„Verantwortungsträger sollten auch soziale Stabilität im Auge haben“
Ein Leser kritisiert die Leerstandsabgabe als bürokratische Maßnahme, die den Mittelstand schwächen würde. Ein anderer betrachtet sie wiederum als Hohn für Steuerzahler, die sparsam wirtschaften.
LB: „Offenbar brauchen Gemeinden zusätzliches Körberlgeld“, 15. 3. ie Leerstandsabgaben sind eine höchst unge- naue bürokratische Maß- nahme und schwächen den durch Nullzinspolitik, Inflation, digitalen Handel etc., bereits an- geschlagenen Mittelstand noch weiter. Gerade in unseren be- wegten Zeiten sollten unsere Verantwortungsträger auch die soziale Stabilität im Auge ha- ben, wofür ein breiter Mittel- stand immer ein Garant war. Und außerdem, wie wollen die bürgerlichen Parteien mit noch mehr Obrigkeitsbürokratie eine Wahl gewinnen?
Dr. Johannes Hofer, Kindberg
DIn die Pflicht nehmen
Zu viele Wohnungen stehen leer. Ja, das ist uns Mietern wohlbekannt, denn man kann sie sich nicht leisten! Die Woh- nungen ab 70 Quadratme- ter kann man sich nur mit zwei Verdienern leisten und im Ge- gensatz zur Steiermark wird in
Kärnten überhaupt kein Augen- merk auf Single-Wohnungen ge- legt. Obwohl es erwiesen ist, dass diese Gruppe sehr groß ist. Und nein, ich habe alleine keinen Platz in einer 30 Qua- dratmeter Garçonnière, die in die Jahre gekommen ist. Wie auch viele andere Wohnungen! Da soll man über die Hälfte seines Lohns für die Miete einer Woh- nung lockermachen, bei deren Besichtigung man aber vor Schreck rückwärts aus der Tür fällt ... Leistbares Wohnen muss die Zukunft sein und auch die Vermieter gehören in die Pflicht genommen, auch einmal zu re- novieren.
Barbara Grundnig, Winklern
Hohn für Steuerzahler
Wir haben viel Geld investiert, um unser Wohnhaus zu renovie- ren. 1999 habe ich mit meiner Frau einen Adeg-Markt dazu ge- baut und bar bezahlt. Die Reno- vierung unseres Wohnhau- ses kostete mit Eigenleistung circa 160.000 Euro. Landesförde- rung wurde mir versprochen, jedoch nichts ausbezahlt, weil ich bar bezahlt hatte. Laut Aus- kunft beim zuständigen Amt wurde mir mitgeteilt, dass nur bei „Kreditbezahlung“die Förde- rung ausbezahlt wird.
Anfang März hat uns unser Gemeindeamt einen Bescheid über Hunderte Euro Gebühr vor- geschrieben. Das wäre an „Leer- standsabgabe“zu zahlen, weil diese Räume jetzt leer wären. Dabei wohnt mein jüngster Sohn bei uns, mit der Absicht, ei- ne Familie zu gründen. Das ist der Lohn für sparsames Wirt- schaften in einem Familienbetrieb. Ein Hohn für heimische Staatsbürger und Steuerzahler, die keine Schulden haben.
Weiters wäre es interessant, zu wissen, ob in unserem Ort für eine seit Jahren unbewohnte Ju- gendstilvilla eines Millionärs, den unbewohnten Pfarrhof und das alte, ungenutzte Schulge- bäude auch „Leerstandsabgabe“bezahlt werden muss. Muss die Gemeinde auch „Leerstandsab- gabe“zahlen? Franz und Erika
Pinter, Dechantskirchen
Neue Einnahmequellen
Den Leserbriefschreibern kann ich beipflichten. Beim Erwerb, bei der Errichtung, sowie der Erhaltung eines Hauses oder einer Wohnung wurde viel Geld mittels Eigen- oder Fremdfinanzierung aufgebracht, das wiederum der heimischen Wirtschaft, sowie auch dem Fiskus, zugutegekommen ist. Heute werden Besitzer dafür bestraft und von der Politik ins schlechte Licht gerückt, mit dem Argument, dass sie dort nicht ihren Hauptwohnsitz haben.
