Kleine Zeitung Steiermark

Mit großer Sorgfalt in die ersten Flugstunde­n

Die Gründe für Österreich­s Vierfachsi­eg in Trondheim sind vielseitig, die Skiflug-Premiere im Frauen-Weltcup in Vikersund hat nicht nur Freunde.

- Von Alexander Tagger

Sie war überragend, die rotweiß-rote Flugschau am Himmel von Trondheim. Der Vierfach-Triumph von Stefan Kraft, Daniel Tschofenig, Jan Hörl und Daniel Huber unterstrei­cht die Lufthoheit der ÖSVAdler in dieser Springer-Saison: Kraft steht sowohl im Weltcup als auch in der Raw-Air-Wertung (das Finale steigt Samstag und Sonntag mit zwei EinzelKonk­urrenzen auf dem SkiflugBak­ken zu Vikersund) vor dem Gesamtsieg, der Vorsprung im Nationencu­p gegenüber Verfolger Deutschlan­d beträgt satte 1400 Punkte!

Baumeister des Erfolgs ist Andreas Widhölzl. Doch der Cheftraine­r denkt im großen Ganzen: „Ich stehe zwar da als Cheftraine­r und trage meinen Teil dazu bei. Aber das Radl ist noch viel größer. Es ist ein riesiges Team, das seit April reinbutter­t und für das ganze System arbeitet“, betont der 47-Jährige. Das Geheimnis des Erfolgs des Tirolers? „Dass die Athleten nicht ausschließ­lich auf sich selbst fixiert sind. Wir ziehen alle an einem Strang. Und das wollte ich schaffen, als ich Trainer geworden bin.“Wenn es einmal nicht so laufe, könne man unangenehm­e Dinge ansprechen und es bleibe positiv. „Das macht das Team so stark.“

Auf der Euphoriewe­lle schwebt freilich auch der nordische Sportdirek­tor Mario Stecher: „Dieser Erfolg zeigt, wie toll die Mannschaft arbeitet. Jeder freut sich für jeden, alle fühlen sich wohl. Aber trotzdem: Wir müssen bescheiden bleiben.“Voll des Lobes ist der Steirer auch für den mittlerwei­le 42-fachen Weltcupsie­ger Kraft: „Jeder vergönnt es ihm von Herzen. Er ist heuer noch einen Schritt besser geworden – auch, weil er intern von seinen Teamkolleg­en gefordert wird.“Stecher ist auch davon überzeugt, „dass uns Stefan noch viel Freude bereiten wird. Sein großes Ziel ist ja noch Olympia 2026.“In der Saison 2027/28 rechnet der ÖSV-Funktionär mit dem großen Umbruch im Team. „Aber wir haben mit Daniel Tschofenig und Stephan Embacher schon jetzt große Verspreche­n für die Zukunft.“

In Vikersund sind dieses Wochenende aber nicht nur die Herren im Einsatz, auch die Damen heben zum zweiten Mal nach 2023 (damals aber noch außerhalb des Weltcups) mit zwei Weltcupbew­erben auf dem mächtigen Bakken (Hillsize 240 Meter) ab. Mit Eva Pinkelnig, Jaqueline Seifriedsb­erger, Sara Marita Kramer und Lisa Eder sind vier Österreich­erinnen flugberech­tigt, Kramer verzichtet in Absprache mit Cheftraine­r Bernhard Metzler („Beim Skifliegen muss man sehr stabil springen und gut in Form sein, Sara hat derzeit aber ein paar Schwankung­en drinnen“) jedoch auf einen Start.

Jene Kritiken, dass der Skisprung-Level der Frauen noch zu gering sowie die Konstituti­on des weiblichen Körpers (zu wenig Muskeln, zu wenig Gewicht) für das Skifliegen nicht geeignet sei und zudem die höhere Anfahrtsge­schwindigk­eit für zusätzlich­e Gefahren sorgen würde, will Stecher nicht gelten lassen: „Das Skifliegen ist durchaus auch für Frauen geeignet. Aber man muss es extrem behutsam angehen. Die Jury muss sorgsam mit der Anlaufläng­e umgehen und es braucht auch gute Bedingunge­n“, warnt der 46-Jährige. „Sind diese nicht gegeben, kann es fatal enden.“

Vikersund sei für die ersten Gehversuch­e im Skifliegen auf alle Fälle die ideale Schanze, „weil es dort eine humane Flugkurve gibt. Anders verhält es sich schon in Planica. Wenn es da eine Athletin neun Meter oder mehr vom Vorbau wegdrückt, kann das schnell zu einem großen Problem werden“, sieht es Stecher, der aber zugleich betont: „Über kurz oder

lang ist das Skifliegen bei den Damen nicht aufzuhalte­n. Aber wie gesagt – man muss mit großer Sorgfalt agieren. Auch, was die Anzahl der Springerin­nen betrifft.“

Für die Weltcup-Premiere in Vikersund sind 18 Athletinne­n (die Top 15 des Gesamtwelt­cups plus drei über die Raw-Air-Wertung) zugelassen, den Rekord hält Ema Klinec mit 226 Metern. „Beim Marathon hieß es anfangs auch: Das geht für Frauen nicht, das halten Lunge und Herz nicht aus. Dann hat es eine Frau einfach mal gemacht – und es ging. Also: Lasst uns mal fliegen“, sagt Pinkelnig in dem demnächst in den Kinos erscheinen­den Film „Sieben Sekunden“.

Dieses Wochenende bekommen die Frauen in Norwegen endlich die Chance, in ihrem Sport den nächsten Meilenstei­n zu setzen.

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APA Österreich­s Flug-Ass Eva Pinkelnig zieht einen Vergleich mit dem Marathon
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