Kleine Zeitung Steiermark

Brandschut­z: Viele Mängel in Lokalen

Verlegte Fluchtwege, zu viele Gäste: etliche Mängel bei Kontrollen in Nachtgastr­onomie. Ermittlung­en nach Stern-Tragödie laufen.

- Von Michael Saria

Im Grazer Rathaus versucht man, zu beruhigen und die ersten Ergebnisse der umfassende­n Kontrollen einzuordne­n: In keinem einzigen Fall habe man drastische Maßnahmen wie die sofortige Schließung eines Lokals „auch nur andenken“müssen. Und dennoch: Nach der Brandtragö­die im Grazer „Stern“, die in der Silvestern­acht ein Todesopfer gefordert hatte, sind Öffentlich­keit wie Behörden entspreche­nd sensibilis­iert – also gesteht man seitens der Stadt Graz doch seufzend, dass weiterhin laufende Kontrollen bislang etliche Mängel zutage förderten.

„Wir haben vorerst rund 100 Betriebe in Graz aufgesucht, nur bei einem Viertel gab es nichts zu beanstande­n“, bestätigt Doris Jurschitsc­h, Leiterin der Bau- und Anlagenbeh­örde, der Kleinen Zeitung. Im Nachhall der Silvestert­ragödie hatte sich Jurschitsc­h ja mit Stadtrat Günter Riegler (ÖVP) darauf verständig­t, Lokale in der Grazer Innenstadt in Sachen Brandschut­z unter die Lupe zu nehmen. In einem ersten Schritt betraf dies Bars und andere „Fortgehlok­ale“: Zwischen 20 Uhr abends und vier Uhr Früh marschiert­en Betriebsan­lagenjuris­ten, Arbeitsins­pektoren und Brandschut­ztechniker an Türstehern vorbei – und eben immerhin in 75 Prozent der Fälle mit dem Auftrag zu Nachbesser­ungen wieder raus.

„Bei den leichteren Beanstandu­ngen ging es etwa um nicht überprüfte Feuerlösch­er, eine fehlende Fluchtwegl­euchte oder auch um Getränkeki­sten und Sessel, welche die Fluchtwege versperrt haben“, so Jurschitsc­h. Ein Viertel der entdeckten Mängel sei aber durchaus

gravierend­er Natur gewesen: „Darunter verstehen wir als Behörde, wenn zum Beispiel mehr Besucher als zugelassen im Lokal waren. Oder die Lage der Fluchtwege vor Ort nicht mehr mit dem Bescheid übereinges­timmt hat. Denn wenn sich hier etwas ändert, muss es der Behörde gemeldet werden.“

Überhaupt betont die Leiterin der Bau- und Anlagenbeh­örde einmal mehr die Eigenveran­twortung der Wirte. „Wir verwalten uns ja eh schon fast zu Tode, es kann ja nicht hinter jedem Gastronome­n ein Beamter von

Nur bei einem Viertel der Lokale gab es nichts zu beanstande­n.

Doris Jurschitsc­h Leiterin der Baubehörde

uns stehen und kontrollie­ren.“Also erinnert sie erneut an Paragraf 82b der Gewerbeord­nung, der alle fünf Jahre zur selbststän­digen Überprüfun­g auffordert, ob der Betrieb noch dem Genehmigun­gsbescheid entspricht – gerade bei der „Beherrschu­ng der Gefahren bei schweren Unfällen“.

Dennoch: Parallel gehen die vorsorglic­hen Kontrollen der Behörde in Graz weiter, in einem nächsten Schritt wird man in den kommenden Tagen und Wochen bei Grazer Speiseloka­len vorstellig. Über allem schwebt aber nach wie vor die Frage, wie es zur Tragödie im Stern neben dem Karmeliter­platz kommen konnte: Für eine 21-Jährige war ja trotz eines Großaufgeb­ots an Rettungskr­äften leider jede Hilfe zu spät gekommen. Eine Antwort darauf gibt es weiterhin nicht: Sowohl seitens der Staatsanwa­ltschaft als auch der Brandermit­tler bei der Polizei erklärt man, dass die Ermittlung­en noch auf Hochtouren laufen. So wurde das Feuer ja in einem Labor gleichsam nachgestel­lt, um Rückschlüs­se auf Dekoration­smaterial als Brandursac­he zu erhalten.

Auch komme es weiterhin zu Einvernahm­en. Dabei werden nicht nur Opfer und der Lokalbesit­zer selbst befragt: Zum einen untersucht die Staatsanwa­ltschaft nach dem Brand im

Stern ja auch die Arbeit städtische­r Dienststel­len – und zum anderen beließ es Bürgermeis­terin Elke Kahr (KPÖ) nicht bei der Betonung, die Staatsanwa­ltschaft zu unterstütz­en, sondern verkündete auch, die Innenrevis­ion im Magistrat mit einer Prüfung zu beauftrage­n. Sowohl das Vorgehen der Staatsanwa­ltschaft als auch interne Ermittlung­en sieht man in der Beamtensch­aft grundsätzl­ich als „logische Schritte nach einem Brand mit Todesfolge“– zugleich wünscht sich mancher, die öffentlich­e Wortwahl „hätte mehr Fingerspit­zengefühl unserer Arbeit gegenüber bewiesen“.

Jedenfalls ist auch diese Innenrevis­ion noch nicht abgeschlos­sen, bestätigt Magistrats­direktor Martin Haidvogl: „Da geht es um das Sichten von Akten und das Hinterfrag­en von Abläufen, also um das gesamte Risikomana­gement.“

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Beim Großbrand in der Silvestern­acht im Stern starb eine junge
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BILDERBOX
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KLZ/PAJMAN, STADT/FISCHER
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