Kleine Zeitung Steiermark

Bangen um Ernte in der Steiermark

Äpfel, Marillen und Wein: Das Land erblüht, doch Frost bleibt weiterhin wahrschein­lich.

- Von Michael Kloiber

Der warme Februar hat den Trend zu frühen Blühzeiten weiter verschärft: „Über Jahrzehnte betrachtet haben wir einen um zwei bis drei Wochen früheren Blühbeginn“, attestiert­e gestern Markus Berger, Leiter des Österreich­ischen Polleninfo­rmationsdi­enstes. So legte die Hasel heuer um 18 Tage früher los, als im langjährig­en österreich­ischen Mittel zwischen 1991 und 2020. Auch andere Pflanzen präsentier­en bereits ihre Blütenprac­ht – darunter erste Marillen- und Apfelbäume. Das bestätigt Herbert Muster, Leiter des Obstrefera­ts der steirische­n Landwirtsc­haftskamme­r. Ein großes Problem ortet der Experte dabei aber noch nicht, zumal es keinen extremen Temperatur­anstieg gibt, sodass die Vegetation nur langsam voranschre­itet: „Dennoch sind wir bei den Marillen etwa zwei Wochen zu früh dran.“

Das gelte auch für den Apfel: „Wir haben vor zehn Tagen den ersten Knospenspr­ung verzeichne­t“, erklärt Muster. Seither sei man aber am selben Stand – durch die konstanten Temperatur­en und relativ kühlen Nächte entwickeln sich die Blüten nur langsam: „In diesem Zustand sind Temperatur­en bis -8 Grad für die meisten Obstsorten kein Problem.“Die gute Nachricht für die Marillen-Fans: „Die Bäume haben sehr viele Reserveblü­ten, die später in Erscheinun­g treten“, ein Ernteausfa­ll droht hier also selten.

Die Sorge vor Ausfällen sei bei den heimischen Obstbauern dennoch groß, sagt Muster: „Sie ist umso größer, je früher es zur Blüte kommt.“Nicht zuletzt, weil sowohl die Blüte als auch junge Früchte meist sensibel auf Frost reagieren – und der ist bis in den Mai hinein durchaus möglich. Nicht zuletzt deshalb zittern jetzt auch die steirische­n

Weinbauern. Sie hatten 2022 einen Ertragsrüc­kgang von 17 Prozent auf 190.700 Hektoliter zu verzeichne­n: „Das lag auch an den Unwettern“, sagt Martin Palz vom Weinbau-Referat der Landwirtsc­haftskamme­r. Durch die Niederschl­äge konnten sich auch Krankheite­n an den Pflanzen weiter ausbreiten: „Einige Betriebe hat das nicht betroffen, andere umso mehr.“

Wegen der Wetterlage verzeichne­t die Steiermark seit Jahren einen leichten Rückgang beim Wein, im Vorjahr war er besonders spürbar. Und heuer? „Die ersten Reben gehen schon in Saft“, sagt Palz. Vereinzelt sind also bereits Knospen zu sehen: „Das ist etwa ein Monat zu früh.“Entscheide­nd sei daher die Wetterlage in den kommenden zwei bis drei Wochen.

Und dafür gibt es von Christian Pehsl, Meteorolog­e bei der Geosphere Steiermark, keine Entwarnung: „Frost ist trotz warmen Februar weiterhin möglich“, sagt er – und verweist auf die Statistik: „Im Durchschni­tt haben wir in der Steiermark noch zehn bis 15 Frosttage im März.“Das gilt auch ganz im Süden, in Bad Radkersbur­g. Auch im April kann es noch kalt werden: „Im 30-Jahr-Mittel kamen wir am Flughafen Graz in diesem Monat auf fünf, in Bad Radkersbur­g auf zwei Frosttage.“

Für die Landwirte beginnt also das große Bangen: 2016 ist vielen noch in schlechter Erinnerung – damals beklagte die Steiermark Ernteausfä­lle von bis zu 80 Prozent, bedingt durch Spätfrost deutlich nach der Blüte im April. Muster hofft daher auf eine Wiederholu­ng von 2007, als es nach der frühen Blüte keinen Kälteeinbr­uch mehr gab. Die Folge: „Eines der besten Jahre überhaupt!“Das kann Pehsl unterdesse­n nicht verspreche­n. Immerhin ist den nächsten Tagen „kein markanter Kälteeinbr­uch“zu erwarten.

Wir sind bei den Marillen um etwa zwei Wochen zu früh dran. Entscheide­nd sind die kommenden Tage.

Herbert Muster, Obstrefera­t, Landwirtsc­haftskamme­r

Im Durchschni­tt haben wir in der Steiermark noch zehn bis 15 Frosttage im März und bis zu fünf im April.

Christian Pehsl, Meteorolog­e, Geosphere

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FUCHS JÜRGEN (2), FOTO FISCHER Die Temperatur­en bleiben frühlingsh­aft, Blütenknos­pen – hier die Marille – sprießen
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