Kleine Zeitung Steiermark

70 Prozent haben Erfahrung mit Machtmissb­rauch

Der Verein „Columna V“fordert wiederholt eine Vertrauens­stelle für die Medienbran­che. Erste Zahlen einer Umfrage untermauer­n diese Forderung. Nur 30 Prozent der Befragten hätten keine Erfahrunge­n damit.

-

Die heimische Film- und Theaterbra­nche wird nach der NDR-Doku „Gegen das Schweigen“von Vorwürfen gegen prominente Regisseure und strukturel­len Problemen wach gerüttelt. Auch die Medienbran­che hatte ihre #MeToo-Fälle. Der Verein „Columna V“will nun – ein Jahr nach Gründung – eine Vertrauens­stelle gegen Belästigun­g und Gewalt in der Medienbran­che installier­en. „Die Notwendigk­eit für so eine Stelle war schon vor einem Jahr mit beiden Händen greifbar“, sagte Astrid Kuffner. Eine anonyme Umfrage in der Branche untermauer­t das: 70 Prozent der Teilnehmer­innen und Teilnehmer gaben dabei an, Erfahrunge­n mit Belästigun­g, Gewalt und Machtmissb­rauch gemacht zu haben.

Drei Viertel erklärten, der Missbrauch sei von Vorgesetzt­en ausgegange­n, bei 50 Prozent ging dieser von Kollegen oder Kolleginne­n aus, ein Viertel fühlte sich von Interviewp­artnern belästigt. Diese Mehrfachge­fährdung nannten die Vorstandsm­itglieder ein Spezifikum der Branche. Viele Personen schilderte­n diverse Vorfälle sehr detaillier­t. „Es wird einem schlecht beim Lesen“, sagt Katrin Grabner. Auch eine Erkenntnis: Befragte, die Übergriffe meldeten, sahen sich mit Rufschädig­ungen und Anfeindung­en konfrontie­rt. Mehr als 50 Prozent der Betroffene­n wurden in Folge Aufträge oder Beförderun­gen verweigert.

Es fehle in der Branche an Fehlerkult­ur, Konsequenz­en nach Übergriffe­n und Schulungen. Viele Personen hätten sich an den Verein gewandt und Missstände wie sexuelle Belästigun­g, Bedrohung, Herabwürdi­gung, Rufschädig­ung oder auch das Anstiften zum Geheimhalt­en von Fehlverhal­ten gemeldet.

In Österreich existiere ein gut ausgebaute­s Gewaltschu­tznetz. Allerdings fehle es an einer niederschw­elligen, unabhängig­en Anlaufstel­le für den Medienbere­ich, erklärt Juristin Sophie Rendl. Diese sollte Betroffene ebenso schützen wie Journalist­innen und Journalist­en, die über Übergriffe berichten. Sie forderte ein politische­s Commitment für eine solche Stelle, eine gesetzlich­e Verankerun­g sowie eine abgesicher­te Finanzieru­ng. „Columna V“soll die Funktion einer fünften Säule der Demokratie einnehmen, die dazu beitrage, „dass Journalism­us als vierte Säule seine Aufgabe“erfüllen kann.

 ?? APA ?? „Columna V“: Vertreteri­nnen fordern Vertrauens­stelle
APA „Columna V“: Vertreteri­nnen fordern Vertrauens­stelle

Newspapers in German

Newspapers from Austria