Wird der Kurz-Prozess wiederholt?
Nach dem Schuldspruch für Ex-Kanzler Kurz taucht eine Disziplinarstrafe des Richters auf. Wie geht es weiter?
1wieder Was ist denn jetzt schon passiert?
Am Montag, dem ersten Werktag nach dem (nicht rechtskräftigen) Schuldspruch gegen den ehemaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), wurde eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Graz im öffentlich einsehbaren Rechtsinformationssystem (RIS) veröffent- licht, die durchaus brisant ist. Demnach wurde Richter Micha- el Radasztics, der das Urteil über Kurz und dessen Kabinettschef Bernhard Bonelli gesprochen hat, bereits im Mai letzten Jahres zu einer Disziplinarstrafe verurteilt.
2 Was hat sich der Richter genau zuschulden kommen lassen?
Disziplinarurteile werden anonymisiert verfasst, dennoch ist in der 14-seitigen Gerichtsentscheidung zu lesen, dass es um die Eurofighter-Causa geht. Radasztics, der damals Staatsanwalt war und erst seit Jänner 2023 als Richter tätig ist, habe seine damaligen Pflichten „schuldhaft verletzt“. Einerseits soll er das Ermittlungsverfahren abgebrochen und den damaligen Beschuldigten und früheren Finanzminister KarlHeinz Grasser (FPÖ/ÖVP) 2012 nicht ausreichend informiert haben. Und andererseits soll Radasztics dem ehemaligen Grünen-Politiker Peter Pilz 2018 unerlaubt Informationen zu Verwaltungsinterna rund um das Eurofighter-Verfahren haben zukommen lassen. Entsprechende Ermittlungen wegen Amtsmissbrauchs oder Verletzung des Amtsgeheimnisses wurden fallen gelassen.
3Causa Was hat die Eurofighter- mit dem KurzProzess zu tun?
Vorrangig nichts, doch für den Fall ist der Pilz-Vorwurf interessant. Gleich zu Prozessbeginn hatte Kurz-Anwalt Otto Dietrich einen Antrag auf Befangenheit des Richters eingebracht und unterstellte diesem ein Naheverhältnis zu „KurzGegner“Pilz. Radasztics entgegnete, dass er, wie jeder, „der kein Eremit ist“, persönliche Beziehungen pflege. Die Meinung von Außenstehenden tue jedoch nichts zur Sache, er habe auch keine persönliche Beziehung zu Pilz. Der Antrag wurde abgewiesen. Die ÖVP ortet nun einen „Anschein der Befangenheit“, zudem stehe die Disziplinarstrafe in Zusammenhang mit der eingebrachten Befangenheitsanzeige und hätte vom Richter offengelegt werden sollen, sagt Generalsekretär Christian Stocker. Man vertraue darauf, dass die zweite Instanz (das Oberlandesgericht Wien) offene Fragen zum Verfahren kläre. Im Wiener
Straflandesgericht zeigt man sich indes überrascht, die Vorwürfe hätten nichts mit der richterlichen Tätigkeit im Landesgericht zu tun.
4Disziplinarstrafe Warum wird dann diese erst jetzt bekannt?
Im „Kurier“bestätigt Radasztics das Urteil und erklärt den Zeitabstand zum Bekanntwerden damit, dass die Entscheidung zwar bereits im letzten Mai gefallen sei, jedoch Oberstaatsanwaltschaft und er selbst Rechtsmittel dagegen eingelegt hätten. Damit sei die Causa zum Obersten Gerichts