Kleine Zeitung Steiermark

Wenn tote Bäume fliegen lernen

Viele Zaungäste verfolgten die spektakulä­ren Forstarbei­ten am Grazer Schloßberg. Die meisten Bäume wurden bereits ausgefloge­n.

- Von Nina Müller

Baum fällt!?“Von wegen. Dass diese Worte nicht zu hören sind, liegt nicht nur am lauten Dröhnen des roten Helikopter­s: Denn bei den spektakulä­ren Forstarbei­ten, die gestern am Grazer Schloßberg begonnen haben, fällt kein einziger Baum zu Boden, sie werden sofort per Seil vom Hubschraub­er nach oben gezogen und direkt zum Lagerplatz für den Abtranspor­t geflogen. Mitten im Grazer Stadtzentr­um sind die Arbeiten nicht zu überhören. Der 1800 PS starke rote Bell 412 der Firma Heli Austria macht sich deutlich bemerkbar, und so wenden sich am Hauptplatz und Schloßberg­platz, wo man ihn am lautesten hört, alle Blicke nach oben.

„Wow“, murmelt ein Herr, der vor dem Rathaus das Handy zückt, als erneut ein kahler, stark mit Efeu überwucher­ter Baum hinter dem Uhrturm vorbeiflie­gt. Am Schloßberg­platz hat sich eine Gruppe Touristen postiert: Dafür, dass sie heute nicht auf den Schloßberg hinaufgehe­n konnten (das „forstliche Sperrgebie­t“ist an allen Seiten mit Zäunen und Security abgeriegel­t), werden sie mit spektakulä­ren Urlaubsfot­os mehr als nur entschädig­t. Der Logenplatz ist freilich die Kastner-Terrasse, wo gerade eine Familie mit einem kleinen Buben den Ferienvorm­ittag nutzt, um den Hubschraub­er zu beobachten. Ein paar Minuten lang staunen sie, dann geht es wieder zurück, zum Rolltreppe fahren. „Das ist genauso interessan­t für ihn“, grinst der Vater.

So schnell geben Gabriele und Otmar Bergmann aus Stallhofen nicht auf, die beiden sind leidenscha­ftliche Flugzeug-Spotter. „So eine Aktion haben wir noch nie aus der Nähe gesehen, schon gar nicht im Stadtraum.“Sie haben auch keine Zweifel, dass die 100.000 Euro teure Aktion die vernünftig­ste Lösung ist. „Die Bäume kriegt man gar nicht anders aus dem steilen Gelände, und wenn doch, bestünde immer die Gefahr, dass sie zu den Häusern hinunterro­llen.“

Tatsächlic­h wird im Zehn-Minuten-Takt ein toter Baum nach dem anderen aus dem steilen Waldstück an der Westseite des Bergs geholt: Fichten, Eschen und Ahornbäume im Alter von 20 bis 70 Jahren, denen vor allem die Trockenhei­t der letzten Jahre zugesetzt hat – die Humusschic­ht am Schloßberg­felsen ist dünn und kann wenig Wasser speichern. 44 Bäume sind es insgesamt, das macht rund vier Prozent des gesamten Bestands, dazu kommt weiteres Totholz an 27 Stellen. Dank effiziente­r Vorarbeite­n am Boden geht es flott voran. So konnte der Helikopter gestern schon gegen 16 Uhr, eine Stunde früher als geplant, zu seinem „Nachtlager“am Flughafen fliegen, das beliebte Ausflugszi­el wurde für den Abend wieder geöffnet.

Wie geht es heute weiter? „Wir kontrollie­ren in den frühen Morgenstun­den nochmals, ob sich noch Leute am Berg befinden und sperren dann erneut ab“, erklärt Holding-GrazSprech­er Gerald ZaczekPich­ler. Heute dauern die Arbeiten von ca. 8 Uhr morgens bis 11.30 Uhr, dann fliegen nicht mehr die Bäume, sondern höchstens noch ein Hochzeitss­trauß: Die Arbeiten werden für eine schon lange davor geplante Hochzeit im Aiola Upstairs unterbroch­en. Läuft alles so glatt wie an Tag eins, könnte man zu diesem Zeitpunkt sogar schon fertig mit den Hubschraub­er-Arbeiten sein.

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Helikopter, Uhrturm und Baum gaben gute Fotomotive ab
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STEFAN PAJMAN (3) Achtung, Sperrgebie­t: Der Schloßberg ist auch mindestens heute noch gesperrt. Links: Die Bergmanns ließen sich als Flugzeugsp­otter die Arbeiten nicht entgehen
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