Fördern und bestrafen
Die Gewaltkriminalität von sehr jungen Tätern macht betroffen. Für sie und allenfalls mitverantwortliche Eltern muss es ein kluges Set an Sanktionen geben.
er (im doppelten Sinn) „jüngste“Fall von schwerem sexuellen Missbrauch macht wieder fassungslos. Das Opfer war ein zwölfjähriges Mädchen, als Täter beschuldigt sind 17 Burschen im Alter von 13 bis 19. Die Taten ereigneten sich über Wochen und Monate in migrantisch gepräg- ten Milieus in Wien-Favoriten. Die meisten Täter haben Migra- tionshintergrund.
Die extremen Umstände sind hoffentlich einzigartig, aber dahinter stehen leider ein paar all- gemein wahrnehmbare Trends. Immer wieder gibt es Fälle von schweren Straftaten sehr junger Täter, die teils sogar unter 14 Jahren sind und daher für ihre Taten nicht haften. In Verbin- dung mit viel Langeweile, wenig Aufsicht, wenig Erziehung und nicht selten einer erlebten Au- ßenseiterrolle ergeben sich toxi- sche Kombinationen. Man hat das früher schlicht Verwahrlo- sung genannt. Aber dieser Be- griff ist womöglich zu mild.
Man kann schon Verständnis für diese Jugendlichen haben. Aber an erster Stelle muss etwas anderes stehen: die Betroffen- heit der Opfer. Viele Unschuldi- ge müssen leiden. Aus Schulen
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wird berichtet, dass Banden ihre Mitschüler systematisch terro- risieren, bedrohen, berauben. Die Polizei fühlt sich machtlos und verweist auf fehlende Straf- mündigkeit der „Kinder“.
Solche Taten richten direkten und dazu noch indirekten Scha- den an: als schlechtes Beispiel. Die Generalprävention fehlt, al- so eine Bestrafung, die auch an- dere vorbeugend von der Bege- hung solcher Taten abhält. So erodiert der Rechtsstaat. Denn auch bei minderschweren Straf- taten – etwa Beleidigung, Van- dalismus – zeigt sich der fehlen- de Respekt vor den im Gesetz verwirklichten Grundwerten des geordneten Zusammenle- bens. Es fehlt die Achtung vor anderen Menschen. Das darf nicht hingenommen werden.
Was also tun? Mehr Härte? Das sagt sich leicht – und ist im Detail schwierig. Es liegt auf der Hand und wird von Fachleuten bestätigt, dass Heranwachsende im Gefängnis viel eher Schaden nehmen und ihre kriminellen Karrieren verfestigen, als plötzlich geläutert zu braven Bürgern zu werden. Trotzdem spricht viel dafür, die Strafmündigkeit auf 12 Jahre herabzusetzen. Man muss das aber kombinieren mit einem flexiblen Jugendstrafrecht, das eine für junge Täter erlebbare Mischung aus Förderung und Strafe enthält. Dazu gehören Sozialstunden, Anti-Gewalt-Trainings, Berufsausbildung, aber auch die spürbare Einschränkung der Freiheit. Tunlichst nicht in Haft, sondern in – fallweise geschlossener – Jugendbetreuung. nd wahrscheinlich müssen auch die Eltern viel direkter herangezogen werden. Wer Aufsicht und Erziehung vernachlässigt, sollte mehr als bisher mit Sanktionen rechnen müssen. Speziell bei der Integration von Menschen aus anderen Kulturkreisen muss eine Normverdeutlichung stattfinden. Wer mit und bei uns leben will, hat unsere soziale und rechtliche Ordnung vollständig anzuerkennen und dies seinen Kindern zu vermitteln. In diesem Punkt erzeugt Nachsicht immer nur weitere Probleme.
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