Grazer blickt ins Fliegenhirn
1,3Millionen Euro hat Neurobiologe Lukas Groschner (35) vom Europäischen Forschungsrat für den Start seines neuen Forschungsprojektes erhalten.
Was für die meisten von uns ein lästiger Gast in der Küche ist, ist für Lukas Groschner die Grundlage sei- ner Forschung. Der Neurobio- loge erforscht anhand der Fruchtfliege Drosophila mela- nogaster die Funktionsweisen im Gehirn, die dem Kurzzeitge- dächtnis zugrunde liegen. Für sein neues Projekt an der Me- dizinischen Universität Graz erhält der gebürtige Grazer ei- nen Starting Grant des Euro- päischen Forschungsrates (ERC) für herausragende Leistungen in Höhe von 1,3 Millionen Euro.
„Es gibt Prozesse im Gehirn, die innerhalb von Millisekunden ablaufen, andere wiederum dauern mehrere Tage“, erklärt der 35-Jährige, „die molekularen Grundlagen dafür sind inzwischen gut erforscht.“Das Kurzzeitgedächtnis liegt nun genau dazwischen. Dazu gehört zum Beispiel das Merken einer Einkaufsliste für die Dauer des Einkaufs. Auf den Grund gehen wollen Groschner und sein Team der unerforschten Gedächtnisspanne mithilfe kleiner Kinos für die Fliegen. Dabei werden die Tiere in einer Art Flugsimulator fixiert und ih- nen computergenerierte Mus- ter vorgespielt. Während der Stimulation durch den „Kino- film“werden die Reaktionen des Insekts und die Aktivität einzelner Nervenzellen aufge- zeichnet und analysiert.
Als Modellorganismus eig- net sich die Fruchtfliege besonders gut. „Mit seinen 150.000 Nervenzellen ist so ein Fliegenhirn viel einfacher zu entschlüsseln als das menschliche Gehirn mit seinen 100 Milliarden“, sagt der ehemalige Oxford-Student. Trotzdem seien die neuronalen „Schaltpläne“ähnlich genug, um die eine oder andere Erkenntnis auf andere Tierarten oder sogar den Menschen zu übertragen. „Mein Ziel ist es gar nicht, das menschliche Gehirn vollständig zu verstehen, das wird wohl so schnell nicht gelingen“, sagt er lachend, „das Fliegenhirn würde mir reichen.“