Aktion scharf auf 1300 Meter Seehöhe
Polizei kontrolliert SattelschlepperFahrverbot über den Triebener Tauern verschärft. Wenn ein Lenker nur Russisch spricht, wird’s kompliziert. Die Kleine Zeitung war live dabei.
Der Himmel blau, die Bergspitzen weiß, die Pisten fast schon grün. Sieben Plusgrade hat es an diesem windstillen Montagvormittag hier auf fast 1300 Meter Seehöhe im Feriendorf Hohentauern. Fünf Herren verbringen hier allerdings keine Ferien, sie sind bei der Arbeit. Marcus Gassner, Verkehrsreferent des Polizeikommandos Murtal, steht mit vier Kollegen auf einem Parkplatz bei der Ortseinfahrt. Ihre
Mission: Kontrolle des Winterfahrverbotes für Sattelschlepper über den Triebener Tauern. Erst Ende Jänner ist der Ort an einer Katastrophe vorbeigeschrammt, nachdem ein 40-Tonner außer Kontrolle geraten war.
Es ist 10.30 Uhr, von einem Sattelschlepper ist vorerst keine Spur. Marcus Gassner und die Polizisten René Weiß, Harald Kothgasser, Michael Doler und Hans Weikl von der Bezirksverkehrsgruppe Murtal erzählen von diversen Begründungen für die Missachtung des Fahrverbotes: „Ich höre oft: ,Das Navi hat uns hergeführt‘“, sagt Kothgasser. Doler wirft ein: „Mir sagen viele: ,Der Chef hat angeschafft, diese Strecke zu benutzen‘.“Die B 114 ist eine beliebte Abkürzung zwischen Mur- ins Ennstal; sie erspart Zeit und Lkw-Maut.
Nach 18 Minuten ist es so weit. Ein Sattelschlepper schnauft aus Richtung Judenburg herauf. Hans Weikl betritt die Straße, deutet dem Fahrer, er soll umdrehen und sich auf den Parkplatz stellen. Der Lenker versteht die Handzeichen, sonst versteht er nichts. „Deutsch? Englisch?“Er schüttelt den Kopf, aber kein Problem. Der Mann spricht Russisch, Harald Kothgasser zückt das Handy, spricht hinein: „Es besteht hier ein Fahrverbot für Sattelkraftfahrzeuge.“Das Handy verschriftlicht seine Worte in russischer Sprache, der Polizist hält es hoch hinauf ins Führerhaus.
Der Lenker streckt seinen Kopf heraus, liest, zuckt mit den Achseln, versucht zu erklären, dass das Navi ihn hierhergeführt habe.
René Weiß präsentiert auf seinem Handy eine selbstgebastelte Grafik mit einem durchgestrichenen Sattelschlepper: „Das versteht jeder.“Freundlich bitten die Herren den Lenker, den wir Sergei nennen, auszusteigen. Die Passkontrolle verrät: Der schlanke und großgewachsene Mann in kurzen grauen Hosen, rotem Leiberl und schwarzgelben Schlapfen stammt aus Belarus. Sein Sattelschlepper hat vorne ein polnisches, hinten ein dänisches Kennzeichen.
Während seine Kollegen die Papiere kontrollieren, erklimmt Harald Kothgasser das Führerhaus. Er steckt ein schwarzes, nicht einmal handygroßes Gerät in den elektronischen Fahrtenschreiber. Es ermöglicht, die Lenk- und Ruhezeiten zu überprüfen. Und es zeigt, wo und wie schnell der Lkw unterwegs war. Später liest Kothgasser die Daten am Laptop aus.
Inzwischen überpüfen Michael Doler und Hans Weikl die La
dung. „Geladen hat er medizinisch-technische Geräte, er kommt aus Treibach-Althofen und fährt nach Dänemark“, stellt Doler mit Blick auf die Papiere fest. Der Laderaum ist nicht einmal halbvoll, Weikl findet fest gesicherte Metallkästen und ein paar Fässer vor: „Alles in Ordnung“, nickt er.
Kothgasser hat nun die Daten ausgewertet: „Der Lenker hat zweimal Ruhe- und Fahrzeiten verwechselt. Man sieht eindeutig, dass das keine Absicht war, sondern ein Bedienerfehler“, schildert er. Vor Strafe schützt es nicht: Zweimal falsch bedienen, bedeutet zweimal 20 Euro. Dazu kommen 90 Euro für die Missachtung des Fahrverbotes.
Die Handyübersetzung funktioniert, Missverständnisse gibt es trotzdem. Sergei gibt zu verstehen, kein Bargeld bei sich zu haben. Hans Weikl führt ihn deshalb im Polizeiauto zum Bankomaten in Hohentauern. Nach der Rückkehr stellt sich heraus: Sergei hat nur 90 Euro abgehoben. Zuwenig, es fehlen die 40 fürs falsche Eintragen der Zeiten, diktiert Weikl ins Handy. Sergei liest aufmerksam, deutet Richtung Bankomat, den die beiden Herren nun ein zweites Mal aufsuchen. Die Beamten bedauern, über keine mobilen Bankomatkassen zu verfügen, das würde ihnen die Arbeit erleichtern.
Nach dem zweiten Anlauf ist das Geld beisammen, Harald Kothgasser nimmt es entgegen und erklärt Sergei, die falsch eingetragenen Daten richtiggestellt zu haben. Der Fahrer nickt, man reicht sich die Hände: „Für mich ist das schön, wenn eine Kontrolle mit einem Handschlag endet“, sagt Kothgasser.
Sergei, der die Prozedur emotionslos über sich ergehen hat lassen, steigt hinauf ins Führerhaus. Starten muss er nicht, der Motor ist die ganzen 50 Minuten lang gelaufen. Der Sattelschlepper setzt sich in Bewegung, zurück in die Richtung, aus der er gekommen ist. Die 130 Euro Strafe werden Sergeis Chef kaum schmerzen, die verlorene Zeit schon. Mit Anfahrt vom Tal, Kontrolle, Zurückweisung ins Tal und längerer Fahrstrecke sind drei Stunden weg.
Sergei ist an diesem Vormittag übrigens der einzige Sattelschlepper-Lenker, der es über den Triebener Tauern versucht hat: „Unsere momentan täglichen Kontrollen sprechen sich offenbar herum“, zeigt sich Verkehrsreferent Marcus Gassner zufrieden, ehe er mit seinen Männern wieder abrückt.