Im Gleichschritt Richtung Gleichstellung?
Auch Frauen müssen ans Gewehr – das beschließt nun auch Dänemark. Ein Vorstoß zwischen Pragmatik und Gleichstellung.
Frauen müssen ans Gewehr – in Dänemark wird das in zwei Jahren gelten. Dazu hat sich die Mitte-links-Regierung in Kopenhagen nach langem Debatten durchgerungen. Die sozialdemokratische Regierungschefin Mette Frederiksen versuchte, die kommende Verpflichtung den jungen Däninnen mit der „vollen Gleichstellung der Geschlechter“schmackhaft zu machen.
Der Grund für die Änderung in der Wehrpflicht ist zunächst mal ein pragmatischer: Angesichts der russischen Aggression in der Ukraine rüstet auch das kleine Dänemark massiv auf. Die Wehrpflicht wird von vier Monaten auf elf Monate ausgeweitet, statt 4700 sollen nun 5000 in dem Land mit knapp sechs Millionen Einwohnern ihren Dienst in der Uniform ableisten. Viele sind das nicht, darum trifft die Wehrpflicht nicht generell jeden
– vor allem, wenn sich genug von selbst verpflichten, davon sind bislang ein Fünftel Frauen. Die Initiative zur Erweiterung der Wehrpflicht kommt von der bürgerlichen Regierungspartei „Die Moderaten“, sehr engagiert trommelte die Abgeordnete Charlotte Bagge dafür, die Ende der 80er-Jahre eine der ersten Frauen beim Militär war. Die heute 54-Jährige plädiert für eine „Gleichstellung“für beide Geschlechter.
Typisch Skandinavien – die nordischen Länder gelten als progressiv, Frauenrechte werden großgeschrieben. Doch gleichzeitig ist das Individuum im Norden Europas dazu angehalten, seinen Teil für das Gemeinwohl zu leisten.
Bereits in der vorchristlichen Wikingerzeit gab es eine Art „Unisex-Wehrdienst“– damals mussten auch Frauen mit Schwert und Streitaxt umgehen können, um Haus und Hof zu verteidigen.
Im frühen 20. Jahrhundert entstanden dann in Finnland, Schweden, Norwegen und zuletzt in Dänemark die sogenannten „Lottebewegungen“, Frauenorganisationen, die dem Militär zuarbeiteten. Noch heute ist in Schweden der „Lottekorps“, der im April seinen 100. Geburtstag feiert, die größte Frauenvereinigung des Landes.
Und de facto hat das Land, das kürzlich in die Nato aufgenommen wurde, seit 2018 eine Art Wehrpflicht für Frauen, in Norwegen besteht sie schon seit 2015. Argumentiert wurde von den Befürwortern mit dem Militär als „Spiegelbild der Gesellschaft“.
Diese Wehrpflicht bedeutet jedoch nicht, dass alle wehrfähigen Frauen eingezogen würden, sondern dass die Streitkräfte „unabhängig vom Geschlecht“sich die besten Kandidaten auswählen. Auch in diesen Ländern machen Frauen rund ein Fünftel der Streitkräfte aus. Doch es gibt ungute Signale – nach einer Erhebung fühlen sich nur dreißig Prozent der jungen Schwedinnen psychisch wie physisch fähig, den Anforderungen der Streitkräfte gerecht zu werden.
Auch in Finnland, wo seit den 90er-Jahren Frauen freiwillig an der Waffe dienen können, gilt die Militärzeit als hart, viele quittieren, da sie es körperlich nicht durchstehen. Die Wehrpflicht für Frauen ist in Finnland vorerst vom Tisch – der grüne Präsidentschaftskandidat Pekka Haavisto machte die Einführung zum Wahlkampfthema, doch der konservative Alexander Stubb, Gegner eines solchen Projekts, gewann die Stichwahl im Februar.
Bindend für Männer und Frauen in den skandinavischen Ländern bis auf Dänemark ist die „Totale Verteidigung“. In Schweden gilt die Bereitschaft für Zivilisten, dem Militär zuzuarbeiten, und dies gilt von 16 bis 70 Jahren. Taffe Zeiten.