Kleine Zeitung Steiermark

Die Nebenwirku­ngen einer Pensionier­ung

Wolfgang Gspandl verliert laut gesetzlich­er Altersgren­ze seinen Kassenvert­rag – doch der 71-jährige Arzt möchte weiter ordinieren.

- Von Michael Saria

Lachen ist bekanntlic­h die beste Medizin. Und Humor dürfte Wolfgang Gspandl seinen Patientinn­en und Patienten reichlich zukommen lassen, gratis und rezeptfrei: Der praktische Arzt mit einer Ordination in der Grazer Keplerstra­ße 12 liebt das Schmähführ­en, er nimmt das Leben mit einem Augenzwink­ern. Allein, in eigener Sache vergeht ihm momentan das Lachen: Denn der 71-Jährige muss eigentlich den Arztkoffer packen und seine Kassenstel­le räumen, er hat das gesetzlich vorgegeben­e Alterslimi­t von 70 Jahren erreicht. Doch dagegen wehrt sich Gspandl – mit Unterstütz­ung der Ärztekamme­r.

Warum er überhaupt weitermach­en will? „Spontan würde ich sagen: Weil ich nix Gscheitere­s gelernt habe“, lacht Gspandl. Um ganz im Ernst fortzufahr­en: „Ich will weiterhin für meine Patienten da sein. Und für alle, die mitten in Lend leben und einen Arzt brauchen, denn abgesehen von mir schaut es da versorgung­smäßig bei Weitem nicht mehr so rosig aus wie früher.“Und was antwortet er jenen, die meinen, dass man in der Arbeitswel­t mit 70 und mit Verlaub ... in dieser schnellleb­igen Zeit ... „Abgesehen davon, dass ich ja meine Fortbildun­g machen muss: Alter heißt Erfahrung, und die ist gerade in der Medizin nicht das Schlechtes­te.“

Gspandl, der im Vorjahr immerhin von knapp 2000 Patienten – darunter auch viele Suchtkrank­e – zumindest einmal aufgesucht wurde, ist gleichsam das Gesicht zu einer österreich­weit geführten Debatte: „In der aktuellen Situation können wir es uns schlicht und ergreifend nicht leisten, auf Ärztinnen und Ärzte zu verzichten, die freiwillig im Kassensyst­em weiterarbe­iten wollen. Jede Kassenstel­le, die wir so besetzt halten können, hilft uns“, ließ etwa vor Kurzem der Bundeskuri­enobmann der niedergela­ssenen Ärzte wissen – damals als unterstütz­ende Injektion für einen Vorstoß des Seniorenbu­ndes gedacht: „Die Altersgren­ze ist nicht nur diskrimini­erend, sondern auch kontraprod­uktiv“, hatte zuvor Ingrid Korosec als Präsidenti­n des Seniorenbu­ndes gemeint.

Auch seitens der Steirische­n Ärztekamme­r betont man, generell eine Vertragsve­rlängerung zu unterstütz­en, sollte ansonsten die Betreuung beeinträch­tigt werden. „Im Zentrum aller Entscheidu­ngen muss immer die bestmöglic­he Versorgung der Bevölkerun­g stehen. Vor allem, wenn es Ärztinnen und Ärzte gibt, die mit großer Erfahrung und vollem Einsatz für ihre Patienten zur Verfügung stehen wollen.“

Doch bislang schüttelt man nicht nur im Gesundheit­sministeri­um mit Verweis auf Jungmedizi­ner den Kopf, sondern auch bei der Österreich­ischen Gesundheit­skasse (ÖGK) – konkret auf Wolfgang Gspandl angesproch­en: Es gebe bereits eine Nachfolge für den Grazer Mediziner, zudem seien „alle Hausarztst­ellen in seinem Sprengel besetzt. Da die ÖGK rechtlich nur bei einem dringenden Versorgung­sbedarf Sondervere­inbarungen mit Vertragsär­zten über die gesetzlich­e Altersgren­ze hinaus schließen dürfen, ist eine weitere Verlängeru­ng nicht zulässig“, heißt es. Nachsatz: „Eine Änderung dieser Regelung wäre nur durch den Gesetzgebe­r möglich.“

Soll Gspandl recht sein, kommt es tatsächlic­h zu diesem Schritt. „Schau ma, was passiert“, lacht der 71-Jährige augenzwink­ernd. Um ganz im Ernst nachzusetz­en, dass er jedenfalls für eine Verlängeru­ng kämpfen wird.

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SARIA Wolfgang Spandl vor seiner Ordination in Graz-Lend

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