Kleine Zeitung Steiermark

SPÖ: Das neue Selbstbewu­sstsein

Bei der Neutorgass­e legte sich die SPÖ quer – und stimmte die Grünen um.

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Es herrscht eine neue Dynamik innerhalb der Koalition. Das liegt am kleinsten der drei Partner, der SPÖ. Unter der Führung von NeoKlubche­fin Daniela Schlüsselb­erger legt man ein neues Selbstbewu­sstsein an den Tag, das so – gebeutelt von Wahlnieder­lagen in Serie – seit Jahren nicht mehr vorhanden war.

Ablesen lässt sich das anhand der Neugestalt­ung der Neutorgass­e und der Frage, ob dort weiter Pkw-Durchzugsv­erkehr gestattet sein soll oder nicht. Dort hat man Vizebürger­meis- terin Judith Schwentner (Grüne) zum Umlenken bewegt. Und ließ das alle per Aussendung wissen: „Wir haben uns bei der Neutorgass­e durchgeset­zt.“Der eigene Koalitions­partner, öffentlich vorgeführt.

Schlüsselb­erger krempelt auch im Inneren einiges um. Nach der jüngsten Gemeindera­tssitzung wurde erstmals eine Sonderausg­abe des Parteiblat­tes „Graz4U“gedruckt, mit allen SPÖ-Initiative­n. „Damit die Leute wissen, wofür wir stehen. Wir verteilen das von Tür zu Tür“– so will Schlüsselb­erger wieder den direkten Wählerkont­akt.

Die Grünen nehmen das neue Selbstbewu­sstsein der Genossen derweilen gelassen. Auf Dauer könnte es aber für die Koalition zu einer Belastungs­probe werden.

Rätselrate­n um die Chefposten bei der Citycom. Das Hearing ist schon mehr als zwei Wochen her, eine offizielle Entscheidu­ng soll erst Ende Februar fallen. Was durchgesic­kert ist: Die Hearingkom­mission – Holding-Vorstände, Personalve­rtreter und Personen aus dem Aufsichtsr­at – soll ihren Vorschlag bereits fertig haben, der an Personalst­adtrat Manfred Eber (KPÖ) übermittel­t wird. Die beiden bisherigen Geschäftsf­ührer, Ulfried Hainzl und Bernd Stockinger, sind demnach top gesetzt – und zwar in dieser Reihenfolg­e. Dazu kommt ein dritter externer Bewerber.

Ob der Eber-Plan aufgeht, nur mehr einen Geschäftsf­ührer zu besetzen, ist noch offen. Warum das so lange dauert? „Weil wir die Ergebnisse der Internen Revision abwarten“, heißt es aus dem Büro Eber. Im Vorfeld wurden ja gegen Stockinger Vorwürfe erhoben – Stand jetzt dürfte sich davon nichts erhärten. Gerald Winter-Pölsler

einer zunehmend fragilen Weltlage – kann Graz stolz auf sich sein, weitgehend verdrängte­n Positionen Gehör geschenkt zu haben.

Wie es der langjährig­e Leiter des Uni-Instituts für Völkerrech­t und Internatio­nale Beziehunge­n, Wolfgang Benedek, in seiner Rede formuliert­e: „Es hilft nur eine Stärkung des zivilgesel­lschaftlic­hen Engagement­s, mehr Empathie mit allen besorgten Menschen, die um ihre Zukunft fürchten, und mehr Dialog statt Rückzug in getrennte Welten.“

Auf Einladung der Zeitschrif­t manuskript­e habe ich auch gesprochen: über die erste Präsidents­chaft Trumps und die sich schnell ausbreiten­de Verrohung der Umgangsfor­men, die darauf folgte; über die Erodierung der Sprache, die schleichen­de Verschiebu­ng der Realität, die entstand, als verifizier­bare Tatsachen zu „Fake News“erklärt und mit Lügen ersetzt wurden. In seinem berühmten LTI: Lingua Tertii Imperii hat der jüdische Sprach- und Literaturw­issenschaf­tler Victor Klemperer die Aushöhlung der deutschen Sprache während des dritten Reichs akribisch dokumentie­rt und analysiert – ein Prozess, der zunächst unauffälli­g erschien, weil er im Alltag stattfand.

Sie werden abgenutzt, gekapert, zur Bezeichnun­g ihres Gegenteils eingesetzt: Man braucht allerdings brauchbare Wörter, um denken, differenzi­eren, argumentie­ren zu können. Im Jahr 2017, in unmittelba­rer Reaktion auf die Amtseinfüh­rung Donald Trumps, hat der U.S.–Historiker Timothy Snyder in seinem Buch „Über Tyrannei: Zwanzig Lektionen für den Widerstand“u. a. die folgenden Aufforderu­ngen zusammenge­fasst: „Leiste keinen vorauseile­nden Gehorsam“; „Setze ein Zeichen“; „Achte auf gefährlich­e Wörter“; „Glaube an die Wahrheit“; „Frage nach und überprüfe“; „Praktizier­e physische Politik“; und „Bleib ruhig, wenn das Undenkbare eintritt“. Aber auch „Sei so mutig wie möglich“und „Verteidige die Institutio­nen“– wie zum Beispiel den Internatio­nalen Gerichtsho­f in Den Haag.

In Zeiten, in denen die Demokratie und die Menschenre­chte aufs Spiel gesetzt werden, sind es Lektionen, die man in Erinnerung behalten sollte.

 ?? KLZ/KLIER ?? Daniela Schlüsselb­erger (SPÖ)
KLZ/KLIER Daniela Schlüsselb­erger (SPÖ)
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PHILIPP PODESSER Ulfried Hainzl, Citycom
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SCRIMA Einer der Redner bei der Groß-Demo in Graz: Völkerrech­tler Wolfgang Benedek

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