Auch werden der Flächenverbrauch und Umweltschutz bei diesen Begründungen angeführt. Es scheint, dass in den meisten Parteien eine Eigentumsfeindlichkeit Platz genommen hat und eine Neidgemeinschaft gezüchtet wird! Es ist nicht verständlich, dass auch bürgerliche Parteien auf den Zug aufgesprungen sind, die behauptet haben, für selbst erarbeitetes Eigentum zu stehen! Der Hintergrund ist die chronische Überziehung der Budgets
und man sucht immer wieder neue Einnahmequellen!
Meine Frau und ich sind Ei- gentümer einer kleinen Liegen- schaft mit einem Haus. Dort kann man das Argument des Flächenverbrauchs nicht anführen, da schon viele Jahrzehnte dort ein Haus gestanden ist. Sei- nerzeit wohnte dort meine Tan- te. Nach ihrem Tod übernahm meine Mutter. Sie wollte dort ih- ren Lebensabend verbringen. Es wurde viel Geld in die Hand ge- nommen und das Haus ausge- baut. Leider ist sie verstorben und mein Vater lebte noch zehn Jahre alleine dort. Für mich und meine Familie ist es keine Frage, dass wir dieses Objekt weiter be- halten, nachdem meine Groß- eltern vor 120 Jahren nach Stra- den gezogen sind und meine Mutter dort aufgewachsen ist. Wir haben bisher jährlich eine
Zweitwohnsitzabgabe an die Gemeinde bezahlen müssen, je- doch entzieht sich der Titel „Leerstandsabgabe“meinem Verständnis von Eigentum in ei- ner freien Gesellschaft.
KR Alois Kögl, Mureck
Empfehlung umsetzen
Sittingers Post „Sehr geehrter Herr Markus Koza“, 17. 3.
Ich bin mit Ernst Sittinger einer Meinung, dass es an der Zeit wä- re, Empfehlungen des Rech- nungshofes, was die Bildungs- karenz betrifft, endlich umzu- setzen. Das Geschäftsmodell für Kursanbieter geht nach meiner Information so weit, dass eine Teilnahme an diversen Kursen nicht mehr notwendig ist. An- meldung und Bezahlung der Kurskosten reiche, um die Bil- dungskarenz zu bekommen. Das wäre eine Erklärung für das
Steigen der Inanspruchnahme der beruflichen Auszeit. Wie kommt der Sozialsprecher der Grünen zu der Annahme, dass „Reformen die Leistungskür- zungen zum Ziel hätten“? Die Bildungskarenz könnte auch aus oben angeführten Gründen beliebt und erfolgreich sein.
Gerlinde Maurer, Graz
Bildung als Joker
„Auszeit für Bildung bei Frauen voll im Trend“, 16. 3.
Wer möchte nicht als „gebildet“gelten? Auch wenn in unserer digitalen Zeit das Wort „Bil- dung“so einen altväterischen Klang bekommen hat. Es muf- felt nach Ideen des 19. Jahrhun- derts und Besinnungsaufsätzen im humanistischen Gymnasi- um. Dem zum Trotz ist „Bildung“ein Joker, beliebt sogar im par- teipolitischen Wettstreit. Wie einen Goldschatz legen die Neos die Forderung nach mehr Bildung auf die Waage der parteipolitischen Auseinandersetzung und meinen damit besser ausgebildete Menschen, die den wirtschaftlichen „Standortvorteil“Österreichs zu sichern haben.
Die Bildungskarenz erscheint als Schlupfloch, durch das man niederdrückenden Arbeitsverhältnissen eine Zeit lang entrinnt. Jeder versteht, wenn ausgepowerte Mütter eine Auszeit anstreben. Aber gibt es dann überhaupt noch die aus purem Wissensinteresse Gebildeten? Wie eine aussterbende Spezies sieht man sie in sonst leeren öffentlichen Bibliotheken über Bücher und Zeitschriften gebeugt sitzen – in ihrer Freizeit und ohne finanzielle Abgeltung.
Franz Zeder, Deutschlandsberg