Die Nebenwirkungen einer Pensionierung
Wolfgang Gspandl verliert laut gesetzlicher Altersgrenze seinen Kassenvertrag – doch der 71-jährige Arzt möchte weiter ordinieren.
Lachen ist bekanntlich die beste Medizin. Und Humor dürfte Wolfgang Gspandl seinen Patientinnen und Patienten reichlich zukommen lassen, gratis und rezeptfrei: Der praktische Arzt mit einer Ordination in der Grazer Keplerstraße 12 liebt das Schmähführen, er nimmt das Leben mit einem Augenzwinkern. Allein, in eigener Sache vergeht ihm momentan das Lachen: Denn der 71-Jährige muss eigentlich den Arztkoffer packen und seine Kassenstelle räumen, er hat das gesetzlich vorgegebene Alterslimit von 70 Jahren erreicht. Doch dagegen wehrt sich Gspandl – mit Unterstützung der Ärztekammer.
Warum er überhaupt weitermachen will? „Spontan würde ich sagen: Weil ich nix Gscheiteres gelernt habe“, lacht Gspandl. Um ganz im Ernst fortzufahren: „Ich will weiterhin für meine Patienten da sein. Und für alle, die mitten in Lend leben und einen Arzt brauchen, denn abgesehen von mir schaut es da versorgungsmäßig bei Weitem nicht mehr so rosig aus wie früher.“Und was antwortet er jenen, die meinen, dass man in der Arbeitswelt mit 70 und mit Verlaub ... in dieser schnelllebigen Zeit ... „Abgesehen davon, dass ich ja meine Fortbildung machen muss: Alter heißt Erfahrung, und die ist gerade in der Medizin nicht das Schlechteste.“
Gspandl, der im Vorjahr immerhin von knapp 2000 Patienten – darunter auch viele Suchtkranke – zumindest einmal aufgesucht wurde, ist gleichsam das Gesicht zu einer österreichweit geführten Debatte: „In der aktuellen Situation können wir es uns schlicht und ergreifend nicht leisten, auf Ärztinnen und Ärzte zu verzichten, die freiwillig im Kassensystem weiterarbeiten wollen. Jede Kassenstelle, die wir so besetzt halten können, hilft uns“, ließ etwa vor Kurzem der Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte wissen – damals als unterstützende Injektion für einen Vorstoß des Seniorenbundes gedacht: „Die Altersgrenze ist nicht nur diskriminierend, sondern auch kontraproduktiv“, hatte zuvor Ingrid Korosec als Präsidentin des Seniorenbundes gemeint.
Auch seitens der Steirischen Ärztekammer betont man, generell eine Vertragsverlängerung zu unterstützen, sollte ansonsten die Betreuung beeinträchtigt werden. „Im Zentrum aller Entscheidungen muss immer die bestmögliche Versorgung der Bevölkerung stehen. Vor allem, wenn es Ärztinnen und Ärzte gibt, die mit großer Erfahrung und vollem Einsatz für ihre Patienten zur Verfügung stehen wollen.“
Doch bislang schüttelt man nicht nur im Gesundheitsministerium mit Verweis auf Jungmediziner den Kopf, sondern auch bei der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) – konkret auf Wolfgang Gspandl angesprochen: Es gebe bereits eine Nachfolge für den Grazer Mediziner, zudem seien „alle Hausarztstellen in seinem Sprengel besetzt. Da die ÖGK rechtlich nur bei einem dringenden Versorgungsbedarf Sondervereinbarungen mit Vertragsärzten über die gesetzliche Altersgrenze hinaus schließen dürfen, ist eine weitere Verlängerung nicht zulässig“, heißt es. Nachsatz: „Eine Änderung dieser Regelung wäre nur durch den Gesetzgeber möglich.“
Soll Gspandl recht sein, kommt es tatsächlich zu diesem Schritt. „Schau ma, was passiert“, lacht der 71-Jährige augenzwinkernd. Um ganz im Ernst nachzusetzen, dass er jedenfalls für eine Verlängerung kämpfen wird.