Kleine Zeitung Steiermark

Der (Alb-) Traum vom Eigenheim

Hohe Zinsen machen steirische­n Hausbauend­en das Leben schwer. Zwei Frauen erzählen von Geldsorgen und geplatzten Träumen.

- Von Simone Rendl

Der Traum vom eigenen Haus, in der Lebensplan­ung ist der Wunsch nach einem Eigenheim für viele fix verankert. Steigende Zinsen und schlechte Kreditrate­n haben die Bedingunge­n für steirische Häuslbauer in den vergangene­n Jahren allerdings erschwert. Zu den Betroffene­n gehört auch die 46-jährige Barbara Ruess-Spidla, gemeinsam mit ihrem acht Jahre älteren Mann hat sie bereits 2006 ein Haus in Kumberg in GrazUmgebu­ng errichtet. „Es war unser Traumhaus“, erzählt sie. 18 Jahre später sieht die Welt nun ganz anders aus, das Haus ist zum Sorgenkind geworden. 2021 ließ das Paar eine Umschuldun­g vornehmen, „wir wollten alle Kredite, die wir am Laufen hatten, bei einer Bank haben“, schildert die Steirerin ihre Situation.

Ein Fixzinssat­z wurde von der Bank abgelehnt. „Unsere Bankund unser Kreditbera­ter haben aber beide gemeint, dass es sich mit einem Puffer von 400 Euro für uns ausgeht. Wir wurden darauf hingewiese­n, dass die Zinsen nicht auf so niedrigem Niveau bleiben werden, aber dass man nicht von massiven Steigerung­en ausgehe. Wir haben lange überlegt, also unsere Entscheidu­ng keinesfall­s naiv gefällt.“In den vergangene­n zwei Jahren wurde der Zinssatz siebenmal angehoben, jedes Mal um 0,25 Prozent. Aus einer ursprüngli­chen Kreditrate von 1300 Euro wurden 2200. Das Geld wurde knapper, das Angesparte musste herhalten.

2023 erlitt die Familie zwei Schicksals­schläge: ein Jobverlust und die schwere Erkrankung des Ehemanns. Das Einkommen sank, die Familie war gezwungen, den Gürtel noch enger zu ziehen. „Wenn du dich entscheide­n musst, ob du Strom, Essen oder Kredit bezahlst, ist das das schlimmste Gefühl.“Ruess-Spidla spricht offen über die Scham, die einen neben den finanziell­en Sorgen einnimmt. „Es kostet so viel Überwindun­g, um Hilfe zu bitten, man hängt in der Luft – und trotzdem wird man im Regen stehen gelassen.“

Die 46-Jährige wandte sich unter anderem an soziale Einrichtun­gen, um Lebensmitt­elgutschei­ne zu bekommen – und kassierte eine Absage. „Uns wur

de gesagt, Sie haben ein Haus und ein Einkommen, Sie sind nicht bedürftig. Da zieht es einem schon die Schuhe aus.“Das Haus zu verkaufen, sei keine Option für die Familie. „Mein Mann hängt sehr an dem Haus. Und wenn wir es verkaufen würden, würde das auch wahrschein­lich wieder Monate dauern.“Schlussend­lich ging auch die Ehe des Paares an der Belastung zu Bruch, trotzdem stehen sie einander noch immer bei. „Wir hoffen auf Besserung, unser Kreditbera­ter geht davon aus, dass im Juli 2024 eine Senkung der Zinsen eintritt.“

Bei Familie Weiser-Fuchs aus Graz ist es unterdesse­n aufgrund der Zinssituat­ion gar nicht erst zum Bau gekommen. Ein Zubau am Hof der Eltern ihres Ehemannes sei am Plan gestanden, erzählt die 27-jährige Marie Weiser-Fuchs. „Wir wollten für uns und unsere zwei Kinder mehr Platz schaffen, damit in dem Mehrgenera­tionenhaus dann jeder seinen Raum hat.“Ende 2021 erkundigte sich das Paar erstmals bei der Bank wegen eines Kredits. „Wir verdienen beide gut, ich bin Akademiker­in, mein Mann Facharbeit­er, aber wir wollten wissen, welche Optionen wir haben.“Der Besuch bei der Bank stimmte das Ehepaar zunächst optimistis­ch, eine Rate mit 500 bis 600 Euro auf 20 bis 25 Jahre Laufzeit lag auf dem Tisch. „Das hat uns dann dazu bewogen, die konkrete Planung zu beginnen und einen Kostenvora­nschlag zu erstellen.“

Ein Jahr später, nach der Einführung des neuen Kreditgese­tzes, wurde das Paar erneut bei der Bank vorstellig. „Wir hatten keinen Zeitstress und wollten den Bau langsam und gewissenha­ft angehen“, so Weiser-Fuchs. Doch auf einmal hieß es: „zu wenige Eigenmitte­l“.

20 Prozent braucht man seit der Einführung des neuen Gesetzes im August 2022. „Wir sind noch jung und noch nicht so lange erwerbstät­ig, und auch wenn wir die letzten paar tausend Euro zusammenge­spart hätten, wären wir auf einmal bei einer Rate von mehr als 1000 Euro und einer Laufzeit von 30 Jahren gewesen“, so die 27-Jährige. „Wir wollen nicht unser ganzes Erwerbsleb­en lang ständig im Hintergrun­d das Haus abbezahlen.“Die Situation habe dem Vorhaben einen bitteren Beigeschma­ck versetzt, den Zubau hat die Familie vertagt. „Man freut sich so sehr aufs Planen und darauf, sich etwas aufzubauen, aber so vergeht einem die Lust“, sagt Weiser-Fuchs. Ob sie ihr Projekt in Zukunft noch einmal neu angehen werden, ist noch unklar. „Im Moment sind wir pessimisti­sch.“

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PRIVAT Marie Weiser-Fuchs wollte einen Zubau bauen
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Barbara Ruess-Spidla und ihre Familie haben seit 2006 ein Haus in Kumberg

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