Kampfzone Graz für Landesparteien
Der Weg zum Landeshauptmann führt über Graz. Der Kurz-Effekt ist weg, gibt es einen Kahr- oder Kickl-Effekt?
Es war ein Kopf-an-KopfRennen, das aus heutiger Sicht überrascht. Bei der Land- tagswahl 2019 holte die ÖVP in Graz 25,4 Prozent und damit Platz eins, ganz knapp vor den Grünen mit 25,2 Prozent. 143 Stimmen betrug damals der Unterschied, es hat ausgereicht, um den damaligen ÖVP-Chef Hermann Schützenhöfer am Landeshauptmannsessel zu halten. Das hatte man aber der Rest-Steiermark zu verdanken, denn das steirische ÖVP-Ergebnis war deutlich besser: 36,1 Prozent.
So ein Ergebnis scheint bei der kommenden Landtagswahl im Herbst ausgeschlossen. Die politischen Karten werden gerade völlig neu gemischt. Das ist spätestens nach der Salzburg-Wahl allen klar, wo der gebürtige Grazer Kay-Michael Dankl die KPÖ
Plus auf Platz zwei führte und selbst kommende Woche die Bürgermeister-Stichwahl schlägt.
Die Relevanz der Grazer Wähler ist enorm. Für die drei Großen im Land führt der Weg zum Landeshauptmann über Graz, für die Kleineren ist Graz „die Lebensversicherung“, wie es Politikfachmann Heinz Wassermann nennt. Die ÖVP will Christopher Drexler im Amt halten, hat laut Wassermann aber „ein doppeltes Problem“: Der Kurz-Effekt ist weg und in Graz hat man sich von der Wahlniederlage unter Siegfried Nagl „immer noch nicht erholt“. Dazu kommt ein Problem, das alle Mitterechtsund Rechtsparteien haben: Sie fremdeln mit den urbanen Räumen. Am Beispiel ÖVP: Selbst im Erfolgsjahr 2019 kamen nur 13,6 Prozent all ihrer Stimmen aus Graz, bei einem Wähleranteil von 19,3 Prozent.
Will Anton Lang als Nummer eins durchs Ziel, muss die SPÖ in Graz wieder Fuß fassen. 2019 kamen nur 13 Prozent ihrer steiermarkweiten
Stimmen aus der Landeshauptstadt,
2015 waren es 17,7.
Für den Landeshauptmann brauche es einen „souveränen 20iger“am Wahlabend in Graz, so Wassermann.
Gibt es einen Kickl-Effekt? Das ist die Frage für FPÖ-Chef Mario Kunasek, der sich mit Ermittlungen rund um den Finanzskandal und seiner Hausbau-Causa genauso herumschlagen muss wie mit dem Antreten des KFG. Rückenwind der am Boden liegenden Stadtpartei gibt es wenig – und eine starke KPÖ wie in Salzburg kann der FPÖ die Flügel stutzen.
Für die Grünen ist Graz die Lebensversicherung. 2019 kamen 40,4 Prozent aller steirischen Stimmen für Sandra Krautwaschl aus Graz. „Damals war das Klima Zeitgeist-Thema, heute ist es überlagert von Inflation und Krieg“, so Wassermann. Ob die Tatsache, dass man in Graz die Vizebürgermeisterin stellt, sich positiv auswirken wird, lässt sich nur schwer voraussagen. „Die Fallhöhe ist enorm.“Noch stärker ist die Graz-Abhängigkeit bei der KPÖ: 41,4 Prozent ihrer Stimmen stammten aus der Landeshauptstadt. Claudia Klimt-Weithaler kann auf einen Elke Kahr-Effekt hoffen, „eine Wohlfühlbürgermeisterin, an der alle Kritik abperlt“, analysiert Wassermann. Ob es so ein Höhenflug wie in Salzburg wird? In Salzburg sei die KPÖ ein neues Phänomen, in Graz hingegen altbekannt, so Wassermann.
Bleiben die Neos, von der Ausrichtung prädestiniert als urbane Partei. Allein: Das Neu wirkt generell schon etwas verbraucht. Für Niko Swatek ist klar: Will er im Landtag bleiben, muss man in Graz punkten.