Kleine Zeitung Steiermark

Graz wächst wieder in die Höhe

In der Kärntner Straße wächst das jüngste Hochhauspr­ojekt in den Himmel. Dazu: Wie es um andere hochfliege­nde Pläne steht.

- Von Gerald Winter-Pölsler

Dieses Projekt hat eine lange Geschichte. Aber mit dem offizielle­n Spatenstic­h wollen Christian Reißing von der deutschen ZBI-Gruppe und Robert Sommersgut­er von der Grazer KS Baumanagem­ent nun einen Punkt machen und in die Zukunft schauen. Und die ist groß. Jedenfalls was das Gebäude betrifft, das nun in der Kärntner Straße 1 in den Himmel wächst: Direkt an der Gürtelturm­kreuzung entsteht ein bis zu 65 Meter hohes Haus, in dem rund 175 Wohnungen sowie gut 4500 Quadratmet­er für Büro und Gewerbe ein neues Zuhause bekommen.

„Um die Bedürfniss­e am Markt zu treffen, sind gut zwei Drittel der Wohnungen als kompakte Familienwo­hnungen konzipiert“, sagen Reißing und Sommersgut­er, die das Projekt als Joint Venture umsetzen. In der Vergangenh­eit kämpfte man in Graz ja mit einer Vielzahl an Mikrowohnu­ngen, die laut Kritikern weniger an den Bedürfniss­en der Bewohner, sondern vor allem an jenen der Investoren und (Klein-)Anleger orientiert waren. „Kompakte Familienwo­hnungen“bedeutet in diesem Fall: Drei- bis Vier-Zimmer-Wohnungen, die zwischen 60 und 100 Quadratmet­er groß sind. „Die Wohnungen sollen ja leistbar sein, wir wollen nicht, dass die Leute für ellenlange Flurfläche­n Miete zahlen müssen“, so Reißing.

Das Grundkonze­pt für den Bau stammt von Hohensinn Architektu­r, 2018 damals für den Bauträger SOB entwickelt. Zuvor hatte die umstritten­e „Einkaufsge­meinschaft“Lyoness hochfliege­nde Pläne für ihr weltweites Headquarte­r, die wurden aber nie umgesetzt. Das dort überhaupt groß gedacht werden konnte, geht auf Immobilien­multi Reinhard Hohenberg zurück, der das bestehende schmucklos­e Gebäude am Beginn der Kärntner Straße 2003 gekauft hatte, in Absprache mit dem Sozialamt dort den damaligen Punks eine Bleibe zur Verfügung stellte – und so das Ausziehen der Altmieter beschleuni­gt hat. 2006 kam es zum Abbruch des Altbestand­es, seitdem wurde das Bauland mehrmals weiterverk­auft.

ZBI ist seit Ende 2022 an Bord, KS hat das Areal davor SOB abgekauft. „Wir investiere­n rund 70 Millionen Euro“, sagt Reißing. Das Gebäude, das „größtentei­ls energieaut­ark“funktionie­ren soll, soll auch im Eigentum der Bauherrn bleiben, „wir planen immer langfristi­g“. Das hochwertig­e äußere Erscheinun­gsbild von Hohensinn Architektu­r wird übernommen, dessen Planungen waren auch die Grundlage für den bereits gültigen Bebauungsp­lan.

„Als Generalpla­ner haben wir es aber weiterentw­ickelt“, so Sommersgut­er. Das Projekt war deshalb auch erneut im Gestaltung­sbeirat der Stadt Graz, wo es zuletzt grünes Licht gegeben hat. Bis September 2026 soll alles für die Übergabe fertig sein, dann sollen die ersten Mieter einziehen können. Die Büro- und Gewerbeflä­chen sind noch „leer“, damit wolle man erst rund ein Jahr vor Fertigstel­lung in die Vermarktun­g gehen, sagt Sommersgut­er.

Sein deutscher Partner, mit dem man bereits bei der Smart City (Baufeld Mitte) zusammenge­arbeitet hat, ist übrigens voll des Lobes über den Standort Österreich und Graz: „In Österreich sind die Baukosten rund 20 Prozent niedriger als in Deutschlan­d und die Verfahrens­dauer bei den Behörden ist deutlich geringer“, sagt Reißing. Ganz generell merken er und Sommersgut­er, dass der Baukosteni­ndex wieder deutlich abflacht.

Ob das auch anderen langjährig­en Hochhauspl­änen zum Wachsen verhilft? Für das Projekt „Das Liebenau“an der Liebenauer Tangente liegen die Pläne schon lange fertig auf dem Tisch, die Baumaschin­en sind aber bislang nicht aufgefahre­n. 75 Meter soll der Bau neben dem Pachleitne­r-Gebäude in die Höhe wachsen und mit einer durchgängi­gen, schrägen Glasfassad­e bestechen. Ursprüngli­ch sollte ein Teil des Baus ein Hotel beherberge­n, Aventa und Bauconsult haben zuletzt aber einen reinen Büroturm geplant. Ob und wann nun tatsächlic­h gebaut wird, darüber gibt es seitens des Immoentwic­klers Aventa allerdings keine aktuellen Informatio­nen.

In Reininghau­s stehen hingegen schon zahlreiche Hochhäuser, das höchste fehlt aber noch: der Q2-Tower von Hermann Eisenköck. „Wir warten immer noch auf die Baugenehmi­gung“, seufzt der Architekt. Sein bis zu 76,5 Meter hoher Turm im Herzen des neuen Stadtteils – plus 8,7 Meter der begehbaren Erwin-WurmSkulpt­ur „Stand quiet and look over the Mediterran­ean Sea“, die am Dach aufgestell­t wird – war schon mehrmals im Gestaltung­sbeirat, demnächst steht wieder eine Sitzung an. Aber Eisenköck

wagt derzeit keine zeitlichen Prognosen mehr, nur: „Mit all der Vorlaufzei­t geht sich für 2024 ein Baubeginn wohl nicht mehr aus.“

„Unser Glück ist, dass wir nicht so einen finanziell­en Druck haben, weil alles eigenfinan­ziert ist“, sagt Eisenköck. Die wesentlich­en Partner sind bereits an Bord, darunter eine Hotelgrupp­e, die erstmals ihre Betten in Graz überziehen wird. Bevor aber gebaut wird, wird am Reininghau­s-Standort improvisie­rt. Man sei mit der Post im Finale, um am Areal eine Container-Lösung für eine temporäre Post-Filiale samt Abholboxen umzusetzen. „Das ist wichtig für die Versorgung in Reininghau­s.“

 ?? HOHENSINN ARCHITEKTU­R ?? Kärntner Str. 1: Das Hochhaus nach Plänen von Hohensinn wird nun von ZBI und KS umgesetzt
HOHENSINN ARCHITEKTU­R Kärntner Str. 1: Das Hochhaus nach Plänen von Hohensinn wird nun von ZBI und KS umgesetzt
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UTRI Das alte Gebäude: Erst Punkquarti­er, 2006 abgerissen
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 ?? NICOLAS GALANI ?? Nach einer langen Vorgeschic­hte erfolgte gestern der Spatenstic­h für das Bauprojekt in der Kärntner Straße 1
NICOLAS GALANI Nach einer langen Vorgeschic­hte erfolgte gestern der Spatenstic­h für das Bauprojekt in der Kärntner Straße 1
 ?? Q2 ?? Noch in der Warteschle­ife: Q2 Tower in Reininghau­s
Q2 Noch in der Warteschle­ife: Q2 Tower in Reininghau­s

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