Herk für höheres Pensionsalter
Schwache Konjunktur ändert nichts am akuten Fachkräftemangel. WK-Präsident Josef Herk fordert Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters.
ie Hiobsbotschaften auf dem steirischen Arbeitsmarkt werden mehr. 2023 stieg die Zahl der arbeitslosen Steirerinnen und Steirer um 5,4 Prozent auf im Schnitt 31.742 an – und doch spricht man nach wie vor von einem „robusten“Arbeitsmarkt. Der schlechten Wirtschaftslage zum Trotz bauen Unternehmen Personal nur ab, wenn es nicht anders geht. Denn einmal verlorene Arbeitskräfte kann man schwer zurückgewinnen, wenn die Konjunktur wieder anzieht.
Es klingt paradox: Die Arbeitslosigkeit steigt, die Wirtschaft schrumpft – aber am Fachkräftemangel ändert das wenig, wie die jüngste Auswertung der steirischen Wirtschaftskammer zeigt. Die Zahl der Arbeitsuchenden pro offener Stelle ergibt die sogenannte Stellenandrangsziffer: Sie beträgt laut WK für 2023 1,53 (2022, zum Vergleich, betrug sie 1,19, 2021 1,90 und 2019 2,34). Im Klartext: Gegenüber der Zeit vor der Pandemie hat sich die Situation verschärft. Ab einer Stellenandrangsziffer von unter 1,5 spricht man von einem Mangelberuf. Aktuell gibt es in der Steiermark 78 Mangelberufe.
DStelle finden sich Techniker (Elektrotechnik, Maschinenbau) sowie Handwerker (Dachdecker, Elektroinstallateur, Spengler, Schlosser) und diplomierte Krankenpfleger.
Die Entwicklung nimmt seit Jahren an Fahrt auf. „Durch den demografischen Wandel droht die Frage der Verfügbarkeit von ausreichend qualifiziertem Personal immer mehr zum Flaschenhals
für jeden künftigen Aufschwung zu werden“, sagt WK-Präsident Josef Herk. Innerhalb von 20 Jahren habe sich der Anteil der über 50-jährigen unselbständig Beschäftigten in der Steiermark mehr als verdoppelt. Im selben Zeitraum ging die Zahl der unter 25-Jährigen in den steirischen Firmen von 72.000 auf 63.000 zurück. Und: Selbst bei einem fortwährenden Zuzug von Arbeitskräften sagt die Statistik Austria eine Abnahme der Erwerbsbevölkerung voraus.
Die Gegenstrategie? Herk legt den Finger in altbekannte Wunden, wie zum Beispiel, dass die durchschnittlich geleistete Arbeitszeit seit Jahren rückläufig ist. Er fordert „steuerliche Anreize für Vollzeitbeschäftigung“, eine Ausweitung der Steuerbefreiung von Überstunden, Anreize für längeres Arbeiten im Alter und nicht zuletzt einen Ausbau der Kinderbetreuung.
Nicht nur die im Europavergleich hohe Teilzeitquote, vor allem der frühe Pensionsantritt der Österreicherinnen und Österreicher ist Herk ein Dorn im Auge. „Wir werden älter und älter, gehen aber früher in Pension als in den 1970er-Jahren“, sagt Herk. In Österreich seien 33,6 Prozent der 60- bis 64-Jährigen erwerbstätig, in Deutschland sind es 65,3 Prozent.
Zuerst müsse man das faktische Pensionsantrittsalter – bei Männern 61,8 Jahre, bei Frauen 59,8 – an das gesetzliche anpassen. Gleich danach müsse man aber auch das gesetzliche Antrittsalter erhöhen, fordert Herk. Die Anhebung um ein Jahr „würde 70.000 Leute zusätzlich in Beschäftigung bringen“.