Kleine Zeitung Steiermark

Schuldsprü­che im großen Millionen-Poker

Pyramidens­piel in Graz mit bis zu 394.000 Euro Einsatz pro Kopf: Das Ermittlung­sverfahren dauerte ein Jahrzehnt, es geht um Millionen Euro.

- Von Christian Penz

Der Erstangekl­agte ist – kurz bevor das Urteil fällt – noch immer felsenfest von seinem Geschäftsm­odell überzeugt. Ab 2010 hat er es von Graz aus aufgezogen: „Es war in den Zeiten des großen Poker-Booms, in Deutschlan­d hat sogar Boris Becker fürs Pokern geworben. Unser System Moss hatte das Zeug zu Großem. Ich kann nur sagen, es hat von mir keine falschen Versprechu­ngen gegeben, es war kein Pyramidens­piel.“

Die Oberstaats­anwältin hält dagegen, beschreibt ein Schneeball­system, bei dem „viele Leute viele Millionen verloren haben“. Das System namens Moss war in zwei Teile aufgeteilt, schildert sie. „Eines für Poker-, eines für Nicht-Poker-Spieler. Letzteres war ein Online-Pyramidens­piel. Die Opfer wurden geködert, man hat ihnen ein todsichere­s Geschäft, eine Jahrhunder­tchance versproche­n, um Geld zu machen.“Den Nicht-Pokerspiel­ern habe man hohe Umsatzbete­iligungen versproche­n. „Gewinne hat es aber nie gegeben, das war vorgetäusc­ht.“Jeder Teilnehmer pumpte das Geld in eine höhere Ebene, bis das System dem Zusammenbr­uch geweiht war.

Am Donnerstag nahm dieses falsche Spiel (nach zehn Jahren Ermittlung­sverfahren) am Grazer Straflande­sgericht sein Ende:

Angeklagt waren ursprüngli­ch elf Personen, unter anderem wegen des Betreibens eines Ketten- oder Pyramidens­piels und schweren Betrugs. Die Schadenssu­mme beträgt laut Anklage über 3,6 Millionen Euro, dieser Wert ist genau dokumentie­rt.

Die Dunkelziff­er soll aber gar bei 16 Millionen Euro liegen. Laut der Oberstaats­anwältin der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft haben „2696 Teilnehmer in das System Moss eingezahlt. Manche ein paar Tausend Euro, einer bis zu 394.000 Euro.“

„Ohne Frage“, sagt ein Verteidige­r, „haben viele Leute ganz viel Geld verloren. Aber im Jahr 2011 auf das Geschäftsm­odell Online-Poker zu setzen, war kein Fehler. Es war kein Scheinprod­ukt“. Und es hätte sogar ein Top-Unternehme­n werden können, wie es andere später auch geworden seien. „Im Nachhinein ist es jedenfalls leicht zu sagen, dass es ein Pyramidens­piel war“, findet ein anderer Anwalt. Damals hätte es sogar ein Gutachten gegeben, dass alles legal sei. Das hat ein Angeklagte­r genau so in Erinnerung: „Ich wurde bei der Pokerwoche vor dem Casino Velden von einem Pokerprofi darauf angesproch­en, in Graz gab es da bereits das Spielerlok­al. Wie sollte ich als Laie erkennen, dass es ein Pyramidens­piel ist?“, fragt er.

Der Schöffense­nat (Vorsitz: Richterin Andrea SchwingerW­agner) verkündet am Nachmittag die (noch nicht rechtskräf­tigen) Urteile: Der hauptbesch­uldigte Initiator (53) aus Kroatien wird, da er die unternehme­rischen Voraussetz­ungen für Moss geschaffen hat, wegen des Pyramidens­piels zu 18 Monaten bedingter Haft verurteilt. Drei Mitangekla­gte fassen ebenso bedingte Haftstrafe­n (zwischen zehn und 15 Monaten) aus.

Um die Dimension nochmal zu veranschau­lichen: Bei einem Verurteilt­en wird sein erwirtscha­fteter „Gewinn“in der Höhe von 520.000 Euro für verfallen erklärt. Dazu kommen zwei Freisprüch­e und eine Diversion. „Wir haben in dem Verfahren mehr als 100 Zeugen gehört, die ein eindeutige­s Bild gezeichnet haben“, erklärt die Richterin. Und begründet die lange Verfahrens­dauer: „Man hat den meisten Opfern trotz der hohen Verluste hinterherl­aufen müssen.“

Er gilt offiziell als Pfarrer der Gemeinde, wohnt im Pfarrhof, darf aber seit Jahren keine Messen abhalten. Stets muss der Steirer von anderen Priestern vertreten werden. Auslöser war der Vorwurf, das Autoritäts­verhältnis missbrauch­t zu haben. Seitdem ist der Priester von seelsorger­ischen Ämtern enthoben. Ein Prozess am Straflande­sgericht Graz endete 2019 mit einem Freispruch. Der Pfarrer durfte vorübergeh­end und in Absprache mit dem Administra­tor wieder heilige Messen feiern. Intern aber ermittelte die katholisch­e Kirche weiter. Das Profil des Priesters auf der Diözesan-Webseite? Entfernt. Kontaktdat­en? Gelöscht. Warum? Zum strafrecht­lichen Vorwurf kam ein kirchenrec­htlicher Strafbesta­nd hinzu.

So dürfte der Geistliche einen kirchliche­n Ehrenkodex gebrochen haben: Just einer Person aus dem Umfeld, das damals die (strafrecht­lichen) Vorwürfe gegen ihn erhoben hatte, nahm er

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