Schuldsprüche im großen Millionen-Poker
Pyramidenspiel in Graz mit bis zu 394.000 Euro Einsatz pro Kopf: Das Ermittlungsverfahren dauerte ein Jahrzehnt, es geht um Millionen Euro.
Der Erstangeklagte ist – kurz bevor das Urteil fällt – noch immer felsenfest von seinem Geschäftsmodell überzeugt. Ab 2010 hat er es von Graz aus aufgezogen: „Es war in den Zeiten des großen Poker-Booms, in Deutschland hat sogar Boris Becker fürs Pokern geworben. Unser System Moss hatte das Zeug zu Großem. Ich kann nur sagen, es hat von mir keine falschen Versprechungen gegeben, es war kein Pyramidenspiel.“
Die Oberstaatsanwältin hält dagegen, beschreibt ein Schneeballsystem, bei dem „viele Leute viele Millionen verloren haben“. Das System namens Moss war in zwei Teile aufgeteilt, schildert sie. „Eines für Poker-, eines für Nicht-Poker-Spieler. Letzteres war ein Online-Pyramidenspiel. Die Opfer wurden geködert, man hat ihnen ein todsicheres Geschäft, eine Jahrhundertchance versprochen, um Geld zu machen.“Den Nicht-Pokerspielern habe man hohe Umsatzbeteiligungen versprochen. „Gewinne hat es aber nie gegeben, das war vorgetäuscht.“Jeder Teilnehmer pumpte das Geld in eine höhere Ebene, bis das System dem Zusammenbruch geweiht war.
Am Donnerstag nahm dieses falsche Spiel (nach zehn Jahren Ermittlungsverfahren) am Grazer Straflandesgericht sein Ende:
Angeklagt waren ursprünglich elf Personen, unter anderem wegen des Betreibens eines Ketten- oder Pyramidenspiels und schweren Betrugs. Die Schadenssumme beträgt laut Anklage über 3,6 Millionen Euro, dieser Wert ist genau dokumentiert.
Die Dunkelziffer soll aber gar bei 16 Millionen Euro liegen. Laut der Oberstaatsanwältin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft haben „2696 Teilnehmer in das System Moss eingezahlt. Manche ein paar Tausend Euro, einer bis zu 394.000 Euro.“
„Ohne Frage“, sagt ein Verteidiger, „haben viele Leute ganz viel Geld verloren. Aber im Jahr 2011 auf das Geschäftsmodell Online-Poker zu setzen, war kein Fehler. Es war kein Scheinprodukt“. Und es hätte sogar ein Top-Unternehmen werden können, wie es andere später auch geworden seien. „Im Nachhinein ist es jedenfalls leicht zu sagen, dass es ein Pyramidenspiel war“, findet ein anderer Anwalt. Damals hätte es sogar ein Gutachten gegeben, dass alles legal sei. Das hat ein Angeklagter genau so in Erinnerung: „Ich wurde bei der Pokerwoche vor dem Casino Velden von einem Pokerprofi darauf angesprochen, in Graz gab es da bereits das Spielerlokal. Wie sollte ich als Laie erkennen, dass es ein Pyramidenspiel ist?“, fragt er.
Der Schöffensenat (Vorsitz: Richterin Andrea SchwingerWagner) verkündet am Nachmittag die (noch nicht rechtskräftigen) Urteile: Der hauptbeschuldigte Initiator (53) aus Kroatien wird, da er die unternehmerischen Voraussetzungen für Moss geschaffen hat, wegen des Pyramidenspiels zu 18 Monaten bedingter Haft verurteilt. Drei Mitangeklagte fassen ebenso bedingte Haftstrafen (zwischen zehn und 15 Monaten) aus.
Um die Dimension nochmal zu veranschaulichen: Bei einem Verurteilten wird sein erwirtschafteter „Gewinn“in der Höhe von 520.000 Euro für verfallen erklärt. Dazu kommen zwei Freisprüche und eine Diversion. „Wir haben in dem Verfahren mehr als 100 Zeugen gehört, die ein eindeutiges Bild gezeichnet haben“, erklärt die Richterin. Und begründet die lange Verfahrensdauer: „Man hat den meisten Opfern trotz der hohen Verluste hinterherlaufen müssen.“
Er gilt offiziell als Pfarrer der Gemeinde, wohnt im Pfarrhof, darf aber seit Jahren keine Messen abhalten. Stets muss der Steirer von anderen Priestern vertreten werden. Auslöser war der Vorwurf, das Autoritätsverhältnis missbraucht zu haben. Seitdem ist der Priester von seelsorgerischen Ämtern enthoben. Ein Prozess am Straflandesgericht Graz endete 2019 mit einem Freispruch. Der Pfarrer durfte vorübergehend und in Absprache mit dem Administrator wieder heilige Messen feiern. Intern aber ermittelte die katholische Kirche weiter. Das Profil des Priesters auf der Diözesan-Webseite? Entfernt. Kontaktdaten? Gelöscht. Warum? Zum strafrechtlichen Vorwurf kam ein kirchenrechtlicher Strafbestand hinzu.
So dürfte der Geistliche einen kirchlichen Ehrenkodex gebrochen haben: Just einer Person aus dem Umfeld, das damals die (strafrechtlichen) Vorwürfe gegen ihn erhoben hatte, nahm er