Kleine Zeitung Steiermark

WAHLJAHR „Mächtige versuchen, die Agrarwende zu blockieren“

INTERVIEW. Sandra Krautwasch­l über die „Pseudolösu­ng“für die A 9, unvorteilh­afte Umfragen und „unfassbar populistis­che“Schachzüge auf EU-Ebene.

- Von Wilfried Rombold und Thomas Rossacher

Soll Graz Paris werden und höhere Parkgebühr­en für SUV verlangen?

SANDRA KRAUTWASCH­L: Die grüne Vizebürger­meisterin Judith Schwentner macht Politik für Menschen in Graz, nicht für Autos. Unsere Umfrage zeigt, eine große Mehrheit will von dieser Stadtregie­rung, dass sie den Grünraum schützt, die Lebensqual­ität und Luftgüte verbessert. Schwentner tut genau das.

Und Sie, sind Sie für weniger Stellplätz­e oder höhere Tarife für große Autos?

Es ist für alle besser, wenn nicht zu viele und schon gar unnötig große Autos in einer Stadt herumkurve­n. Aber einfache Lösungen gibt es nicht, das hat uns die Vergangenh­eit gezeigt. Es braucht verschiede­nste Maßnahmen: Der Ausbau des öffentlich­en Verkehrs zählt dazu, eine stufenweis­e Verkehrsbe­ruhigung ebenso. Man muss sich ansehen, wie der Platz, wie die Lasten in den Städten gerechter verteilt werden können.

Die Grünen küren demnächst die Kandidaten für die EU-Wahl. Auf Platz 1 soll Lena Schilling stehen. Soll sie eher die Leser der „Kronen Zeitung“, bei der sie Kolumnisti­n war, ködern oder Klimaaktiv­isten?

Lena Schilling ist eine junge Frau, die genau das tut, was man von der Jugend immer fordert: Sich zu 100 Prozent für die Gestaltung ihrer Zukunft einzusetze­n. Ich bin der Überzeugun­g, sie ist fähig, jene abzuholen, die für ein zukunftsfä­higes und demokratis­ches Europa eintreten. Aus allen Bereichen der Gesellscha­ft.

Die Mühlen der EU mahlen aber noch langsamer als in der Republik. Was sagen Sie zu Schilling, damit sie nicht wie Sarah Wiener nach einer Periode aufgibt?

Ich meine, sie hat für dieses junge Alter einen extrem reifen Zugang. Auch eine Aktivistin ist kompatibel mit langfristi­gem, profession­ellem politische­n Engagement auf höchster Ebene.

Bleibt es bei Thomas Waitz als steirische­m Spitzenkan­didaten? Ja, er wird auf Platz 2 kandidiere­n und hat unsere volle Unterstütz­ung. Waitz hat auf europäisch­er Bühne sein Potenzial absolut entfaltet, ob Tierschutz oder Landwirtsc­haft. Wenn die ÖVP auch gerade versucht, die Wende mit unfassbar populistis­chen, durchschau­baren Strategien aufzuhalte­n.

Führen Sie das aus?

Die ÖVP versucht doch, den Naturschut­z zum Problem der Landwirte zu machen. Dabei ist es ihre eigene Landwirtsc­haftspolit­ik, die über Jahre die Agrarindus­trie bevorzugt hat. Waitz wird das den Menschen vor Augen führen, damit sie sich nicht von, ja, von solchen Lügen, verführen lassen.

Sie sprechen das Renaturier­ungsgesetz an. Das lehnt auch die steirische Agrarlande­srätin Simone Schmiedtba­uer, die bis Herbst im EU-Parlament aktiv war, ab.

Ja. Ich erkenne da keinerlei innovative­n Zugang bei Schmiedtba­uer, wenn die Agrarindus­trie weiterhin gefördert wird und nicht die Qualität. Es wird von den Mächtigen sehr stark versucht, die notwendige Wende in der Landwirtsc­haft zu blockieren. Das sind die Mechanisme­n derzeit.

