Brandschutz: Viele Mängel in Lokalen
Verlegte Fluchtwege, zu viele Gäste: etliche Mängel bei Kontrollen in Nachtgastronomie. Ermittlungen nach Stern-Tragödie laufen.
Im Grazer Rathaus versucht man, zu beruhigen und die ersten Ergebnisse der umfassenden Kontrollen einzuordnen: In keinem einzigen Fall habe man drastische Maßnahmen wie die sofortige Schließung eines Lokals „auch nur andenken“müssen. Und dennoch: Nach der Brandtragödie im Grazer „Stern“, die in der Silvesternacht ein Todesopfer gefordert hatte, sind Öffentlichkeit wie Behörden entsprechend sensibilisiert – also gesteht man seitens der Stadt Graz doch seufzend, dass weiterhin laufende Kontrollen bislang etliche Mängel zutage förderten.
„Wir haben vorerst rund 100 Betriebe in Graz aufgesucht, nur bei einem Viertel gab es nichts zu beanstanden“, bestätigt Doris Jurschitsch, Leiterin der Bau- und Anlagenbehörde, der Kleinen Zeitung. Im Nachhall der Silvestertragödie hatte sich Jurschitsch ja mit Stadtrat Günter Riegler (ÖVP) darauf verständigt, Lokale in der Grazer Innenstadt in Sachen Brandschutz unter die Lupe zu nehmen. In einem ersten Schritt betraf dies Bars und andere „Fortgehlokale“: Zwischen 20 Uhr abends und vier Uhr Früh marschierten Betriebsanlagenjuristen, Arbeitsinspektoren und Brandschutztechniker an Türstehern vorbei – und eben immerhin in 75 Prozent der Fälle mit dem Auftrag zu Nachbesserungen wieder raus.
„Bei den leichteren Beanstandungen ging es etwa um nicht überprüfte Feuerlöscher, eine fehlende Fluchtwegleuchte oder auch um Getränkekisten und Sessel, welche die Fluchtwege versperrt haben“, so Jurschitsch. Ein Viertel der entdeckten Mängel sei aber durchaus
gravierender Natur gewesen: „Darunter verstehen wir als Behörde, wenn zum Beispiel mehr Besucher als zugelassen im Lokal waren. Oder die Lage der Fluchtwege vor Ort nicht mehr mit dem Bescheid übereingestimmt hat. Denn wenn sich hier etwas ändert, muss es der Behörde gemeldet werden.“
Überhaupt betont die Leiterin der Bau- und Anlagenbehörde einmal mehr die Eigenverantwortung der Wirte. „Wir verwalten uns ja eh schon fast zu Tode, es kann ja nicht hinter jedem Gastronomen ein Beamter von
Nur bei einem Viertel der Lokale gab es nichts zu beanstanden.
Doris Jurschitsch Leiterin der Baubehörde
uns stehen und kontrollieren.“Also erinnert sie erneut an Paragraf 82b der Gewerbeordnung, der alle fünf Jahre zur selbstständigen Überprüfung auffordert, ob der Betrieb noch dem Genehmigungsbescheid entspricht – gerade bei der „Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen“.
Dennoch: Parallel gehen die vorsorglichen Kontrollen der Behörde in Graz weiter, in einem nächsten Schritt wird man in den kommenden Tagen und Wochen bei Grazer Speiselokalen vorstellig. Über allem schwebt aber nach wie vor die Frage, wie es zur Tragödie im Stern neben dem Karmeliterplatz kommen konnte: Für eine 21-Jährige war ja trotz eines Großaufgebots an Rettungskräften leider jede Hilfe zu spät gekommen. Eine Antwort darauf gibt es weiterhin nicht: Sowohl seitens der Staatsanwaltschaft als auch der Brandermittler bei der Polizei erklärt man, dass die Ermittlungen noch auf Hochtouren laufen. So wurde das Feuer ja in einem Labor gleichsam nachgestellt, um Rückschlüsse auf Dekorationsmaterial als Brandursache zu erhalten.
Auch komme es weiterhin zu Einvernahmen. Dabei werden nicht nur Opfer und der Lokalbesitzer selbst befragt: Zum einen untersucht die Staatsanwaltschaft nach dem Brand im
Stern ja auch die Arbeit städtischer Dienststellen – und zum anderen beließ es Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) nicht bei der Betonung, die Staatsanwaltschaft zu unterstützen, sondern verkündete auch, die Innenrevision im Magistrat mit einer Prüfung zu beauftragen. Sowohl das Vorgehen der Staatsanwaltschaft als auch interne Ermittlungen sieht man in der Beamtenschaft grundsätzlich als „logische Schritte nach einem Brand mit Todesfolge“– zugleich wünscht sich mancher, die öffentliche Wortwahl „hätte mehr Fingerspitzengefühl unserer Arbeit gegenüber bewiesen“.
Jedenfalls ist auch diese Innenrevision noch nicht abgeschlossen, bestätigt Magistratsdirektor Martin Haidvogl: „Da geht es um das Sichten von Akten und das Hinterfragen von Abläufen, also um das gesamte Risikomanagement.“