Warum Schildkröten am lautesten stöhnen
Bei einer Führung in der Tierwelt Herberstein wurde ein besonderer Blick ins„Schlafzimmer“der Zoobewohner gewährt.
Weiß jemand, was das ist?“, fragt Thomas Lattinger. In der Hand hält er einen Behälter mit einem länglichen Gestänge. „Ein Knochen“, kommt als Antwort. Zustimmend nickt der Zoologe der Tierwelt Herberstein: „Es ist der Penisknochen eines Polarwolfes.“Schmunzelnd erklärt Lattinger,
dass vielen Tieren – darunter Wölfen und Bären – so ein Knochen den häufigen Geschlechtsakt erleichtert. In Herberstein wird anlässlich des Valentinstages erstmals eine spezielle Führung angeboten. Dabei dreht sich alles um das Paarungsverhalten der Zootiere. Als langjähriger Mitarbeiter der Tierwelt weiß Lattinger genau, was sich hinter den Verhaltensweisen versteckt – vom lautesten Stöhner bis hin zum wildesten Liebhaber.
Neben dem Knochen, der den Akt erleichtert, gibt es bei den schneeweißen Wölfen noch eine weitere Besonderheit. Lattinger zeigt ein Foto. Es zeigt Herbert und Bjelle, die beiden Alphatiere des Rudels, wie sie „aneinander hängen“. „Es kann passieren, dass sie nach dem Akt noch bis zu einer Stunde aneinander gebunden sind, weil der Schwellkörper so stark anschwillt, dass sie nicht mehr auseinanderkommen.“Die Besucher staunen. „Passiert das immer?“, fragt Julia Herbst, die an der Spezialführung teilnimmt. „Eher selten, aber dennoch immer wieder einmal. In dieser Position lassen die anderen Rudelmitglieder das Paar jedoch immer in Ruhe.“Eingreifen müsse man als Mitarbeiter des Zoos allerdings nicht, erklärt Lattinger.
Das müssen sie jedoch bei einem anderen Zoobewohner tun – zum Schutz seiner Sexualpartnerinnen. „Bei Aramis gibt es immer ‚Safer Sex‘“, schmunzelt Lattinger. Vor dem Gehege des Barockesels holt er eine Art Maulkorb aus seiner Tasche. „Das müssen wir dem Hengst aufsetzen, damit alles sicher abläuft, wenn er sei
ne Stuten besteigt.“Sonst würde das Fell der Stuten blutüberströmt sein, weil Aramis sich im Nacken seiner Partnerinnen festbeißt.
Weniger wild, dafür umso lauter geht es im Afrika-Gehege zu. Zwischen den zahlreichen Vogelarten schlendert das Schildkröten-Männchen Elly gemächlich dahin. „Hier haben wir unseren lautesten Liebhaber“, sagt Lattinger und zeigt ein Video, das Elly in Aktion mit seiner Auserwählten Mona zeigt. Die Grunzgeräusche sind schwer zu überhören. „So ein Liebesakt kann bis zu 15 Minuten dauern, dabei verausgaben sie sich ganz schön“, erklärt der Experte.
„Ich hätte gedacht, dass die Löwen die lautesten sind“, sagt eine Teilnehmerin. „Nein, es dauert auch der Akt nicht sonderlich lang. Dafür machen sie es oft und meist ziemlich schnell hintereinander“, sagt Lattinger am Weg zum Löwengehege. Während Cäsar hinter der Glasscheine bedächtig seine Runden dreht, erklärt der Zoologe den Grund:. „Damit ein Weibchen befruchtet wird, braucht es im Schnitt 300 Paarungen.“
Zurzeit sind Cäsars Bemühungen vergebens, denn Partnerin Amira bekommt die Pille. „Ein Implantat, das wie die Pille beim Menschen die Hormone reguliert“, führt Lattinger aus. Vorerst sei kein weiterer Löwennachwuchs geplant, was das Paar jedoch nicht davon abhält, es weiter zu versuchen.