine respektlose Herabwürdi- gung von Frauen, die zur Gesellschaft in ihren Rollen als Mütter und Großmütter und zum Auf- bau des Wohlstands wesentlich beigetragen haben.
Der Aufruf des Bundespräsi- denten zu Besonnenheit und Mäßigung perlt an Kickl ab. Wenn ein Politiker so gar keinen Respekt mehr vor den Menschen und Gruppen von Menschen zeigt, die andersdenkend sind, und nur mehr Klientelpolitik der untersten Schublade betreibt, fehlt ihm ein Maß an demokra- tiepolitischer Reife, und er dis- kreditiert sich als Mensch und Politiker. Rudolf Flor, Gratkorn
Derselbe Kreislauf
Wer auch immer Kanzler ist oder wird, wird durch die anziehende Macht der Opposition untergriffig zerpflückt. Viele Wählerin- nen und Wähler befassen sich damit, andere wiederum wählen ihr Idol. Viele gehen aus Protest nicht wählen, andere haben kein Interesse und stärken da- mit die Opposition. Und Medien berichten von Zeit zu Zeit für ei- ne Partei positiv oder weniger.
Nach jeder Wahl wiederholt sich derselbe Kreislauf. In den 1980er-Jahren gab es die große Koalition. Sie brachte uns den sozialen Frieden und Wohl- stand, wenn auch auf Pump!
Josef Kriegl, Graz
Der falsche Tag
Die Parteien ÖVP, SPÖ und die FPÖ führten am Aschermitt- woch ihre Parteiveranstaltun- gen durch. Dabei ist festzustel- len, dass meist nur die anderen Parteien durch den Schmutz gezogen werden. Das fördert die Politverdrossenheit noch mehr! Dies ist meiner Meinung nach sowieso der falsche Tag, denn der Faschingssamstag oder der Faschingsdienstag wären für solche Veranstaltungen „besser“geeignet.
Außerdem ist die Nachhaltigkeit „sehr groß“, wenn aus ganz Österreich die Parteifreunde auf Staatskosten (Dienstautos etc.) anreisen und dann noch anständig feiern, natürlich auch auf „Staatskosten“. Deshalb bin ich der Meinung, dass die Parteienförderung aus Steuergeldern abgeschafft gehört und jeder Abgeordnete auf eigene Kosten anreisen soll! Ing. Josef Grössl,
Vasoldsberg
Freies Wahlrecht
Sehr geehrter Herr Bundespräsident, ob blau, schwarz, rot, grün usw., glaube ich, dass ein Wähler das freie Recht hat, seine Meinung und Partei zu wählen. Gerade diese Ausgrenzung und Mahnungen schüren den rechten Ruck noch mehr, mit der Meinung, dass ich wählen kann was ich will, bei einer legalen Partei.
Alle Parteien sollen zu ihren Wurzeln und Aufgaben stehen, ohne Skandal. Der Österreicher ist intelligent und weiß um seine Verantwortung.
Otmar Antensteiner, Gnas
Schlechter Umgang
Ist das der Umgang unserer Politiker untereinander und nach außen hin zur Wählerschaft? Traurig, in keiner Firma könnte
so ein Ton herrschen, es würde immer für eine fristlo- se Kündigung reichen. Wir haben in unserem Land keine an- deren Sorgen, als sich gegensei- tig schlechtzumachen.
So hat man es als Wähler leicht, eine Entscheidung in Be- zug auf die anstehenden Wah- len seine Meinung kundzutun. Nämlich nicht wählen gehen. Einfach nur beschämend.
Hermann Lederer, Lafnitz
Zurück zu den Wurzeln
„SP-Gewerkschafter fordert Kurskorrektur seiner Partei“14. 2. Es freut mich sehr, dass Andreas Babler so ist, wie er ist! Die SPÖ kehrt mit ihm zu den Wurzeln zurück. Kernkompetenzen wie Gerechtigkeit, Menschenfreund- lichkeit, Respekt und Achtung vor der Schöpfung sind wichti- ger als ein wirtschaftsfreundliches Markenprofil des Spitzen- kandidaten.
Dass Babler als „Schreckge- spenst der Wirtschaft“dastehen könnte, dürfte für einen Ge- werkschafter nicht die primäre Sorge sein. In Zeiten wie diesen, wo Vertreter einer neoliberalen Marktwirtschaft sich schamlos bereichern, ist es wohltuend, wenn sich politische Vertreter auf die Seite der Armen stel- len. Diese Armen leben uner- kannt mitten unter uns.
Mag. Josef Niederl, Bad
Gleichenberg
Keine Zurufe von außen
Immer das gleiche Spiel in der SPÖ. In regelmäßigen Abstän- den erfolgen die Querschüsse aus den eigenen Reihen gegen den Vorsitzenden Babler. Die jüngsten Ratschläge des Bauge- werkschafters Muchitsch sind ein weiterer Baustein, wie man in einem entscheidenden Wahl- jahr der Partei am meisten scha- den kann. Alle, die auf der Hin- terbank sitzen, sollten endlich erkennen, dass Babler mit sei- nen Vorstellungen eine Marke ist.
Wo wir landen, wenn versucht wird, alles und nichts zu vertre- ten, haben einige Vorgänger schmerzlich zur Kenntnis neh- men müssen. Daher ein wohlge- meinter Ratschlag: Bitte keine Zurufe von außen, die der Partei nur schaden. Klaus Prieschl,
Kapfenberg
Für eine bessere Welt
„Doskozil kann sich Rot-Blau vorstellen“, 11. 2.
Wie verbohrt sind Sie, Herr Dos- kozil? Haben Sie noch immer nicht verstanden, dass in den letzten Jahren eine Koalition mit der FPÖ nur im Chaos geendet hat? Wann wird die SPÖ erkennen, dass es darum ginge, zu sagen, was sie anders machen möchte; einmal etwas Positives in die Welt zu setzen. Utopien von einer besseren Welt zu entwerfen, damit die Jugend und wir Erwachsenen wieder Hoffnung entwickeln können.
Und dass es nicht nur darauf ankommt, den nächsten Untersuchungsausschuss zu beantragen. Etwas, was nur einem dient, nämlich Herrn Kickl. Wenn Sie das kapieren, werden Sie auch entdecken, dass Alma Zadić, Leonore Gewessler, Johannes Rauch und Werner Kogler die einzigen Politiker unserer jetzigen Regierung sind, die eine Politik für Menschen machen und die eine Vorstellung von einer besseren Welt haben.
Dr. Johannes Stigler, Graz