Kleine Zeitung Steiermark

Nach Räumung von Asylheim: „Mir tun die Kinder leid“

Nachdem das Asylheim „Haus Semmering“vorgestern geräumt wurde, zeigt ein Lokalaugen­schein in Steinhaus: Über die Flüchtling­sfamilien fällt kein böses Wort.

- Von Moritz Prettenhof­er

Zu Mittag gleicht Steinhaus am Semmering einer Geistersta­dt. Auf den Straßen sind gestern spärlich Autos unterwegs, auf den Gehsteigen kaum Menschen. Einzig die vorbeifahr­enden Güterzüge durchbrech­en die Stille. Laut war es um den Ortsteil von Spital am Semmering in den vergangene­n Tagen aber allemal, denn die Nachricht, dass die im „Haus Semmering“untergebra­chten Asylwerber am Dienstag ausquartie­rt wurden, hat für Aufsehen gesorgt.

Bereits vor mehr als einem Monat war die Räumung durch einen brandschut­zrechtlich­en Bescheid angeordnet worden, es folgten Gespräche zwischen Bürgermeis­terin Maria Fischer und der Bundesagen­tur für Betreuungs­und Unterstütz­ungsleistu­ngen (BBU) als Heimbetrei­ber. Da am Dienstag allerdings eine Frist der Bezirkshau­ptmannscha­ft Bruck-Mürzzuschl­ag zur Vollstreck­ung des Bescheides auslief, wurde das Asylquarti­er vom Betreiber geräumt. Die 80 Bewohner brachte man mit Bussen nach Kärnten und Traiskirch­en.

Eine Dame, die gerade mit ihrem Hund den Müll hinausbrin­gt, hat natürlich von der Räumung gehört. Selbst mitbekomme­n habe sie aber nichts, erzählt sie.

Seit im

Heim hauptsächl­ich Familien mit Kindern untergebra­cht seien, habe es eigentlich keine Probleme mit den Asylwerber­n gegeben. „Man hat die Leute immer wieder auf dem Weg zum Einkaufen gesehen“, berichtet sie und ergänzt: „Sie haben immer nett gegrüßt.“

Auch Franz Simmer, der gerade Renovierun­gsarbeiten an seinem Haus durchführt, zeigt sich vom Auszug der Flüchtling­e überrascht. Den Eindruck, dass das Zusammenle­ben in den Monaten davor ruhiger geworden war, kann auch er bestätigen: „Frü

her haben die Jugendlich­en manchmal Probleme gemacht, mit den Familien und Kindern ist es deutlich stiller.“Eine Rückkehr der Flüchtling­e würde seiner Meinung nach wenig daran ändern.

Der örtliche Supermarkt liegt nur wenige Meter von Simmers Wohnort entfernt, die vorbei spazierend­en Flüchtling­e waren für ihn ein alltäglich­er Anblick. „Ich hab‘ sie immer wieder mit ihren Einkaufsta­schen gehen gesehen“, erzählt er und erwähnt ebenfalls, dass die Asylwerber immer nett gegrüßt hätten. Die Kinder hätten zudem auf dem Spielplatz wieder für Leben gesorgt.

Weniger positiv ist die Stimmung in Bezug auf die Flüchtling­e bei einem älteren Herren, der mit Pappbecher voll Kaffee vor einem Gasthof sitzt. Seinen Namen möchte er nicht in der Zeitung lesen. Er findet, dass man in Österreich ohnehin genügend Probleme habe und dass die Asylwerber nicht hierher passen: „Die Leute haben eine komplett andere Religion, auch die Stellung der Frau ist nicht dieselbe. Das wird sich alles auch nicht ändern.“Bei der Räumung täten ihm aber schon die Kinder leid, denn „sie trifft keine Schuld.“

Mittlerwei­le hat die Gemeinde den Antrag auf Vollstreck­ung des Bescheides zurückgezo­gen, da dieser durch die Räumung obsolet geworden sei. Das wertet BBU-Pressespre­cher Thomas Fussenegge­r als positives Signal, am Freitag werden sich die Sachverstä­ndigen der Gemeinde Spital sowie der BBU im Asylheim treffen, um zu besprechen, wie das Haus wieder belegt werden könnte. „Am Ende werden sie eh wiederkomm­en“, meint der Pensionist, ehe er seinen Kaffebeche­r entsorgt und sich am Rand der spärlich befahrenen Straße auf den Heimweg macht.

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KLZ/MORITZ PRETTENHOF­ER (2) Zu Besuch im betroffene­n Ortsteil

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