Kritisierter Richter setzt Strafen neu fest
Beschwerde der Klimakleber: Vier Vertreter der „Letzten Generation“trafen in Graz auf jenen Richter, dem sie Befangenheit vorwerfen.
Kopfschütteln unter anderen steirischen Richtern erntet jener Verwaltungsrichter, der in einer Urteilsbegründung die Existenz des menschenverursachten Klimawandels bezweifelt hat. Wie exklusiv berichtet, hatte der Jurist am Landesverwaltungsgericht Steiermark die Abweisung einer Strafbeschwerde eines Klimaaktivisten unter anderem damit schriftlich begründet, dass der wissenschaftliche Konsens zum menschenverursachten Klimawandel nur eine „umstrittene Hypothese“sei. Der einstige FPÖ-Funktionär hielt zudem fest, dass von einer Klimaerwärmung keine unmittelbar drohende Gefahr ausgehe und hielt den von Hunderten Wissenschaftlern verfassten und mehrere Tausend Seiten starken Sachstandsberichten des Weltklimarats IPCC ein „Manifest“im Umfang einer DIN-A4Seite entgegen, das sich größtenteils aus irreführenden und nicht belegbaren Behauptungen speist.
Seitens des Landesverwaltungsgerichts hält Präsidentin Verena Ennemoser fest, sich inhaltlich nicht in Sprüche ihrer Richter einzumischen. Diese seien weisungsungebunden und in ihren Entscheidungen frei, so ein Sprecher. Allerdings hält man im Gericht auch fest, dass eine Urteilsbegründung wie die vorliegende unüblich und ein Ausnahmefall sei. Deutlicher wird ein anderer, hochrangiger steirischer Richter. „Ich frage mich, warum man solche Dinge in eine Begründung schreibt. Das sieht für mich sehr danach aus, dass es da nicht um den Fall geht, sondern um einen politischen Hintergrund, was für einen Richter tabu sein sollte“, so der Jurist zur Kleinen Zeitung.
Am Dienstag kam es zum nächsten „Treffen“zwischen Aktivisten und besagtem Richter. Es war ein Überhang an orange im ansonsten farblich nüchternen Saal F des Landesverwaltungsgerichts Steiermark. Gut 20 Zuhörer, die meisten in Warnwesten der „Letzten Generation“gehüllt, haben Platz genommen. Der Vorsitzende erklärte eingangs, dass „sachlich und rechtliche Erörterungen kein Befangenheitsgrund sind, dementsprechend habe ich mein Amt auszuführen“. Vier Klimaaktivisten
haben gegen ihre Strafen Beschwerde eingelegt. Diese bestanden aus 250 Euro plus 500 Euro für Störung der öffentlichen Ordnung und Verstoß gegen das Versammlungsgesetz beim Klimaprotest auf zwei Zebrastreifen in Graz vor knapp einem Jahr. „Sie wissen, dass es strafbar ist, wenn die Behörde eine Versammlung auflöst und Sie weiter protestieren?“, fragte der Vorsitzende den Aktivisten Bernhard Schaller. – „Ja, es ist mir bewusst, dass ich Verwaltungsstraftaten begangen habe. Ich hoffe, das Urteil orientiert sich heute am Recht und nicht an der Befangenheit des Richters“, antwortete dieser. Irritiert zeigten sich alle Beschwerdeführer, dass
Ich bin genauso wenig unbescholten, wie Sie als Richter unbefangen sind.
in Graz im Österreichvergleich „gefühlt das Höchstmaß an Strafen ausgereizt wird“. Anderswo sei es billiger.
Die Entscheidung? Die Beschwerden wurden allesamt „dem Grunde nach abgewiesen“. „Die Störung der öffentlichen Ordnung war gegeben, der Auflösung der Versammlung wurde nicht sofort Folge geleistet“, erklärt der Richter. Die ursprüngliche Höhe der Strafe sei aber „nicht gerechtfertigt“, die Strafe wird nun mit 200 plus 300 Euro festgesetzt. Mildernd für die Beschwerdeführer sei die Tatsache, dass der Protest von einer Organisation im Hintergrund angeleitet wurde, „Sie aber hier sitzen und es alleine ausbaden müssen“.
Klimaaktivist Bernhard Schaller zum Richter