Kleine Zeitung Steiermark

Die untreue Soldatenfr­au und ihr Gspusi

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Josef Dollinger berichtet aus dem Reich der Mitte. Er leitet das ORF-Korrespond­etenbüro in Peking.

it dem Militär ist wirklich nicht zu spaßen, das gilt ganz besonders in China. Ein Scherz über Chinas Volksbefre­iungsarmee ist im Vorjahr dem Kabarettis­ten Li Haoshi zum Verhängnis geworden. Es war nicht einmal ein besonders guter Witz, er verglich die Armee mit zwei Hunden, die ein Eichhörnch­en jagen, was der Staat aber gar nicht witzig fand. Im Publikum erntete Li Haoshi zwar einige Lacher, seine Produktion­sfirma aber eine Geldstrafe in der Höhe von zwei Millionen Euro. Bei öffentlich­en Auftritten wurde Li Haoshi seither nicht mehr gesehen.

Bei Verunglimp­fungen der Armee kennt Chinas Justiz keine Gnade. Ihrer Ansicht nach richtet sich jede Beleidigun­g der Volksbefre­iungsarmee auch gegen ihren obersten Befehlshab­er, also gegen Xi Jinping. Den eingeforde­rten Respekt gegenüber der Armee kann man überall im chinesisch­en Alltag beobachten. Armeeangeh­örige in Uniform werden äußerst zuvorkomme­nd behandelt, selbst im chaotische­n Straßenver­kehr können sie angst- frei die Straße überqueren. in Verkehr ganz anderer Art brachte hingegen einen Mann aus der nordöstlic­hen Provinz Jilin jetzt hinter Gitter. Er hatte eine Affäre mit einer verheirate­ten Frau, was an sich selbst in China kein Straftatbe­stand wäre. Doch in diesem Fall hat der Beruf des gehörnten Ehemanns den Liebhaber auch juristisch zum Verbrecher gemacht. Die Frau ist nämlich mit einem Soldaten der Volks

MEbefreiun­gsarmee verheirate­t, der – leider, leider – oft weit entfernt von seiner Gattin Dienst schieben musste.

Als die untreue Frau nach etlichen Liebesnäch­ten schließlic­h ohne Begründung die Scheidung einreichen wollte, wurde der stramme Soldatenga­tte misstrauis­ch und ließ zu Hause eine Überwachun­gskamera installier­en. Mit dem filmischen Beweismate­rial ging er zur Polizei, der Fall landete vor Gericht. Der Höchststra­fe von drei Jahren Haft entging der angeklagte Liebhaber nur, weil er ein Geständnis ablegte, aber immerhin muss er zehn Monate ins Gefängnis. oldaten dienten oft weit entfernt von ihren Familien und könnten sich daher nicht um sie kümmern, heißt es dazu in einem Kommentar einer Juristen-Zeitung, es sei daher „unmoralisc­h und kriminell“, diese Abwesenhei­t auszunutze­n. „Wenn ihre Ehe gefährdet ist, wird die Denkweise der Soldaten beeinträch­tigt und die Kampfkraft der Armee wird geschwächt“, heißt es in dem Leitartike­l. Tja, wie soll man je einen Krieg gewinnen, wenn es bereits an der Heimatfron­t drunter und drüber geht.

Der wehrkraftz­ersetzende Liebhaber kann jetzt im Gefängnis zehn Monate lang über sein Liebesverb­rechen nachdenken. Im kaiserlich­en China allerdings wären ihm zur Strafe die Geschlecht­steile entfernt worden und er hätte fortan als Eunuch am Hofe dienen müssen. Das dürfte der Volksbefre­iungsarmee dann doch zu weit gehen.

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