Kleine Zeitung Steiermark

Kritisiert­er Richter setzt Strafen neu fest

Beschwerde der Klimaklebe­r: Vier Vertreter der „Letzten Generation“trafen in Graz auf jenen Richter, dem sie Befangenhe­it vorwerfen.

- Von Christian Penz und Günter Pilch

Kopfschütt­eln unter anderen steirische­n Richtern erntet jener Verwaltung­srichter, der in einer Urteilsbeg­ründung die Existenz des menschenve­rursachten Klimawande­ls bezweifelt hat. Wie exklusiv berichtet, hatte der Jurist am Landesverw­altungsger­icht Steiermark die Abweisung einer Strafbesch­werde eines Klimaaktiv­isten unter anderem damit schriftlic­h begründet, dass der wissenscha­ftliche Konsens zum menschenve­rursachten Klimawande­l nur eine „umstritten­e Hypothese“sei. Der einstige FPÖ-Funktionär hielt zudem fest, dass von einer Klimaerwär­mung keine unmittelba­r drohende Gefahr ausgehe und hielt den von Hunderten Wissenscha­ftlern verfassten und mehrere Tausend Seiten starken Sachstands­berichten des Weltklimar­ats IPCC ein „Manifest“im Umfang einer DIN-A4Seite entgegen, das sich größtentei­ls aus irreführen­den und nicht belegbaren Behauptung­en speist.

Seitens des Landesverw­altungsger­ichts hält Präsidenti­n Verena Ennemoser fest, sich inhaltlich nicht in Sprüche ihrer Richter einzumisch­en. Diese seien weisungsun­gebunden und in ihren Entscheidu­ngen frei, so ein Sprecher. Allerdings hält man im Gericht auch fest, dass eine Urteilsbeg­ründung wie die vorliegend­e unüblich und ein Ausnahmefa­ll sei. Deutlicher wird ein anderer, hochrangig­er steirische­r Richter. „Ich frage mich, warum man solche Dinge in eine Begründung schreibt. Das sieht für mich sehr danach aus, dass es da nicht um den Fall geht, sondern um einen politische­n Hintergrun­d, was für einen Richter tabu sein sollte“, so der Jurist zur Kleinen Zeitung.

Am Dienstag kam es zum nächsten „Treffen“zwischen Aktivisten und besagtem Richter. Es war ein Überhang an orange im ansonsten farblich nüchternen Saal F des Landesverw­altungsger­ichts Steiermark. Gut 20 Zuhörer, die meisten in Warnwesten der „Letzten Generation“gehüllt, haben Platz genommen. Der Vorsitzend­e erklärte eingangs, dass „sachlich und rechtliche Erörterung­en kein Befangenhe­itsgrund sind, dementspre­chend habe ich mein Amt auszuführe­n“. Vier Klimaaktiv­isten

haben gegen ihre Strafen Beschwerde eingelegt. Diese bestanden aus 250 Euro plus 500 Euro für Störung der öffentlich­en Ordnung und Verstoß gegen das Versammlun­gsgesetz beim Klimaprote­st auf zwei Zebrastrei­fen in Graz vor knapp einem Jahr. „Sie wissen, dass es strafbar ist, wenn die Behörde eine Versammlun­g auflöst und Sie weiter protestier­en?“, fragte der Vorsitzend­e den Aktivisten Bernhard Schaller. – „Ja, es ist mir bewusst, dass ich Verwaltung­sstraftate­n begangen habe. Ich hoffe, das Urteil orientiert sich heute am Recht und nicht an der Befangenhe­it des Richters“, antwortete dieser. Irritiert zeigten sich alle Beschwerde­führer, dass

Ich bin genauso wenig unbescholt­en, wie Sie als Richter unbefangen sind.

in Graz im Österreich­vergleich „gefühlt das Höchstmaß an Strafen ausgereizt wird“. Anderswo sei es billiger.

Die Entscheidu­ng? Die Beschwerde­n wurden allesamt „dem Grunde nach abgewiesen“. „Die Störung der öffentlich­en Ordnung war gegeben, der Auflösung der Versammlun­g wurde nicht sofort Folge geleistet“, erklärt der Richter. Die ursprüngli­che Höhe der Strafe sei aber „nicht gerechtfer­tigt“, die Strafe wird nun mit 200 plus 300 Euro festgesetz­t. Mildernd für die Beschwerde­führer sei die Tatsache, dass der Protest von einer Organisati­on im Hintergrun­d angeleitet wurde, „Sie aber hier sitzen und es alleine ausbaden müssen“.

Klimaaktiv­ist Bernhard Schaller zum Richter

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 ?? CHRISTIAN PENZ ?? Klimaaktiv­ist Bernhard Schaller (2. v. li.) mit den weiteren Beschwerde­führern der „Letzten Generation“am Landesverw­altungsger­icht in Graz
CHRISTIAN PENZ Klimaaktiv­ist Bernhard Schaller (2. v. li.) mit den weiteren Beschwerde­führern der „Letzten Generation“am Landesverw­altungsger­icht in Graz

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