Die tödliche Droge vor den Toren Europas
Bei der heutigen UNO-Drogenkonferenz in Wien geht es auch um Fentanyl. Die Horrordroge taucht jetzt in Europa vermehrt auf.
Es ist eine Epidemie: Allein im Jahr 2022 fielen der Droge Fentanyl 75.000 USAmerikanerinnen und Amerikaner zum Opfer – das sind mehr Tote als in den Kriegen in Vietnam, Afghanistan und Irak zusammen. Das Opioid wirkt 50mal stärker als Heroin, somit kann ein kleiner Dosierungsfehler zum Tod führen. Oft werden andere Drogen damit gestreckt, sodass die Anwender den gefährlichen Wirkstoff ohne ihr Wissen einnehmen. Der Missbrauch des als Schmerzmittel entwickelten (und korrekt eingesetzt auch durchaus nützlichen) Wirkstoffs durchzieht in den USA mittlerweile alle Schichten der Gesellschaft und hat sogar (neben Covid-19) ursächlich zu einer Verminderung der Lebenserwartung geführt.
In Österreich sind FentanylTodesfälle
laut neuestem Drogenbericht des Gesundheitsministeriums „weiterhin Einzelfälle“. Doch viele Experten glauben, dass das Überschwappen der Epidemie nach Europa nur eine Frage der Zeit ist. Interpol-Chef Jürgen Stock warnte kürzlich in der „Welt am Sonntag“vor steigendem Konsum in Europa, dieser müsse als „unmittelbare Bedrohung behandelt werden“.
Auswüchse wie in den USA gelten wegen anderer Vorzeichen dennoch als unwahrscheinlich. So werden Schmerzmittel in Übersee sehr freizügig verschrieben. Einigen Pharmafirmen wird vorgeworfen, das Suchtpotenzial von Opioiden verschleiert zu haben, was zur Abhängigkeit von Millionen Amerikanern geführt haben soll.
Die Regierung von Präsident Joe Biden hat im letzten Herbst einen Aktionsplan gegen die Fentanyl-Krise,
die er als „amerikanische Tragödie“bezeichnet, präsentiert. Dieser sieht neben nationalen Maßnahmen (wie erleichterten Zugang zur Behandlung) auch internationale Kooperationen vor. Und ohne solche wird man wohl kaum Herr der Lage werden, sind internationale Drogen-Kartelle doch schon längst auf den profitablen Zug aufgesprungen. Die vergleichsweise leichte Herstellung mit billigen synthetischen Chemikalien ver
spricht extrem hohe Gewinne im Vergleich zu pflanzlichen Erzeugnissen wie Heroin oder Kokain, deren Herstellung große Anbauflächen benötigt.
Die USA erreicht das Suchtgift meist über Mexiko. Die Grundstoffe, aus denen es synthetisiert wird, stammen aber oft aus China. Laut Washington sollen bis zu 90 Prozent mit chinesischer Produktion zusammenhängen. China spricht von „böswilliger
Verleumdung“. Obwohl es mittlerweile gemeinsame Bemühungen gegen illegale Fentanyl-Produktion und -Handel gibt, sorgt das für diplomatische Spannungen. Eine Herausforderung für US-Außenminister Antony Blinken, die er wohl heute in Wien ansprechen wird. Dort wird er als hochkarätigster Gast an der jährlichen Konferenz des UN-Büros für Drogen- und Verbrechensbekämpfung teilnehmen.