Schreiende Stille zum Stiftungsrat
Noch verblüffender als die Bestellung von Peter Westenthaler zum neuen ORF-Stiftungsrat der FPÖ ist lediglich, wie wenig Widerstand es dagegen gab. Von den politischen Mitbewerbern verlangte nur Muna Duzdar eine Prüfung allfälliger Unvereinbarkeiten.
Zur Erinnerung: Sie war in den 19 Monaten vor der ersten Regierung unter Sebastian Kurz die letzte Staatssekretärin der SPÖ im Kanzleramt, kam nach vier Jahren Pause 2023 statt Pamela RendiWagner zurück in den Nationalrat und ist seitdem die sozialdemokratische Mediensprecherin. Ihre frühere Exper- tise für dieses Thema entspricht jenem von Susanne Raab, dem Volkspartei-Gegen- über in der Koalition: null. Aber immerhin war sie noch vor dem ORF-Redakteursrat die einzige Zuständige, die sich lauthals gegen Westenthaler gewehrt hat.
Ob der heute 56-Jährige aus der einstigen Buberlpartie von Jörg Haider rechtlich wirklich nicht zu verhindern war, sei angezweifelt. Seine Vorab-Einstufungen des ORF als „Propagandamaschinerie“widersprechen der Geschäftsordnung des Stiftungsrats, im Kontakt mit der Öffentlichkeit Nachteile für das Ansehen des Unternehmens zu vermeiden.
Die Äußerungen stehen zudem im Gegensatz zum Gesetz, dass Stiftungsräte dieselbe Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit wie Aufsichtsratsmitglieder einer Aktiengesellschaft hätten. Doch nicht einmal ein mahnender Hinweis begleitete die Bestellung Westenthalers, der sich am Vorabend schon strahlend mit dem ebenfalls fröhlich lachenden ORF-General Roland Weißmann bei einer Programmpräsentation fotografieren lassen konnte.
Die Mediensprecher Kurt Egger (ÖVP) und Eva Blimlinger (Grüne) schwiegen aus Parteiräson. Dass Henrike Brandstötter (Neos) bloß vorab einen Entpolitisierung fordernden Zweizeiler auf X lieferte, darf aber ebenso verblüffen wie die Stille von Duzdar nach der Ernennung. Die Erklärung dafür liegt im brüllenden Schweigen der anderen 34 Stiftungsräte – vom grünen Vorsitzenden Lothar Lockl bis zu Heinz Lederer, dem Dirigenten des roten Freundeskreises.
Die sechs direkt von den Parteien nominierten Vertreter wie auch ihre indirekt zuzuordnenden Kollegen fürchten durchwegs Revanchefouls, wenn die Personalautonomie des gesetzlich definierten Absenders durchbrochen wird. Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus. Doch alle gemeinsam picken immer noch größere Löcher in die Fassade des ORF. Seine Gremienreform muss deutlich umfassender werden als nur die Reparatur der als verfassungswidrig aufgehobenen Passagen bis zum 1. April nach der nächsten Nationalratswahl.