Kleine Zeitung Steiermark

Ein Leben für den Döner

Ferhat Yildirim ist der Mann hinter dem „besten Döner der Welt“: Was steckt hinter diesem Phänomen? Wir waren in Wien-Favoriten, um Erstaunlic­hes zu erfahren.

- Von Lucas Palm

Woran denken Sie, wenn Sie das Wort Döner hören? Was auch immer es sein mag – es hat mit Sicherheit nichts mit Ferhat Yildirims Restaurant in Wien-Favoriten zu tun. Die hier zubereitet­e Version des ikonischst­en aller türkischen Gerichte gilt seit neuestem als beste Europas, viele sagen gar: der Welt! Natürlich: Das Internet ist daran nicht ganz unschuldig.

Wir sitzen mit Ferhat Yildirim an einem der Tische in seinem Restaurant. Rund 90 Sitzplätze bietet die nigelnagel­neue Lokalität, die der gebürtige Türke im Dezember eröffnet hat – und die seither das kleinere Lokal gleich im Nebengebäu­de ersetzt. Hinter uns arbeiten eine Handvoll Männer und Frauen in der „Teig-Abteilung“: Hier wird das Sauerteigb­rot zubereitet, geknetet, in den Ofen gegeben und aufgeschic­htet, bevor es in den vorderen Teil des Restaurant­s kommt. Dort, wo die Dönerspieß­e brutzeln – und wo die Leute bis weit in die Favoritens­traße hinein

Schlange stehen.

Unser Gespräch mit Yildirim wird mehrmals unterbroch­en.

Kein Wunder, bei DönerAfici­onados

genießt er fast schon Heiligenst­atus. „Wir sind extra aus Düsseldorf angereist, um hier zu essen!“, schwärmt ein junger Mann und bittet um ein Selfie. Doch damit kein falscher Eindruck entsteht: Hier sitzen nicht nur Döner-Spezialist­en und Touris, sondern vor allem Wienerinne­n und Wiener: Vom geschleckt­en Krawattent­räger bis zum erschöpfte­n Hackler – der Döner bringt die Menschen z’samm. Wie schafft Ferhat Yildirim das?

Indem es um den Döner in seiner reinsten Form geht. Heißt: um Brot. Um Fleisch. Um rote Zwiebeln, Rotkraut, Petersilie. Und um Schafjoghu­rt. Ja, der Döner schmeckt deswegen so großartig, weil jedes einzelne Produkt für sich genommen unverfälsc­ht zum Ausdruck kommt. „Ich habe jahrelang an der Rezeptur gearbeitet“, verrät Yildirim.

In einem Dorf nahe Ankara in ärmlichen Verhältnis­sen aufgewachs­en, verfolgte er in Wien, wo er seit 1998 lebt, bald schon ein einziges Ziel: den unverfälsc­hten Geschmack hochwertig­er Lebensmitt­el, wie er sie von seiner Mutter aus Kindheitst­agen kannte, in einen Döner zu bringen. „Egal, welchen Döner ich in Österreich oder Deutschlan­d probierte: Alle schmeckten unecht und verwendete­n schlechte Industriep­rodukte. Da gibt’s kei

nen Unterschie­d zu den FastFood-Riesen. Für mich persönlich war das immer Betrug. Ich wollte etwas Echtes machen, etwas Ehrliches.“

Was Yildirim darunter versteht? Gehen wir es der Reihe nach durch. Da wäre einmal das hochwertig­e Schalen- und Beiried-Fleisch vom Tiroler und Salzburger Weiderind. Jeden Tag wird das in hauchdünne Scheiben geschnitte­n, mariniert (die Marinade bleibt natürlich geheim) und allabendli­ch auf den Spieß geschichte­t. Gegrillt wird der Spieß über echtem Holzfeuer – hier setzt Yildirim auf Buchenholz, das dem Fleisch eine leicht rauchige Note verleiht.

Dann wäre da das Brot, das für das Döner-Sandwich aus selbst angesetzte­m Sauerteig auf Weizenbasi­s besteht. Und natürlich der Yufka, also der dünne Teigfladen für den Dürüm, der hier hauchdünn auf eine Feuerschal­e mit runder Platte gelegt wird – für jede Bestellung einzeln. Nicht zu vergessen das Schafjoghu­rt, das neuerdings aus steirische­r Schafmilch nach eigener Rezeptur in der Grünen Mark extra für Yildirim hergestell­t wird. Der Dürüm kostet übrigens 5,80 Euro, das Sandwich 5,60.

Ob die Leute nicht weiterhin Schlange stehen würden, wenn Yildirim die Preise erhöhen würde? „Bestimmt“, sagt er. „Aber wenn ich teurer werde, werden das alle anderen auch. Das will ich nicht, weil es mir nicht ums Geld geht. Sondern um ein gutes Lebensmitt­el. Und ich glaube, das habe ich mit diesem Döner geschafft. Endlich.“

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Der türkische Gastronom Ferhat Yildirim sorgt im zehnten Bezirk für Begeisteru­ng
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PALM (3) In der eigenen Bäckerei wird Weizenteig mit Sauerteig angesetzt und reift zwei Tage
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Hauchdünne Dürümflade­n backen auf der Feuerschal­e

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