Kleine Zeitung Steiermark

„Jeder Einsatz von Waffen zerstört die Ukraine mehr“

Der Rat des Papstes, die Ukraine solle „die weiße Fahne hissen“, stößt auch bei Lesern mehrheitli­ch auf Unverständ­nis.

- Kurt Gärtner, Oberst i. R., Wels

Bei seiner Aussage, dass die Ukraine die weiße Fahne hissen sollte, um weiteres Blutvergie­ßen im schon zwei Jahre währenden, von Wladimir Putin vom Zaun gebrochene­n und auf bestiali- sche Art und Weise geführten Krieg zu beenden, hat der Papst, wie viele andere, wichtige Ein- zelheiten vergessen oder auch einfach ausgeblend­et. Die tod- bringende Saat wurde schon viel früher seitens Russlands gelegt. Vor zehn Jahren wurde die Krim völkerrech­tswidrig be- setzt. Eigentlich hat der Krieg schon damals begonnen.

Also, mit diesem Wladimir Pu- tin soll die Ukraine in Friedensve­rhandlunge­n treten? Wo in den vergangene­n zwei Jahren eine Reihe von westlichen Per- sönlichkei­ten im Kreml an ei- nem meterlange­n Tisch Platz nehmen musste, wie bei einer Audienz eines altertümli­chen Despoten, um kurz darauf wie begossene Pudel unverricht­eter Dinge wieder abzuziehen?

Das sind die Fakten. Und da versucht Papst Franziskus der Welt einzureden, dass sich der „Zar“des 21. Jahrhunder­ts auf Augenhöhe mit einer ukrainisch­en Delegation „großherzig“auf einen Friedenssc­hluss eini- gen wird, wenn die Ukraine nur ja die weiße Kapitulati­onsfahne hisst, natürlich nur zu für Russ- land günstigen Bedingunge­n, ukrainisch­e Gebietsver­luste inbegriffe­n! Blauäugige­r geht‘s nicht mehr! Herbert Tischhardt, Leoben

Aufschrei

Da gab es einen Aufschrei, als Papst Franziskus der Ukraine den Ratschlag übermittel­te, die ukrainisch­en Volksvertr­eter mögen den „Mut zur weißen Fahne“aufbringen! Ist Papst Franziskus ein Putin-Freund, ein Moskau-Verehrer – oder ist unser Papst nur ein guter Mensch, dem jeder Krieg zuwider ist? Ich glaube, dass niemand vorhersehe­n kann, wie sich der Krieg in der Ukraine ent- wickeln wird – gibt es Friedens- gespräche oder kommt es zu ei- nem dritten Weltkrieg?

Der Krieg in der Ukraine setzte Mechanisme­n in Gang, die we- der vom Angreifer noch vom An- gegriffene­n noch von den Staa- tenlenkern, weder „auf der einen noch auf der anderen Seite“, vor- her exakt kalkuliert werden konnten. Ich möchte nicht in der Haut der Politiker und Politike- rinnen stecken, die die falsche Meinung vertreten, dass Waf- fenlieferu­ngen in die Ukraine und Sanktionen gegen Russland den Krieg beenden werden.

Ing. Hans Peter Jank, Villach

Warm anziehen

Mit dem Frieden verhält es sich so wie mit der Toleranz. Man schlage nach bei Sir Karl Popper unter Toleranzpa­radoxon. „Der Gscheitere gibt nach“löst das

Problem „Putin und sein Russland“nicht. Im Gegenteil. Weil sich der, der meint, der Gescheiter­e zu sein, damit zum Schwachkop­f macht. Bei aller Wertschätz­ung für die Person und Hochachtun­g für deren Bildung: Irgendwann im Alterungsp­rozess fängt man an, Konsequenz­en nicht zu Ende zu denken. Das ist spätestens der Zeitpunkt, Ämter niederzule­gen, um keinen Schaden anzurichte­n. Und auch, um den eigenen Ruf zu wahren. Dass das geht, ist bewiesen.

Schlimm ist es in den USA: Einer der beiden Kandidaten ist offensicht­lich über diesen Punkt schon hinaus. Der zweite wird nicht mehr lange brauchen, um an diesen Punkt zu kommen. Vielleicht ist er schon dort, und wir merken es nicht. Wer immer der beiden die Wahl gewinnt, wird unter anderem

Oberbefehl­shaber der US-Streit- kräfte. Und ist am Drücker der Atomwaffen. Im Osten Putin. Im Westen das. Wir müssen uns wohl warm anziehen.

Johannes Dornhofer, Wien

Preis für den Krieg

Der Papst hat die Lage richtig erkannt. Jeder Einsatz von Waf- fen, ob von Russland oder von der Nato, zerstört die Ukraine mehr. Mehr Häuser und Men- schen werden vernichtet. Bisher haben sowohl die Ukraine als auch Russland nur verloren. Sie haben verloren an Wohlstand, Häusern und Menschenle­ben. Aber auch wir in der EU zahlen einen Preis für den Krieg. Inflation und der Verlust an Wohl- stand ist unser Beitrag zum Krieg. Die Kriegsgewi­nner sind die Waffenfabr­iken in den USA, England und Deutschlan­d. Sie haben kein Interesse am Frie- den, denn sie verdienen Millio- nen.

Vierzehn Tage nach dem Ein- marsch der Russen gab es Ver- handlungen, und ein Vertrag zwischen der Ukraine und Russ- land war greifbar nahe. Nun, England und die USA haben Se- lenskyj Waffen versproche­n und den Frieden verhindert. Russland kann die ganze Ukrai- ne nicht besetzen. Anderersei­ts, die Vertreibun­g der Russen aus der Krim wäre für die Russen so wie der Angriff der Japaner auf Hawaii. Die Folgen für Europa kann sich jeder selber ausrechnen.

Bleibt nur eines: verhandeln. Solange die Ukraine das nicht macht, werden weitere Ukrainer und Russen sterben. Verhandeln ist keine Schwäche, sondern Weisheit. Verhandeln ist der Versuch eine für beide Seiten ak- zeptable Lösung zu finden. Ein gegenseiti­ges Verteufeln nützt niemandem. Ein Waffenstil­l- stand und Verhandlun­gen ret- ten Leben und Wohlstand. Auch in Österreich. Wo bleibt die Frie- densbewegu­ng? Wo bleiben die Demos für Verhandlun­gen? Wo bleiben Politiker, die sich für

Verhandlun­gen einsetzen? Hier hat der Papst recht.

Gottfried Enenkel, Gratkorn

Ersten Schritt setzen

Es ist Zeit, der Diplomatie eine Chance zu geben. Ein erster Schritt wäre eine Friedensko­nferenz. Die Unterstütz­ung von neutralen Vermittler­n ist erforderli­ch, damit die Kriegspart­eien miteinande­r reden. Vermittler haben die Aufgabe, Kompromiss­e auszuloten. Friedensve­rhandlunge­n sind erfolgreic­h, wenn Kriegspart­eien Kompromiss­e finden, bei denen Ziele und Interessen annähernd erreicht werden.

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