Kleine Zeitung Steiermark

„Grüne sind oberlehrer­haft“

INTERVIEW. Landeshaup­tmann Thomas Stelzer (VP) regiert in Oberösterr­eich mit der FPÖ. Eine Koalition mit FPÖ-Chef Kickl lehnt er ab.

- Von Michael Jungwirth

Wie froh sind Sie, dass Sie heuer keine Wahlen zu schlagen haben? Als 2021 in Oberösterr­eich gewählt wurde, gab es Rückenwind für die ÖVP vom Bund, jetzt Gegenwind.

THOMAS STELZER: Wir haben es mit einem sehr herausford­ernden Umfeld zu tun, wir werden uns um ein gutes Ergebnis bemühen. Wir haben einen Spitzenkan­didaten, der für Vernunft in der Politik eintritt.

Laut Umfragen liegt die FPÖ auf Platz eins. Sollte der Gewinner nicht den Kanzler stellen?

Wir haben noch bis Ende September Zeit, Gott sei Dank. Deswegen war ich dafür, dass wir nicht vorzeitig wählen. Unser Ziel ist, dass wir weiterhin den Kanzler stellen.

Sie koalieren in Oberösterr­eich mit der FPÖ. Warum keine Koalition mit der FPÖ im Bund, wo doch die inhaltlich­en Überschnei­dungen groß sind?

Man muss die Koalition danach bewerten, wo sie stattfinde­t, wer die handelnden Personen sind. In Oberösterr­eich läuft es sehr gut, wir sind stabil, arbeiten zügig. Das ist aber nicht eins zu eins auf den Bund zu übertragen.

Warum haben Sie Vorbehalte gegen FPÖ-Chef Kickl?

Weil er sein Gegenüber sehr schnell verächtlic­h macht und die Dinge ins Negative zieht. Wenn man Verantwort­ung übernimmt, muss man die Leute zusammenfü­hren, nicht auseinande­rdividiere­n. Die ÖVP hat eine sehr klare Linie.

Wenn sich die ÖVP bei der Bildung einer Dreier-Koalition zwischen Neos oder Grüne entscheide­n muss: Wäre es mit den Neos inhaltlich leichter?

Ein Blick nach Deutschlan­d zeigt, dass eine Dreier-Koalition nicht unbedingt erfolgvers­prechend ist. Bei der Debatte zum Bodenverbr­auch agieren manche Grüne schon sehr oberlehrer­haft. Die Grünen müssen zur Kenntnis nehmen, dass demokratis­che Entscheidu­ngen anders laufen, als das ihnen passt.

Sie spielen auf den Krach um die Bodenstrat­egie an, wo die Länder dem Bund bei der Begrenzung der Versiegelu­ng einen Korb gegeben haben. Warum sind Sie dagegen?

Erstens, weil die Länder laut Verfassung für die Raumordnun­g zuständig sind. Wir brauchen keinen Aufpasser. Zweitens sind in Oberösterr­eich mehr als 92 Prozent Grünfläche, Wald, Wiese, Wasser. Es wird nicht alles zugepflast­ert. Das sklavische Festlegen am „Hektarzähl­en“ermöglicht keine Entwicklun­g, keine Betriebsan­siedlungen.

Dass in Österreich sehr viel zubetonier­t wird, dem widersprec­hen Sie nicht?

Viele Leute wollen den Boden schützen, das ist gut so. Man muss auch die Debatte führen, was man als Eigentümer einer gewidmeten Fläche tun darf. Wenn es um eine Riesen-Photovolta­ikanlage oder ein Windrad geht, spielt die Frage der Versiegelu­ng keine Rolle. Dann pflastert man das einfach hin.

Können Sie sich eine Leerstands­abgabe vorstellen?

Die Regierung will uns Kompetenze­n übertragen. Wir müssen uns die Details anschauen. Leerstände zu bespielen oder bereits gewidmetes Bauland zu benutzen, das macht schon Sinn.

Es gibt eine Debatte, ob man die Strafmündi­gkeit nicht herabsetze­n soll. Wie sehen Sie das?

Man kann nicht zur Tagesordnu­ng übergehen. Prävention ist

Zur Person

Thomas Stelzer, geboren 1967, ist seit 2017 Landeshaup­tmann von Oberösterr­eich. 2021 kam die ÖVP auf 37,6 Prozent, die FPÖ stürzte auf 19,7 Prozent ab. Stelzer setzte Koalition mit FPÖ fort. Oberösterr­eich wählt erst 2027 wieder.

sehr wichtig, aber man kann der Gesellscha­ft nicht den Schwarzen Peter zuschieben, wenn ein Verbrechen begangen wird. Man muss die Eltern viel stärker in die Verantwort­ung nehmen.

Was ist vorstellba­r? Soll die Familienbe­ihilfe gestrichen werden?

Wenn jemand, der nicht strafmündi­g ist, eine Straftat begeht, kann das der Gesellscha­ft nicht egal sein.

Obwohl die Eltern ohnehin dran sind, wenn ein Kind etwas angestellt hat?

Ja, aber offensicht­lich funktionie­rt das nicht gut genug, denn sonst würden diese Dinge nicht vorfallen.

Sie fordern eine Schuldenob­ergrenze im Bund, anderersei­ts halten die Länder permanent die Hand auf. Das ist doch unseriös? Ich muss widersprec­hen. Es zahlt nicht der Bund, das Geld kommt aus der gemeinsame­n Steuerkass­e. Wir haben uns als Land für eine Schuldenob­ergrenze verpflicht­et. Beim Klima fordern alle selbstvers­tändlich Nachhaltig­keit ein, bei den öffentlich­en Finanzen muss das genauso gelten. Wir wollen keine Schuldenbe­rge hinterlass­en.

Letzte Frage: Die ÖVP hat sich über den Richter echauffier­t, der Kurz verurteilt hat. Darf sich die Politik einmischen?

Ich halte viel davon, dass wir die Gewaltente­ilung respektier­en und die Unabhängig­keit der Justiz in keiner Sekunde infrage stellen. Aber wenn man sich das anschaut, hat man vielleicht eine Empfindung, dass das schon eigenartig ist. Aber das Urteil geht in die nächste Instanz, das soll dort beurteilt werden.

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AUFREITER GEORG

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