... da fallen nach 100 Jahren letzte Späne
Ausgehobelt: Die Tischlerei Rauscher, 1919 gegründet, sperrt Ende März zu. Lage am Bau setzt viele Tischlereien unter Druck, andere mit Fokus auf Private klopfen auf Holz.
Die Geschichte des Unternehmens selbst hat insgesamt 105 Jahre auf dem Buckel, am heutigen Standort in der Andritzer Reichsstraße in Graz zählt man auch schon 35 Jahre. Leider kommt aber kein weiteres hinzu – denn die Tischlerei Rauscher, ein über die Stadtgrenzen hinaus bekannter Traditionsbetrieb, sperrt zu. „Ja, mit 31. März schließen wir unser operatives Geschäft und die Werkstatt“, bestätigt Felix Rauscher der Kleinen Zeitung. Die Gründe für diesen Schritt seien vielfältig, auch wenn die Auf- tragslage selbst stets gut gewesen sei. „Aber natürlich spüren wir die Teuerungen und den Mangel bei Fachkräften wie Lehrlingen. Im
Gegenzug gehen langjährige Kollegen in Pension. Und in so einer Situation fragt man sich halt, ob man noch einmal massiv investieren soll.“Nein, lautete schweren Herzens die Antwort.
Bei der Antwort auf die Frage indes, wie es der Branche generell geht, müsse man unterscheiden, schickt Rupert Christian Zach voraus: „Wer auf den Wohnbau gesetzt hat oder weiterhin setzt, tut sich natürlich aufgrund der aktuellen Lage am Bau sehr schwer. Ich hab grad vor Kurzem auch mit einem Stiegenbauer gesprochen, der zu kämpfen hat“, verrät der Landesinnungsmeister der Tischler und holzgestaltenden Gewerbe. „Hinzu kommt eine ,genehmigungsintensive Situation‘ in der Stadt, die herausfordernd ist, so würde ich das nennen.
Dabei geht es gar nicht nur um Lärm und andere Emissionen, sondern auch um alle Auflagen im Betrieb selbst“, fügt Zach hinzu.
Doch viele andere Tischler klopfen auf Holz – Zach selbst auch, der in Straden eine Firma mit elf Mitarbeitern führt. Samt Schwerpunkt auf Küchen, Möbel und mehr für private Haushalte. „Das läuft gut, wir sind durchaus zufrieden. Eine
Vorlaufzeit bei den Aufträgen von sechs bis acht Monaten ist da ganz normal.“Ganz generell würde er sagen, dass Handwerk wieder mehr geschätzt wird. Keine Schätzungen, sondern beeindruckende Fakten möchte Zach auch betont wissen: „Wir reden von 1400 Tischlereien in der Steiermark mit 5000 Mitarbeitern und pro Jahr 400 Lehrlingen. Das ist schon gewaltig.“Landesinnungsgeschäftsfüh
rer Bernd Liebminger unterschreibt die Worte seines Kollegen – und ergänzt: „In der Pandemie hat das eigene Zuhause an Bedeutung gewonnen, das wirkt bis heute nach und das spüren zum Glück viele in der Branche.“Liebminger blickt auch nach vorne: „Das Thema Nachhaltigkeit gewinnt immer mehr an Bedeutung, unter anderem bei Holzfenstern und der Frage, ob ich sie gleich austauschen und durch Plastikrahmen ersetzen muss.“Für die eigenen Kolleginnen und Kollegen, aber auch für alle Kunden werde man dahingehend auch einen Schwerpunkt bei der Grazer Frühjahrsmesse setzen.
In der Tischlerei Rauscher indes bereitet man schon den Abschied mit Ende März vor. Als man im Jahr 2008 das steirische Landeswappen von Franz Voves überreicht bekam, widmete der damalige Geschäftsführer Hermann Rauscher diese Auszeichnung „von ganzem Herzen allen unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“. Denn sie haben mit Fleiß und Können den Erfolg der Firma erst ermöglicht, so Rauscher. Wo also mehr als 100 Jahre lang gehobelt wurde, fallen nun letzte Späne.