Sterne, Hauben und Gabeln als Standortfaktor
Haben Sterne und Hauben eine wirtschaftliche Bedeutung? In Velden diskutierten Spitzenköche Ana Roš und Andreas Senn mit Verantwortlichen von Falstaff und Gault & Millau.
Aus 2007 gibt es eine launige „Tatort“-Folge, in der die Stimmung während der Geburtstagsfeier eines Spitzenkochs in dessen Gourmetrestaurant kippt, nachdem der Restaurantkritiker durchblicken ließ, dass das Lokal nicht mehr auf seiner „Liste der zehn besten Restaurants“stehen werde. Die Folge heißt: „Der Finger“.
Doch abgesehen von der persönlichen Wertschätzung für den Koch und die Köchin und dem Maßstab für den Gast: Welche wirtschaftliche Bedeutung hat das Bewerten von Restaurants mit Sternen, Gabeln und Hauben eigentlich? Eine pikante Frage, die am Montag in hochkarätiger Runde am Kärntner Tourismustag in Velden diskutiert wurde. Mit am Podium: eine der besten Köchinnen der Welt, die Slowenin Ana Roš (51). Aktuell ist sie bzw. ihr Restaurant
Hiša Franko in Kobarid mit drei Michelin-Sternen bewertet. Dieses Ranking – veröffentlicht im September 2023 – hat allein an Presseberichten einen Gegenwert von 20 Millionen Euro ausgelöst, denn die Autodidaktin in der Küche, die ein Diplomatenstudium absolviert hat, ist die erste Person in Slowenien, die auf drei Sterne verweisen kann. Doch Roš sagt: „Ich koche ja nicht für die Tester, sondern für die Gäste. Nichtsdestotrotz bin ich mir bewusst, dass meine drei Sterne die ganze slowenische Küche und Gastronomiebranche und nicht zuletzt den gesamten Tourismus in Slowenien aufwerten.“Sie wünscht sich mehr internationale Bewertungsinstitutionen für ihr Heimatland bzw. ihre Heimatküche.
Wie wichtig neben dem Falstaff auch für Österreich der Michelin-Guide ist, zeigt sich in dem Umstand, dass die Österreich Werbung gemeinsam mit acht Bundesländer-Tourismusorganisationen (darunter Steiermark Tourismus und Kärnten Werbung) nach 15 Jahren Pause dessen „Rückkehr nach Österreich“finanziert. Mit Steuergeld. Von knapp einer Million Euro Sponsoring ist die Rede – dafür, dass der Guide ab Jänner 2025 auch mit einer Auswahl an Restaurants in Österreich erscheint und nicht, so wie bisher, nur aus Salzburg und Wien. Dabei geht es um nicht weniger als die Positionierung Österreichs als weltweit faszinierendes Reiseziel, als Genuss- und KulinarikDestination.
„Wir hätten diese Förderung natürlich auch gerne bekommen“, sagt Alexandra Gorsche, Chefredakteurin des „Falstaff Profi“. Dennoch „begrüßen wir“, dass der französische Mitbewerber in Österreich wieder flächendeckend bewertet. Konkurrenz belebt das Geschäft – auch in dieser Branche. Gorsche: „Die
Aufmerksamtkeit für die Kulinarik-Branche nützt den Regionen, dem Land und letztlich der gesamten Wirtschaft. Sterne, Hauben und Gabeln machen sichtbar.“Bei Falstaff bewerten im Gegensatz zu Gault & Millau die Gäste und nicht Profitester.
Auch Andreas Senn („Senn’s“, Salzburg), aktuell mit zwei Michelin-Sternen, vier Gault-Millau-Hauben und vier FalstaffGabeln ausgestattet, würde sich mehr ausgezeichnete Restaurants in seiner Umgebung wünschen, um die „Fine Dining“Klientel
gemeinsam ansprechen und bekochen zu können. Bei ihm habe die Aufwertung von einem Stern auf zwei Sterne das Publikum derart verändert, dass es jetzt zu 90 Prozent international ist.
„Bewertungen sind buchungsrelevant“, weiß auch Kärntens Gastronomiesprecher Stefan Sternad („Messnerei“am Sternberg). „Restaurantführer heben die österreichische Kulinarik auf eine andere Ebene“, sagt Jürgen Schmücking, Chefinspektor bei Gault & Millau.