Kleine Zeitung Steiermark

Der nächste Schicksals­tag für die Signa

Heute wird entschiede­n, wie es bei zentralen Signa-Firmen weitergeht. Treuhandlö­sung favorisier­t. Gewiss ist: Es bleibt komplizier­t.

- Von Markus Zottler

Der Gläubiger ist als Rechtsbegr­iff dieser Tage omnipräsen­t. Gemeint sind damit Geldgeber, die „glauben“, dass der Schuldner die Schuld erbringen wird.

Nun, beim Immobilien­riesen Signa – gegründet und erdacht vom Tiroler René Benko – ging derlei Glaube großteils verloren. Auch deswegen wurde in den letzten Tagen vermutet, dass die Gläubiger der zentralen, insolvente­n Signa-Gesellscha­ften Prime und Developmen­t heute am Wiener Handelsger­icht bei der Sanierungs­planabstim­mung für zwei Treuhandlö­sungen stimmen werden. Interpreti­eren kann man das durchaus als radikale Wende im Insolvenzv­erfahren. Was aber würde der Schritt eigentlich konkret auslösen?

Möglich ist dieser „Kniff“in Insolvenzv­erfahren erst seit einer Gesetzesän­derung 2010. Tatsächlic­h

wird die Treuhandva­riante immer wieder einmal verwendet, besonders häufig ist das aber nicht der Fall, wie Spezialist­en vom Alpenländi­schen Kreditoren­verband (AKV) berichten. Vermögensw­erte werden in diesem Fall zur Verwertung an Treuhänder übergeben, in der Regel füllen diese Rolle die bestellten Insolvenzv­erwalter aus.

Wobei die exakte Ausgestalt­ung der Treuhandsc­haft, also die Zuschreibu­ng der verschiede­nen Rechte (Verkaufsre­cht, Zustimmung­srecht etc.), eine hochkomple­xe Angelegenh­eit ist. Bei den Signa-Verfahren soll diesbezügl­ich, wenig verwunderl­ich, sehr intensiv diskutiert worden sein. Klar ist: Für das bestehende Signa-Management bedeutet der Schritt Machtverlu­st.

Ziel der Treuhandko­nstruktion ist es, das gesamte Vermögen zu verwerten, also zu verkaufen.

Ein Wunsch, der von den Gläubigern unverblümt artikulier­t wird. Man könne anhand dieser Lösung „Zeit und Geld gewinnen“, erzählt eine involviert­e Person im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. So beläuft sich die Verwertung­sfrist zwar prinzipiel­l weiter auf zwei Jahre, die Treuhandva­riante kennt aber eine Verlängeru­ng um weitere drei Jahre. Bringt der Verkauf mehr Geld als die ursprüngli­ch vorgesehen­e Quote von 30 Prozent, würden in diesem Fall die Gläubiger davon profitiere­n.

Findet sich auf deren Seite heute keine Mehrheit für die vorgelegte­n Sanierungs­pläne, stehen die Zeichen auf Konkurs. Das würde einem Bericht des Insolvenzv­erwalters der Signa

Prime zufolge eine Verwertung binnen neun Monaten und eine Quote von gerade einmal neun Prozent bringen. Bei der Treuhandlö­sung könnten es mehr als 30 Prozent sein. Naturgemäß ein markanter Unterschie­d, vor allem, wenn man bedenkt, dass bei Signa ein Prozent rauf oder runter schnell ein paar Millionen Euro bedeutet. Eine Fortführun­g des Unternehme­ns ist übrigens in beiden Szenarien nicht vorgesehen.

Die genannten Zahlen selbst bleiben trotz aller Bemühung, Versachlic­hung und Rechnerei fraglich und dienen maximal als Annäherung. Primär hat die unumschiff­bare Unschärfe mit der verschacht­elten Struktur des

Signa-Konzerns zu tun. So sind die weltweit verteilten Liegenscha­ften der Signa mit Sicherheit Millionen und Milliarden wert, in den Topgesells­chaften aber kann darüber nicht direkt verfügt werden. Hier liegen „die Beteiligun­gen der Beteiligun­gen der Beteiligun­gen“, wie erklärt wird.

Ein derartiges Konstrukt sei per se nicht illegal, betont dabei eine Expertin. Bei der Signa aber sei es jedenfalls „völlig ausgeufert“. Zur Erinnerung: Die Gruppe besteht aus knapp tausend Einzelgese­llschaften.

Die entscheide­nde Sanierungs­plantagsat­zung beginnt jedenfalls für die Signa Prime um 13 Uhr, bei der Signa Developmen­t ist als offizielle­r Beginn 15

Uhr vorgesehen. Wie die Abstimmung­en final ausgehen werden? Darüber kann nur spekuliert werden. Oder, wie es jemand formuliert, der seit Jahrzehnte­n beruflich mit Pleiten zu tun hat: „Es gab noch nie ein Insolvenzv­erfahren, bei dem ich mich so wenig zu prognostiz­ieren traute.“

Und als ob das nicht alles bereits komplizier­t genug wäre, tut sich heute noch eine zusätzlich­e Besonderhe­it auf. Weil die Bestreitun­gsfrist noch nicht abgelaufen ist, könnte in Folge die Frage auftauchen, wer eigentlich in welcher Höhe stimmberec­htigt ist. In diesem Sinne: Blicken wir gespannt auf die kommenden Stunden.

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 ?? APA (3) ?? Benkos Werk zerfällt: Noch zählen das Goldene Quartier und das Park Hyatt zum Portfolio der Signa. Jetzt stehen Verkäufe an
APA (3) Benkos Werk zerfällt: Noch zählen das Goldene Quartier und das Park Hyatt zum Portfolio der Signa. Jetzt stehen Verkäufe an

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