China, ein König und der Durchblick
Xiaomi stellt ein Handy mit vier Objektiven und Griff vor, Honor erfasst per KI Augenblicke. Magnetisch ziehen in Barcelona aber Konzepte an, die zeigen, was möglich ist.
Der König überragt. Plötzlich ist das Gewusel am Mobile World Congress (MWC), der weltgrößten Mobilfunkmesse, zum Erliegen gekommen, unzählige Uniformierte brechen eine Schneise in die Menschenmengen. Diese füllt eilig der König. Schnellen Schrittes schreitet Felipe, mit 1,97 Metern der wohl größte aller Monarchen, in die Halle und zum Stand der spanischen Telefónica. Zehn Minuten, viele geschüttelte Hände und zwei Kurzpräsentationen später zieht der Regent weiter und die Zuseher, knapp 90.000 werden bis Donnerstag erwartet, übernehmen wieder das Kommando auf den Gängen des MWC.
Besonders stark zieht es die Massen und deren Ellbogen heuer zu Produkten, die eigentlich gar keine sind. Ein einziges Stück seines Konzepts „Crystal“hat etwa Lenovo mitgebracht. Das Besondere am umdrängten Notebook? Es ist durchsichtig, Lenovo sieht es als eine Art große AR-Brille. Die digitale Inhalte mit realen Elementen abmischt. Ob die Technologie jemals einen Markt findet, scheint in diesen Minuten nebensächlich. Anziehend wirkt das Außergewöhnliche – und das Gefühl, Zukunft zu sehen.
Dort wird es dann vielleicht auch Router geben, die Hologramme von Telefonpartnern im Inneren anzeigen. „Concept T“nennt die Deutsche Telekom auf ihrem Weg „vom Telekomunternehmen zum Techunternehmen“das Experiment. Das für den MWC in Barcelona in die
Tat umgesetzt wurde, von Serienreife aber weit entfernt ist. „Nicht morgen im Verkaufsregal, aber heute in unseren Köpfen und Laboren“, nimmt das Unternehmen gleich selbst von einer allzu raschen Umsetzbarkeit Abstand.
Handfesteres gibt es am MWC freilich auch. Dafür verantwortlich zeichnen Smartphone-Bauer wie Xiaomi, Oppo oder Honor. In Österreich gelten sie immer noch als Unbekannte, blickt man aber auf die globalen Absatzzahlen,
zählen sie zu den relevantesten Größen. Xiaomi holte sich 2023 mit einem Marktanteil von 12,5 Prozent – Marktführer Apple kommt auf 20 Prozent – gar den dritten Platz. Heute zählt der erst 2010 gegründete Hersteller darüber hinaus zu jenen, die um das beste Kamerasystem rittern. Zu tun hat das auch mit einer großen europäischen Marke: Seit 2022 kooperiert Xiaomi mit Leica.
Am MWC steht deswegen, nonanet, ein Kamerasystem im Mittelpunkt. Auf der Rückseite des Premium-Smartphones Xiaomi 14 Ultra verstecken sich gleich vier 50-Megapixel-Sensoren und vier Objektive mit Brennweiten von 12 bis 120 Millimeter. Eher kurios: Der Photography Kit, ein Kameragriff zum Anstecken, macht aus dem 1500 Euro teuren Ultra 14 auch nach außen hin eine Leica.
Das Smartphone-Flaggschiff des chinesischen Unternehmens Honor, vor ein paar Jahren von Huawei abgespalten, hört indes auf den Namen Magic 6 Pro. Neben der Dreifachkamera sticht hier vor allem die KI-ge
stützte Blickerfassung („EyeTracking“) ins, ja, Auge. Das Smartphone will so etwa erkennen, wenn Nutzer auf eine aufpoppende Benachrichtigung blicken und dann automatisch die passende Anwendung öffnen.
Das Magic 6 Pro feiert in Barcelona die Premiere außerhalb Chinas, wo das Handy bereits seit Jänner verkauft wird. Womit das Smartphone im Trend liegt. Meist stellen die chinesischen Konzerne die neueste Generation zunächst am Heimmarkt vor. Nicht zuletzt forcieren längst alle gewichtigen Smartphone-Anbieter den Gemischtwarenhandel. Xiaomi etwa hat in Barcelona sein erstes Elektroauto am Start und auch Uhren, Fitnessbänder oder ein bemerkenswertes Tablet mit dabei. Mit dem Xiaomi Pad 6S Pro 12.4 versuchen sich die Chinesen als Konkurrenz zum iPad Pro zu positionieren. Der vermutlich größte Vorteil? Das Tablet kostet halb so viel.