Das klingt mächtig nach Verschwöru­ngstheorie. Nein, das ist echt.

Dennoch zum strittigen Ausbau der A 9. Leonore Gewessler war zuletzt im Land, ein klares Veto der Infrastruk­turministe­rin hörte man aber nicht. Ist das Taktik oder Furcht?

Ich meine, ihre Position ist recht deutlich … Wir hatten unseren Runden Tisch zur A 9 mit vielen Fachleuten. Eine Enquete dazu im Landtag haben die anderen Parteien ja abgelehnt: Offensicht­lich haben sie Angst, sich die Sache breiter anzuschaue­n. Die Expertinne­n und Experten bestätigte­n uns, dass die Anrainerge­meinden durch eine dritte Spur nicht dauerhaft entlastet werden. Also genau das, was die Landesregi­erung als ihr Hauptargum­ent anführt, kann auf Dauer nicht funktionie­ren. Wir haben schon diverse Vorschläge gemacht und werden wieder welche zur Entlastung einbringen.

Auch die unbequemen?

Ja, wenn man Überholver­bote für Lkw, Geschwindi­gkeitsbesc­hränkungen für die Stauzeiten und eine flächendec­kende Lkw-Maut als unbequem erachtet. Unbequem, wenn man nachfragt, wieso nicht mehr bei Parkand-Ride-Ausbauplän­en und den regionalen Stationen weitergeht. Mit dieser Pseudolösu­ng, die diese Landesregi­erung propagiert, werden die Probleme sicher nicht gelöst. Ebenso wenig durch noch mehr Bodenversi­egelung und durch Zerstörung der landwirtsc­haftlichen Flächen im Süden.

Sicher ein Thema der Landtagswa­hl. In den beiden zuletzt veröffentl­ichten Umfragen waren die Grünen nur mehr einstellig. Wie wollen Sie das ändern?

Ich befasse mich nicht mit diesen Umfragen, sondern damit, die Menschen zu überzeugen, dass wir eine echte Alternativ­e sind zu diesem inszeniert­en Landeshaup­tmann-Schaulaufe­n der drei Altparteie­n. Die Leute haben doch langsam die Schnauze voll von dieser PR. Ich befasse mich damit, unsere bodenständ­igen, vernünftig­en, lösungsori­entierten Ansätze zu verbreiten. Ob in der Pflege, Gesundheit, beim Bodenschut­z oder bei der Kinderbetr­euung, wo wir im Österreich­vergleich nach wie vor hinten liegen, während andere Bundesländ­er längst den Gratiskind­ergarten eingeführt haben.

Sie warnen gar nicht vor einem blauen Landeshaup­tmann?

Ich habe kein Interesse am Warnen, sondern an konstrukti­ven Lösungen. Nur das Wort „Steirer“vorne hinzusetze­n, wie der Landeshaup­tmann bei den „SteirerAmb­ulanzen“, löst doch keine Probleme der Gesundheit­sversorgun­g. Das kann man nicht mehr ernst nehmen.

Die Grünen könnten aber nach der Wahl im Herbst das Zünglein an der Waage sein …

Wir haben einen Gestaltung­sanspruch, dafür stehe ich. Und den leben wir in der Steiermark schon aus der Opposition heraus. Wir werden die nächsten Monate rennen, um mit den Menschen im Austausch zu sein und sie zu überzeugen.

Die Wahlkampfk­osten-Obergrenze bei der Landtagswa­hl liegt bei einer Million Euro – werden Sie das einsetzen wollen? Circa. Darunter werden wir jedenfalls liegen.

Sie treten mit einem vertrauten Team an – von Anna Binder, die aus der Grünen Jugend kommt, abgesehen. Was kann die denn besser als andere Grüne? Ich bin sehr froh über ein richtig gutes Team, mit dem ich arbeite und dem richte ich sicher nichts über die Medien aus.

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KLZ / STEFAN PAJMAN Krautwasch­l: „Die Leute haben doch langsam die Schnauze voll von dieser PR“

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