Bangen um Ernte in der Steiermark
Äpfel, Marillen und Wein: Das Land erblüht, doch Frost bleibt weiterhin wahrscheinlich.
Der warme Februar hat den Trend zu frühen Blühzeiten weiter verschärft: „Über Jahrzehnte betrachtet haben wir einen um zwei bis drei Wochen früheren Blühbeginn“, attestierte gestern Markus Berger, Leiter des Österreichischen Polleninformationsdienstes. So legte die Hasel heuer um 18 Tage früher los, als im langjährigen österreichischen Mittel zwischen 1991 und 2020. Auch andere Pflanzen präsentieren bereits ihre Blütenpracht – darunter erste Marillen- und Apfelbäume. Das bestätigt Herbert Muster, Leiter des Obstreferats der steirischen Landwirtschaftskammer. Ein großes Problem ortet der Experte dabei aber noch nicht, zumal es keinen extremen Temperaturanstieg gibt, sodass die Vegetation nur langsam voranschreitet: „Dennoch sind wir bei den Marillen etwa zwei Wochen zu früh dran.“
Das gelte auch für den Apfel: „Wir haben vor zehn Tagen den ersten Knospensprung verzeichnet“, erklärt Muster. Seither sei man aber am selben Stand – durch die konstanten Temperaturen und relativ kühlen Nächte entwickeln sich die Blüten nur langsam: „In diesem Zustand sind Temperaturen bis -8 Grad für die meisten Obstsorten kein Problem.“Die gute Nachricht für die Marillen-Fans: „Die Bäume haben sehr viele Reserveblüten, die später in Erscheinung treten“, ein Ernteausfall droht hier also selten.
Die Sorge vor Ausfällen sei bei den heimischen Obstbauern dennoch groß, sagt Muster: „Sie ist umso größer, je früher es zur Blüte kommt.“Nicht zuletzt, weil sowohl die Blüte als auch junge Früchte meist sensibel auf Frost reagieren – und der ist bis in den Mai hinein durchaus möglich. Nicht zuletzt deshalb zittern jetzt auch die steirischen
Weinbauern. Sie hatten 2022 einen Ertragsrückgang von 17 Prozent auf 190.700 Hektoliter zu verzeichnen: „Das lag auch an den Unwettern“, sagt Martin Palz vom Weinbau-Referat der Landwirtschaftskammer. Durch die Niederschläge konnten sich auch Krankheiten an den Pflanzen weiter ausbreiten: „Einige Betriebe hat das nicht betroffen, andere umso mehr.“
Wegen der Wetterlage verzeichnet die Steiermark seit Jahren einen leichten Rückgang beim Wein, im Vorjahr war er besonders spürbar. Und heuer? „Die ersten Reben gehen schon in Saft“, sagt Palz. Vereinzelt sind also bereits Knospen zu sehen: „Das ist etwa ein Monat zu früh.“Entscheidend sei daher die Wetterlage in den kommenden zwei bis drei Wochen.
Und dafür gibt es von Christian Pehsl, Meteorologe bei der Geosphere Steiermark, keine Entwarnung: „Frost ist trotz warmen Februar weiterhin möglich“, sagt er – und verweist auf die Statistik: „Im Durchschnitt haben wir in der Steiermark noch zehn bis 15 Frosttage im März.“Das gilt auch ganz im Süden, in Bad Radkersburg. Auch im April kann es noch kalt werden: „Im 30-Jahr-Mittel kamen wir am Flughafen Graz in diesem Monat auf fünf, in Bad Radkersburg auf zwei Frosttage.“
Für die Landwirte beginnt also das große Bangen: 2016 ist vielen noch in schlechter Erinnerung – damals beklagte die Steiermark Ernteausfälle von bis zu 80 Prozent, bedingt durch Spätfrost deutlich nach der Blüte im April. Muster hofft daher auf eine Wiederholung von 2007, als es nach der frühen Blüte keinen Kälteeinbruch mehr gab. Die Folge: „Eines der besten Jahre überhaupt!“Das kann Pehsl unterdessen nicht versprechen. Immerhin ist den nächsten Tagen „kein markanter Kälteeinbruch“zu erwarten.
Wir sind bei den Marillen um etwa zwei Wochen zu früh dran. Entscheidend sind die kommenden Tage.
Herbert Muster, Obstreferat, Landwirtschaftskammer
Im Durchschnitt haben wir in der Steiermark noch zehn bis 15 Frosttage im März und bis zu fünf im April.
Christian Pehsl, Meteorologe, Geosphere
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