Stornierter Großauftrag setzt ams-Osram unter Druck
Abschreibungen von bis zu 900 Millionen Euro. Standort Premstätten von Projekt-Einstellung „nicht betroffen“.
Es ist ein empfindlicher Rückschlag für den Sensorund Chipspezialisten ams-Osram: Perspektivisch sollte das völlig neue Segment der sogenannten MicroLED-Technik eine wichtige Rolle beim österreichisch-deutschen Konzern mit Zentralen in Premstätten und München einnehmen. Dahinter stecken nur pixelgroße LEDs, die für Bildschirme etwa von Smartphones oder auch in Autos eingesetzt werden können. Dafür wurde in Kulim (Malaysia) extra eine 8-Zoll-Wafer-Fabrik um 800 Millionen Euro hochgezogen, die kurz vor der Fertigstellung steht und in der die Produktion erfolgen sollte. Die Entwicklung ist in Regensburg gebündelt. Doch nun ist das Schlüsselprojekt für diese neue Technologie, die ab 2026 ausgerollt werden sollte, „überraschend storniert“worden, wie man mitteilen musste.
Eine Hiobsbotschaft mit Folgen. Denn ams-Osram muss zwischen 600 und 900 Millionen Euro an Wertberichtigungen vornehmen. Die bereinigte operative Marge beim Ergebnis werde dadurch heuer „mit 30 bis 50 Millionen Euro“belastet.
Schnell wurden Spekulationen laut, wonach hinter dem Großkunden für das Schlüsselprojekt der US-Riese Apple stecken könnte und die Stornierung womöglich sogar mit den fast zeitgleich verworfenen Plänen rund um das Apple Car zu tun haben könnte. Zu einzelnen Kunden gibt ams-Osram „grundsätzlich keinen Kommentar“ab, wie es auf Anfrage heißt. Dem Vernehmen nach soll es aber keinen Zusammenhang mit den eingestampften Apple-Autoplänen geben. Die Gespräche mit dem – nicht genannten – Kunden „dauern an“, so das Unternehmen. Faktum ist aber, dass im Zuge der Annullierung des Auftrags „die zukünftigen Nutzungsmöglichkeiten aller zur MicroLEDStrategie gehörenden Vermögenswerte“hinterfragt werden – „insbesondere der neuen 8Zoll-LED-Fabrik in Kulim“.
An der Börse lösten die Nachrichten rund um ams-Osram – nach jüngsten Erholungsbewegungen – indes einen Kurssturz aus. Die Aktie brach zwischenzeitlich um 42 Prozent ein – der höchste Tagesverlust der Firmenhistorie.
Wie geht’s weiter? Konzernsprecher Bernd Hops betont, dass die Auswirkungen „jetzt im Detail analysiert werden“. Dann werde man sehen, „welche Schlüsse daraus gezogen werden“. Der Konzern gab auch bekannt, dass man zusätzliche Maßnahmen zur Kostensenkung über das laufende Effizienzprogramm ‚Re-establish the Base‘ hinaus in Erwägung ziehe, um die Auswirkungen zu minimieren. „Es wird keine Schnellschüsse geben.“
Könnte das auch Folgen für den Standort Premstätten bei Graz haben, wo – Stand Ende 2023 – 1320 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt sind und bis 2030, wie berichtet, 588 Millionen Euro investiert werden sollen? „In Premstätten liegt der Fokus auf Sensortechnologien, für MicroLED erfolgt hier weder eine Entwicklung noch eine Produktion, der Standort ist durch die Projekt-Einstellung also nicht betroffen“, sagt Hops.
Auch insgesamt ist er um Einordnung und Beruhigung bemüht: „Das Kerngeschäft ist gesund.“Das laufende Geschäft sei „im Plan und die Gruppe erwartet unverändert, dass der Umsatz im ersten Quartal auf vergleichbarer Basis auf ein Niveau von 800 bis 900 Millionen Euro wächst“. Man verzeichne weiterhin zahlreiche Neuaufträge in den Endmärkten Automotive, Industrie und Medizintechnik. Die Prognose für das durchschnittliche mittelfristige jährliche Wachstum werde von sechs bis zehn Prozent auf sechs bis acht Prozent revidiert. Die Abschreibungen auf den MicroLED-Bereich seien nicht Cash-wirksam, weil das Geld für die Investitionen ja bereits geflossen sei. Die Cash-Position werde sich sogar verbessern, weil nun geringere Investitionen nötig sind. „Wir sind immer noch ein gesundes Unternehmen mit einer starken Bilanz“, betont auch Vorstandschef Aldo Kamper.