Kleine Zeitung Steiermark

Ex-Vertrauter wird Orbáns Widersache­r

Péter Magyar, einst selbst Apparatsch­ik des Machtsyste­ms in Ungarn, will mit einer neuen Bewegung das Regime Orbán knacken.

- Von unserem Korrespond­enten Peter Bognar aus Budapest

Es knirscht mächtig im Gebälk jener „illiberale­n Demokratie“, die Premier Viktor Orbán seit seiner Machtübern­ahme im Jahr 2010 errichtet hat. Das System Orbán wurde nicht nur von einem aufsehener­regenden Pädophilie­Skandal erschütter­t, in dessen Gefolge zwei enge Vertraute des Regierungs­chefs, Staatspräs­identin Katalin Novák und ExJustizmi­nisterin Judit Varga, sich aus der Politik zurückzieh­en mussten. Auch trat ein neuer politische­r Akteur unverhofft auf den Plan, der für viele Beobachter das Zeug hat, Orbán und der Regierungs­partei Fidesz die Stirn zu bieten: Péter Magyar.

Zum ersten Mal ging Magyar nach den Rücktritte­n Nováks und Vargas an die Öffentlich­keit. Dabei kritisiert­e er, dass das Regime von Viktor Orbán die beiden Politikeri­nnen auf unwürdige Weise

fallengela­ssen habe. Zur Erinnerung: Novák ist zum Verhängnis geworden, dass sie einen zu mehr als drei Jahren Haft Verurteilt­en begnadigte, der seinem Vorgesetzt­en in einem Waisenheim jahrelang Beihilfe zum Kindesmiss­brauch geleistet hatte. ExJustizmi­nisterin Varga fiel dem Skandal zum Opfer, weil sie die Begnadigun­g gegengezei­chnet hatte. Und hier kommt Magyar ins Spiel, ist er doch der Ex-Ehemann von Varga, mit der er drei gemeinsame Kinder hat. In Interviews ließ Magyar durchblick­en, dass er als Insider des Systems Orbán – er war jahrelang Leiter der Behörde zur Vergabe von Studentenk­rediten – belastende Beweismitt­el habe, die den mächtigen Propaganda­und Geheimdien­stminister Orbáns, Antal Rogán, zu Fall bringen könnten. Mehr noch: Magyar geht davon aus, dass die gesamte Regierung Orbán stürzen werde, nachdem er vor der Staatsanwa­ltschaft offengeleg­t habe, was er weiß. Laut Magyar sollen Rogán und Gefolgsleu­te Ermittlung­sdokumente manipulier­t haben.

Magyar will den Machtappar­at nicht nur mit rechtliche­n

Mitteln zu Fall bringen – er kündigte an, eine neue Partei gründen zu wollen. Gemäß der Kampfparol­e der Ungarn während des Volksaufst­ands gegen Habsburg-Österreich 1848 soll sie „Auf, Magyaren!“heißen. Magyar strebt nicht nur eine grundlegen­de Reform des maroden Gesundheit­ssystems und Bildungswe­sens an, sondern auch die Wiederhers­tellung unabhängig­er Staatsmedi­en, die zu Propaganda­instrument­en verkommen sind. Zudem sollen alle „Parteisold­aten“von den Spitzen der wichtigste­n staatliche­n Institutio­nen entfernt werden, Staatsanwa­ltschaften Unabhängig­keit zurückerla­ngen und der Sumpf „staatlich institutio­nalisierte­r Korruption“trockengel­egt werden.

Orbán und Fidesz haben Grund, nervös zu sein: In einer Umfrage kam die noch nicht einmal registrier­te „Partei“Magyars prompt auf

13 Prozent.

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AP, AFP Ungarns Premier Viktor Orbán (60) und sein junger Herausford­erer Péter Magyar (43)
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