Ein spätes, zweites Leben für die Titanic
Bereits 2012 hat der australische Milliardär Clive Palmer die Titanic II angekündigt – ab 2025 könnte sie wirklich gebaut werden: Vieles soll an die Legende von 1912 erinnern, allerdings mit modernster Sicherheit.
Ein „authentisches Erlebnis“werde sie bieten – und „noch besser als das Original“sein. Clive Palmer, 69jähriger Bergbaumagnat, legte die Latte hoch, als er nun im Sydney Opera House vor die Presse trat und markig die Titanic II seiner Blue Star Line (nicht zu verwechseln mit der historischen Reederei) ankündigte.
Die Kopie der doch nicht unsinkbaren Legende, die Rückkehr der auf ewig Mythosbehafteten mit bekannt tragischem Ende – ab Anfang 2025 soll sie tatsächlich gebaut werden. Jene, die das berühmteste Kreuzfahrtschiff der maritimen Geschichte fasziniert, werden jetzt womöglich stutzig werden: Richtig, bereits 2012 hatte der australische Milliardär für Aufmerksamkeit gesorgt und die Titanic II exakt 100 Jahre nach dem Untergang der RMS Titanic im eisigen Nordatlantik angekündigt. Dann aber passierte nicht mehr allzu viel.
Was war geschehen? Ein chinesischer Großinvestor war Versprechen und Geld schuldig geblieben, dann kamen auch noch die Pandemiejahre. Schließlich lag das Projekt – man verzeihe im Zusammenhang mit der Titanic das Bild – auf Eis. Bis jetzt. Palmer, der auch Politiker war, betonte, „immer noch mit dem gleichen Engagement“zur Stelle zu sein und das Schiff bis 2027 vom Stapel laufen lassen zu wollen. In welcher Werft die Titanic II entstehen soll, ließ er offen
– in Belfast wohl nicht.
Das Schiff soll breiter als das Original sein – Länge (269 Meter), Gesamthöhe (53 Meter), Gewicht (39.380 Tonnen Leermasse) und Anzahl der Decks (elf) jedoch gleich bleiben: eine Nachbildung der RMS Titanic von 1912, allerdings mit
Hubschrauberlandeplatz und neuester Technik. Als historische Hommage an die in 4000 Metern Tiefe Liegende soll es türkische Bäder und edwardianische Fitnessstudios geben. Dazu Geschäfte, ein Casino und ein Theater. Die beiden vorderen Schornsteine sind als Attrappen bzw. Aussichtsgalerien geplant. Unterwegs sein soll man mit 23 Knoten, so der Plan. Nicht zuletzt: Modernste Sicherheit soll jede Eventualität ausschließen, Geschichte verpflichtet.
Die Titanic II soll zwischen 300 und 600 Millionen Euro
kosten – der doch recht große finanzielle Spielraum könnte etwas stutzig machen – und unter anderem auf der Originalroute zwischen Southampton und New York verkehren. Die Crew wird mit 900 angegeben, bei Maximalbelegung sollen 2435 Passagiere auf Reise gehen.
„Die Titanic ist für uns alle ein episches Beispiel für Mut, Widerstandsfähigkeit und Einsatzbereitschaft“, schwärmt Palmer, der offenherzig erklärte, für das Projekt nun noch mehr Geld als 2012 zu haben. Um dann noch ein Altherrenwitzchen anzubringen: „Ich habe zwei Möglichkeiten: Entweder gebe ich meiner Frau noch mehr Geld
zum Einkaufen oder ich gebe es für die Titanic II aus. Nun, ich gebe es für die Titanic II aus, weil sie genug eingekauft hat.“
1513 Menschen starben beim Leichtsinn und Unvermögen geschuldeten Untergang der RMS Titanic am 15. April 1912. Obwohl andere Schiffsunglücke noch mehr Opfer forderten, markiert die Kollision mit dem kreuzenden Eisberg das ultimative maritime Desaster. Ob sich Palmer und seine Reederei mit der Neuauflage im übertragenen Sinne nasse Füße holen, bleibt offen: Die Liste der einmal geplanten, aber längst gescheiterten Nachbauprojekte ist lange und wenig ruhmvoll. Um das Projekt auf Kurs zu bekommen, vertraut man auf die Expertise des in Finnland ansässigen Schiffsdesignund Schiffstechnikunternehmens Deltamarin.
Warum bleibt der Mythos Titanic über Wasser, während sich das Wrack auf dem Meeresgrund auflöst? Eine Erklärung hatte James Cameron, Regisseur des gleichnamigen Kino-Epos, das Palmer inspirierte, parat: „Sie verkörpert all das Wichtige im Leben: Liebe, Leben, Tod, Reichtum, Armut und die Hoffnung auf ein besseres Leben.“In der Tat sehr haltbare Themen.