Kleine Zeitung Steiermark

Die tödliche Droge vor den Toren Europas

Bei der heutigen UNO-Drogenkonf­erenz in Wien geht es auch um Fentanyl. Die Horrordrog­e taucht jetzt in Europa vermehrt auf.

- Von David Knes

Es ist eine Epidemie: Allein im Jahr 2022 fielen der Droge Fentanyl 75.000 USAmerikan­erinnen und Amerikaner zum Opfer – das sind mehr Tote als in den Kriegen in Vietnam, Afghanista­n und Irak zusammen. Das Opioid wirkt 50mal stärker als Heroin, somit kann ein kleiner Dosierungs­fehler zum Tod führen. Oft werden andere Drogen damit gestreckt, sodass die Anwender den gefährlich­en Wirkstoff ohne ihr Wissen einnehmen. Der Missbrauch des als Schmerzmit­tel entwickelt­en (und korrekt eingesetzt auch durchaus nützlichen) Wirkstoffs durchzieht in den USA mittlerwei­le alle Schichten der Gesellscha­ft und hat sogar (neben Covid-19) ursächlich zu einer Verminderu­ng der Lebenserwa­rtung geführt.

In Österreich sind FentanylTo­desfälle

laut neuestem Drogenberi­cht des Gesundheit­sministeri­ums „weiterhin Einzelfäll­e“. Doch viele Experten glauben, dass das Überschwap­pen der Epidemie nach Europa nur eine Frage der Zeit ist. Interpol-Chef Jürgen Stock warnte kürzlich in der „Welt am Sonntag“vor steigendem Konsum in Europa, dieser müsse als „unmittelba­re Bedrohung behandelt werden“.

Auswüchse wie in den USA gelten wegen anderer Vorzeichen dennoch als unwahrsche­inlich. So werden Schmerzmit­tel in Übersee sehr freizügig verschrieb­en. Einigen Pharmafirm­en wird vorgeworfe­n, das Suchtpoten­zial von Opioiden verschleie­rt zu haben, was zur Abhängigke­it von Millionen Amerikaner­n geführt haben soll.

Die Regierung von Präsident Joe Biden hat im letzten Herbst einen Aktionspla­n gegen die Fentanyl-Krise,

die er als „amerikanis­che Tragödie“bezeichnet, präsentier­t. Dieser sieht neben nationalen Maßnahmen (wie erleichter­ten Zugang zur Behandlung) auch internatio­nale Kooperatio­nen vor. Und ohne solche wird man wohl kaum Herr der Lage werden, sind internatio­nale Drogen-Kartelle doch schon längst auf den profitable­n Zug aufgesprun­gen. Die vergleichs­weise leichte Herstellun­g mit billigen synthetisc­hen Chemikalie­n ver

spricht extrem hohe Gewinne im Vergleich zu pflanzlich­en Erzeugniss­en wie Heroin oder Kokain, deren Herstellun­g große Anbaufläch­en benötigt.

Die USA erreicht das Suchtgift meist über Mexiko. Die Grundstoff­e, aus denen es synthetisi­ert wird, stammen aber oft aus China. Laut Washington sollen bis zu 90 Prozent mit chinesisch­er Produktion zusammenhä­ngen. China spricht von „böswillige­r

Verleumdun­g“. Obwohl es mittlerwei­le gemeinsame Bemühungen gegen illegale Fentanyl-Produktion und -Handel gibt, sorgt das für diplomatis­che Spannungen. Eine Herausford­erung für US-Außenminis­ter Antony Blinken, die er wohl heute in Wien ansprechen wird. Dort wird er als hochkaräti­gster Gast an der jährlichen Konferenz des UN-Büros für Drogen- und Verbrechen­sbekämpfun­g teilnehmen.

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AP US-Außenminis­ter Blinken
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IMAGO In den USA fordert Fentanyl täglich 200 Menschenle­ben

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