„Das Ziel ohne Rücksicht auf Verluste erreichen“
Zehn Mitglieder einer internationalen Schlepperbande wurden gestern in Graz zu hohen Haftstrafen verurteilt.
Der führende Ermittler gab gestern am Landesgericht Graz Einblick in eine „hierarchisch organisierte, arbeitsteilige kriminelle Vereinigung“. Ab August 2023 häuften sich Schlepperfahrten von Ungarn durch die Steiermark, bei denen jeweils an die 30 „Migranten unter oft lebensgefährlichen Bedingungen“transportiert wurden. Die Kastenwagen wurden von einem Vorausfahrzeug und einem nachfahrenden Auto eskortiert, die meist schwedische Kennzeichen hatten.
Mehrere Transporte wurden von der Polizei gestoppt, Mobiltelefone wurden sichergestellt und genauso wie Verkehrskameras von ungarischen und österreichischen Beamten ausgewertet. Schließlich gab es eine Schwerpunktaktion unter Einsatz von Cobra und Bundeskriminalamt, bei der fünf Schlepper festgenommen werden konnten. Bis zu 50.000 Euro soll die Bande bei einer Fahrt eingenommen haben. Die „Passagiere“zahlten 2500 Euro für eine Fahrt nach Deutschland, 1500 für Österreich.
Ab 2023 habe es eine „gefährliche Entwicklung“gegeben, sagt der Beamte: Die Täter seien zum Teil mit Pistolen mit Schalldämpfer bewaffnet gewesen. Ein „riesiges Netz an Anwerbern“rekrutierte Fahrer, die „aus Geldgier“unter dem Motto „Schnelles Geld, geringes Risiko“arbeiteten, wenn auch ihr Fahrverhalten und ihr Verhalten auf der Flucht sehr riskant gewesen sei. Ihre Anweisung: das Ziel „ohne Rücksicht auf Verluste erreichen“. Von zehn Angeklagten gehören seiner Einschätzung nach sieben der unteren und mindestens zwei der mittleren Ebene an.
Die Anwälte protestierten, dass der Zeuge nur aus seinen
Unterlagen vorlas. „Das sind nun einmal die Ermittlungsergebnisse“, quittierte die Richterin. Der Zeuge müsse sie nicht auswendig lernen. Laut Staatsanwältin ist dieser Prozess „nur ein kleiner Ausschnitt eines weiteren Verfahrens“.
Eine der Fahrten verlief spektakulär: Zwei Angeklagte fuhren mit dem Kastenwagen voller Flüchtlinge, als sie einer Zivilstreife auffielen und sich nicht stoppen ließen. Da der Lenker keinen Führerschein hatte, tauschte er in voller Fahrt mit seiner Freundin den Platz. Sie konnte nicht bremsen und fuhr in ein Polizeiauto. Erst als die Polizei mit gezogener Waffe auf sie zuging, gaben sie auf.
Der Schöffensenat fällte zehn Schuldsprüche. Die Haftstrafen liegen zwischen zweieinhalb und drei Jahren und drei Monaten. Alfred Lobnik