Wie Bruce Lee aus Mostar verschwand
Eigentlich sollte die Statue die bosnische Vielvölkerstadt Mostar versöhnen. Doch nun ist sie weg.
Grabkerzen züngeln im bosnischen Mostar auf dem vereinsamten Denkmalsockel. Vor einigen Tagen wurde die Bronzestatue von Hongkongs Film- und KarateLegende Bruce Lee (1940-1973) mithilfe von „adäquatem Werkzeug“entwendet worden, wie die Polizei bestätigt.
Das erste Bruce-Lee-Denkmal der Welt war in der von den Schrecken des Bosnienkriegs (1992-1995) gezeichneten Vielvölkerstadt am 26. November 2005 eingeweiht worden: Nach dem Willen seiner Schöpfer sollte es in der ethnisch zerrissenen Stadt Solidarität, Loyalität sowie den Kampf für Gerechtigkeit und Freundschaft demonstrieren. In seinem kurzen Filmleben nahm es „der Mann mit der Todeskralle“mit allen auf. Ein hartgesottener Kämpfer auf Versöhnungsmission in der Region der unvergessenen Kriege.
Bruce Lee-Filme waren zu Vorkriegszeiten bei Kroaten, muslimischen Bosniaken oder Serben gleichermaßen populär. Um den Vorwurf zu vermeiden, dass sich der Denkmalheld in Kampfespose gegen den bosniakischen Westen oder kroatischen Osten der geteilten Stadt wende, hatten ihn seine Schöpfer eigens nach Norden ausgerichtet. Der „King of Kungfu“, der zu Lebzeiten als „Brückenbauer“zwischen Ost (Hongkong) und West (Hollywood) gefeiert wurde, mauserte sich posthum in Mostar zum beliebten Selfie-Motiv der Touristen. Ansonsten sorgte sein mit Gesichtsmaske gewappnetes Standbild nur noch während der Coronapandemie für Schlagzeilen. Sie freue sich, dass ihr Vater in Mostar nicht nur ein „Symbol der ethnischen Einheit“sei, sondern nun auch noch eine „Vorbildrolle“beim Schutz vor dem Coronavirus übernehme, bekannte damals seine Tochter Shannon Lee.
Unklar bleibt, wer oder was nun hinter dem Raub seiner Statue steht. Vermutlich sind es weniger politische als wirtschaftliche Motive: Auch illegal demontierte Schienen, Telefonkabel und Kanaldeckel pflegen in der ausgezehrten Region bei geschäftstüchtigen Altmetallhändlern zu enden.