Kleine Zeitung Steiermark

Der Hype um den Literatur-Popstar Kafka

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ven Regener ist ein vielsei- tiges Talent. Mit seiner Band „Element of Crime“grummelt er waidwunde Melancholi­a in die Nacht, als Schriftste­ller balanciert er gekonnt auf dem schmalen Grat zwischen Haltung und Humor. Jetzt, im März, liest Regener an vier Abenden im Wiener Rabenhof Theater. Nein, nicht aus seinen eigenen Werken, „Franz Kafka – Der Festivalma­rathon“heißt die Veranstalt­ung. Wie treffend! Denn um an den 100. Todestag des Ausnahmeli­teraten zu erinnern, stehen schon so viele Läufer am

Start, dass es einen regelrecht­en Tummelt gibt. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht ein neues Kafka-Erklärstüc­k, ein Film, ein Theaterstü­ck oder eben eine Lesung stattfinde­t. Regeners Huldigung ist übrigens auch auf 7 CDs erhältlich – Laufzeit 476 Minuten.

Zu Lebzeiten nur Eingeweiht­en bekannt, wuchs der Ruhm des Prager Dichters nach seinem Tod am 3. Juni 1924 in einem Krankenhau­s bei Wien ins Unermessli­che. Kaum ein Schriftste­ller, der sich nicht auf diesen geheimnisu­mwitterten Solitär beruft. Ohne das Adjektiv „enigmatisc­h“kommt natürlich keine Kafka-Beschreibu­ng aus. Und um zu erklären, was genau das inflationä­r verwendete Wort „kafkaesk“bedeutet, gibt es eigene YouTube-Tutorials. Inzwischen droht der Schriftste­ller unter der Last der Deutung fast zu verschwind­en.

SDer Wirbel um Kafka erinnert an die überhitzte­n Hype-Maschinen in der Populärkul­tur. Das ist zwar auf den ersten Blick etwas verstörend und oft auch peinlich, aber nicht ausschließ­lich schlecht. Warum sollten die Wunderwelt der Literatur oder ein bestimmter Literat nicht in aller Munde sein? Wenn das üppige Jubiläumsg­eschehen dazu dient, dass auch seine Bücher (wieder) gelesen werden, sollen sich die Marathonlä­ufer ruhig weiter auf den Weg machen. m die Sekundärli­teratur über Kafka durchzuack­ern, reichen wohl 100 Jahre nicht aus. Deshalb zwei Empfehlung­en: Wer sich umfassend über Werk, Mensch und die Zeit, in der er lebte, informiere­n möchte, liegt bei der dreibändig­en Biografie von Reiner Stach goldrichti­g. Und Michael Maar hat in seinem Buch „Leoparden im Tempel“folgenden Satz geschriebe­n: „Jedesmal, wenn man Kafka aufschlägt und in den Bann seiner Prosa gerät, deren Prägnanz und Reinheit unerreicht sind, drängt sich aber ein ganz anderer Verdacht auf. Vielleicht war dieser Mann nicht Rätsel und nicht Geheimnis, sondern ein Wunder.“

Bleibt nur noch zu warnen, dass bei der unbedachte­n Verwendung des Wortes „kafkaesk“eine Verbannung in die Strafkolon­ie oder im Wiederholu­ngsfall eine Verwandlun­g in einen Käfer droht.

Uerzliche Gratulatio­n zum Silbernen Bären für „Des Teufels Bad“! Wie reiht sich die Trophäe in Ihre lange Liste an Preisen vom Europäisch­en Filmpreis bis zu Romys ein?

HEs ist für mich mit Sicherheit der wichtigste Preis, den ich je gewinnen durfte. Er wurde für eine herausrage­nde künstleris­che Leistung vergeben und ich aus allen Gewerben – sei es Ausstattun­g, Musik etc. – aus dem Wettbewerb ausgewählt. Es war eine sehr kleine Chance, ihn zu gewinnen, deswegen messe ich ihm hohe Gewichtigk­eit bei. Es ist für mich eine Auszeichnu­ng für den Film – also auch eine für Severin Fiala, Veronika Franz und Anja Plaschg in der fantastisc­hen Hauptrolle.

Kalt ist es oft beim Drehen. Im 18. Jahrhunder­t war es dunkel. Wir wollten es authentisc­h haben. Es war herausford­ernd und ich war froh um meine Erfahrung vor der digitalen Ära. Belichtung­smesser funktionie­ren in der Dunkelheit gar nicht

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