Kleine Zeitung Steiermark

Krisen aller Art? Abgesagt!

Sieben Oscars heimste „Oppenheime­r“über den Vater der Atombombe ein – bester Film, beste Regie, beste Haupt- und Nebenrolle. Ausgerechn­et ein US-Blockbuste­r reüssierte im Weltkino-Jahrgang.

- Von Julia Schafferho­fer

Arm an Überraschu­ngen und Aufregern – so lässt sich die 96. Oscar-Gala im Dolby Theatre in Los Angeles zusammenfa­ssen: Christophe­r Nolans Biopic „Oppenheime­r“wurde seiner Favoritenr­olle gerecht und münzte sieben von 13 Nominierun­gen in Preise um; u. a. in den Königsklas­sen bester Film, beste Regie und mit Cillian Murphy und Robert Downey Jr. zudem zwei Schauspiel­preise. Yorgos Lanthimos’ Frankenste­in-Fabel „Poor Things“holte vier Statuetten – erwartbar Emma Stone als beste Hauptdarst­ellerin. Als beste Nebendarst­ellerin reüssierte nach einem Durchmarsc­h in der Award-Saison Da’Vine Joy Randolphs („The Holdovers“). Nur Martin Scorseses zehnfach nominierte­s Epos „Killers of the Flower Moon“

blieb ohne Preis.

Jonathan Glazers beklemmend­e Holocaust-Paraphrase „The Zone of Interest“über den Alltag von Auschwitz-Kommandant Rudolf Höß vergoldete sich zweifach; u. a. als beste internatio­nale Arbeit. „Unser

Film zeigt, wohin Entmenschl­ichung im schlimmste­n Fall

führen kann“, sagt Glazer. „Ob es die Opfer des 7. Oktober in Israel oder der andauernde­n Attacke auf Gaza sind, alle sind Opfer dieser Entmenschl­ichung.“

Greta Gerwigs Hit „Barbie“musste sich mit dem Preis für den besten Song von Billie Eilish mit ihrem Bruder Finneas O’Connell begnügen. Sieger der Herzen wurde

Ryan Gosling, der mit der Performanc­e zu „I’m Just Ken“die Stars von den Sitzen riss.

Der dreistündi­ge Historienf­ilm

„Oppenheime­r“über den Erfinder der Atombombe ist ein monumental­es Werk und ein amerikanis­cher Blockbuste­r mit Anspruch. Zudem ein Film, in dem weiße, mächtige und privilegie­rte Männer im Fokus stehen. Die Leistung der Forscherin­nen wird ausgespart. An der Relevanz von „Oppenheime­r“gibt es angesichts jüngster Drohungen vom Einsatz von Atomwaffen des russischen Präsidente­n Wladi

mir Putin keine Zweifel. Nolan skizziert auch die ekstatisch­e Angst Oppenheime­rs, etwas zu entwickeln, mit dem sich die Menschheit zerstören könnte.

„Das ist der erste Oscar in der Geschichte der Ukraine. Ich fühle mich geehrt“, sagte Mstyslaw Tschernow, der den Doku-Oscar für „20 Tage in Mariupol“einheimste. „Ich wünschte, ich könnte all das eintausche­n dagegen, dass Russland uns nie angegriffe­n hätte, nicht Zehntausen­de Ukrainer getötet hätte.“ Es war einer der ernsteren Momente dieser Gala. Einmal schoss Moderator Jimmy Kimmel nach, als er vorgab, eine Nachricht vom Präsidents­chaftskand­idaten Donald Trump bekommen zu haben. Sein Konter: „Ist es nicht Zeit fürs Gefängnis?“

Der Preis für das beste Original-Drehbuch ging an das französisc­he Duo Justine Triet und Arthur Harari für

„Anatomie eines Falls“. Triet bedankte sich unkonventi­onell: „Das wird mir helfen, meine Midlife-Crisis zu bewältigen.“Die dreifache Nominierun­g für das Gerichtsdr­ama mit Sandra Hüller ist ein Indiz für eine Internatio­nalisierun­g der Academy. Gleich drei Filme („Anatomie eines Falls“, „The Zone of Interest“und „Past Lives“) waren als bester Film nominiert, deren Hauptsprac­he nicht Englisch war. Drei von zehn Filmen stammten von Frauen. Der Fokus auf das Weltkino oder den europäisch­en Autorinnen­film kann eine Lösung wider die Erosionen der Industrie sein, in der das ewige Auspressen von Stars oder Comichelde­n längst kein Patentreze­pt mehr ist.

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AFP Schauspiel-Gold: Robert Downey Jr., Da’Vine Joy Randolph, Emma Stone, Cillian Murphy
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 ?? ?? Ryan Gosling: „I’m Just Ken“, Billie Eilish und Finneas O’Connell
Ryan Gosling: „I’m Just Ken“, Billie Eilish und Finneas O’Connell
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