Fehlender Kollektivvertrag ist „respektlos“
Hunderte Heilmasseure stehen nach wie vor ohne Kollektivvertrag da. Warum das so ist uns was es für Betroffene bedeutet.
Es ist ein Ungleichgewicht innerhalb der Berufsgruppe: Während Heilmasseurinnen und -masseure, die in Kur- und Heilanstalten, in Krankenhäusern und bei Ärzten angestellt sind, über Kollektivverträge verfügen, stehen jene bei eigenständigen Ambulatorien für physikalische Therapien nach wie vor ohne da. Einzige Ausnahme ist Wien. Hunderte Arbeitnehmer sind betroffen und müssen nicht nur ihr Gehalt, sondern auch Sonderzahlungen und Schutzbestimmungen bei Kündigungen selbst aushandeln.
Ein Problem, das dem Bundesverband der Medizinischen Masseure und Heilmasseure extrem sauer aufstößt. „Schon seit 2014 setzen wir uns für einen Kollektivvertrag ein, bisher haben wir uns aber jahrelang umsonst bemüht“, meint die steirische Bundeslandvorständin Sigrid Wesiak. Nach ihrem Empfinden ist das Arbeiten ohne Kollektivvertrag den Heilmasseurinnen und Heilmasseuren gegenüber „einfach respektlos“, wie Wesiak sagt.
Auch die Landesgeschäftsführerin der Gewerkschaft Vida, Michaela Göschl, würde sich eine bessere Gesprächsbasis wünschen. „Grundsätzlich hakt es daran, dass es immer einen Verhandlungspartner braucht. Wir haben in der Vergangenheit Initiativen gesetzt. Leider ist bis heute noch nichts zustande gekommen“, meint sie.
Anders sieht das der Fachgruppengeschäftsführer für Gesundheitsbetriebe in der Wirtschaftskammer, Michael Wiesler. Laut ihm sei das Thema zuletzt 2015 auf den Tisch gekommen, als auf Bundesebene über einen Kollektivvertrag verhandelt wurde. Daraus ging schlussendlich nur der Wiener Vertrag hervor. Die Steiermark sei hier laut Gewerkschafterin Göschl von Anfang an nicht dabei gewesen.
Wiesler begründet das mit den unterschiedlichen Strukturen in Wien und den übrigen Bundesländern: „Viele der eigenständigen Ambulatorien haben Kassenverträge, die Tarife sind in Wien aber höher als zum Beispiel in der Steiermark.“Die WKO sei jedoch immer gesprächsbereit, allerdings müss
” Einheitlicher Kollektivvertrag rechtlich nicht möglich.
Michaela Göschl Geschäftsführerin Vida Steiermark
” Es ist seit 2015 niemand mehr an uns herangetreten.
Michael Wiesler WKO Steiermark
” Wir haben uns jahrelang umsonst bemüht.
Sigrid Wesiak Bundeslandvorständin Heilmasseure
ten sich die niedrigeren Tarife in der Steiermark auch in einem möglichen Kollektivvertrag widerspiegeln.
Wesiak führt den fehlenden Kollektivvertag auch auf zu geringen Druck aus den eigenen Reihen zurück. Kaum jemand traue sich aufzustehen, aus Angst, gekündigt zu werden. „Wir haben in dem Bereich kaum Mitglieder, das macht es für uns schwer zu argumentieren, warum wir uns für Nichtmitglieder stark machen. Nichtsdestotrotz werden wir es tun“, meint Göschl.
Aber auch die bestehenden Kollektivverträge für Krankenhäuser, Ärzte und Heilanstalten sind nicht einheitlich, die Gehälter im ersten Dienstjahr variieren um mehrere hundert Euro – obwohl sie die gleiche Ausbildung absolviert haben. Die vermeintlich einfache Lösung – ein einheitlicher Kollektivvertrag für alle Heilmasseure – wäre wegen der unterschiedlichen Spartenzughörigkeit laut Göschl allerdings rein rechtlich gar nicht möglich.