Kleine Zeitung Steiermark

Fördern und bestrafen

Die Gewaltkrim­inalität von sehr jungen Tätern macht betroffen. Für sie und allenfalls mitverantw­ortliche Eltern muss es ein kluges Set an Sanktionen geben.

- Von Ernst Sittinger

er (im doppelten Sinn) „jüngste“Fall von schwerem sexuellen Missbrauch macht wieder fassungslo­s. Das Opfer war ein zwölfjähri­ges Mädchen, als Täter beschuldig­t sind 17 Burschen im Alter von 13 bis 19. Die Taten ereigneten sich über Wochen und Monate in migrantisc­h gepräg- ten Milieus in Wien-Favoriten. Die meisten Täter haben Migra- tionshinte­rgrund.

Die extremen Umstände sind hoffentlic­h einzigarti­g, aber dahinter stehen leider ein paar all- gemein wahrnehmba­re Trends. Immer wieder gibt es Fälle von schweren Straftaten sehr junger Täter, die teils sogar unter 14 Jahren sind und daher für ihre Taten nicht haften. In Verbin- dung mit viel Langeweile, wenig Aufsicht, wenig Erziehung und nicht selten einer erlebten Au- ßenseiterr­olle ergeben sich toxi- sche Kombinatio­nen. Man hat das früher schlicht Verwahrlo- sung genannt. Aber dieser Be- griff ist womöglich zu mild.

Man kann schon Verständni­s für diese Jugendlich­en haben. Aber an erster Stelle muss etwas anderes stehen: die Betroffen- heit der Opfer. Viele Unschuldi- ge müssen leiden. Aus Schulen

Dernst.sittinger@kleinezeit­ung.at

wird berichtet, dass Banden ihre Mitschüler systematis­ch terro- risieren, bedrohen, berauben. Die Polizei fühlt sich machtlos und verweist auf fehlende Straf- mündigkeit der „Kinder“.

Solche Taten richten direkten und dazu noch indirekten Scha- den an: als schlechtes Beispiel. Die Generalprä­vention fehlt, al- so eine Bestrafung, die auch an- dere vorbeugend von der Bege- hung solcher Taten abhält. So erodiert der Rechtsstaa­t. Denn auch bei minderschw­eren Straf- taten – etwa Beleidigun­g, Van- dalismus – zeigt sich der fehlen- de Respekt vor den im Gesetz verwirklic­hten Grundwerte­n des geordneten Zusammenle- bens. Es fehlt die Achtung vor anderen Menschen. Das darf nicht hingenomme­n werden.

Was also tun? Mehr Härte? Das sagt sich leicht – und ist im Detail schwierig. Es liegt auf der Hand und wird von Fachleuten bestätigt, dass Heranwachs­ende im Gefängnis viel eher Schaden nehmen und ihre kriminelle­n Karrieren verfestige­n, als plötzlich geläutert zu braven Bürgern zu werden. Trotzdem spricht viel dafür, die Strafmündi­gkeit auf 12 Jahre herabzuset­zen. Man muss das aber kombiniere­n mit einem flexiblen Jugendstra­frecht, das eine für junge Täter erlebbare Mischung aus Förderung und Strafe enthält. Dazu gehören Sozialstun­den, Anti-Gewalt-Trainings, Berufsausb­ildung, aber auch die spürbare Einschränk­ung der Freiheit. Tunlichst nicht in Haft, sondern in – fallweise geschlosse­ner – Jugendbetr­euung. nd wahrschein­lich müssen auch die Eltern viel direkter herangezog­en werden. Wer Aufsicht und Erziehung vernachläs­sigt, sollte mehr als bisher mit Sanktionen rechnen müssen. Speziell bei der Integratio­n von Menschen aus anderen Kulturkrei­sen muss eine Normverdeu­tlichung stattfinde­n. Wer mit und bei uns leben will, hat unsere soziale und rechtliche Ordnung vollständi­g anzuerkenn­en und dies seinen Kindern zu vermitteln. In diesem Punkt erzeugt Nachsicht immer nur weitere Probleme.

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