Kleine Zeitung Steiermark

Start-ups in der Sackgasse

Von Fisker bis Rivian kämpfen E-Auto-Start-ups ums Überleben. Selbst Tesla hat Milliarden an Wert verloren.

- Hinter Grund

Der Schock sitzt tief. Nach einer Reihe von Hiobsbotsc­haften musste E-AutoStart-up Fisker zuletzt zugeben, dass man die Produktion für sechs Wochen beim MagnaWerk in Graz stoppen werde. Trotz anderslaut­ender Ankündigun­gen.

Seit dem letzten Vorjahr richtete die Kleine Zeitung mehrere Fragenkata­loge an Fisker, die durchwegs mit „Kein Kommentar“beantworte­t wurde. Die Situation erscheint alarmieren­d. Die Barmittel des Unternehme­ns sind angeblich auf zuletzt auf 120,9 Millionen Dollar geschrumpf­t – weniger als ein Drittel dessen, was noch Ende vergangene­n Jahres verfügbar war. Im kapitalint­ensiven Automobilg­eschäft ist das eine verschwind­end kleine Summe.

Dazu kommt, dass Fiskers Ankündigun­gen bisher nicht gehalten haben. Von 40.000 kolben

portierten Stück pro Jahr wurden etwas über 10.000 produziert. Fisker ist mittendrin im Teufelskre­is, der so viele Neueinstei­ger erwischt hat: Man müsste Fahrzeuge verkaufen, um frisches Geld einzuspiel­en, hat aber offenbar zu wenig Geld, um weiter zu produziere­n. Mit den aktuellen Verkaufsza­hlen liegt man weit hinter den ursprüngli­ch kolportier­ten Plänen, deckte eine Online-Plattform auf. Fisker wollte das nicht kommentier­en. Fest steht heute lediglich: Die 60.000 Vorbestell­ungen, mit denen Fisker geworhat, waren nicht das Papier wert, auf dem sie gestanden sind. Inzwischen behobene Software-Probleme sorgten für schlechte Schlagzeil­en.

Firmengrün­der Henrik Fisker redet von einem Partner, der einsteigen könnte. Der Name Nissan fiel. Aber noch sind die Preise, die Fisker verlangen soll, viel zu hoch. Nach der Pleite wäre Fisker sicherlich viel günstiger zu haben, orakelt man deshalb jetzt in der Branche, der Aktienkurs liegt längst am Boden. Laut dem Wall Street Journal bereitet Fisker mit Experten eine Insolvenz vor. Magna, das an Fisker beteiligt ist und viel Geld investiert hat, ist in einer schwierige­n Position.

So wie Fisker geht es auch anderen Neueinstei­gern in der Autobranch­e. Die Goldgräber­stimmung ist vorbei, genauso wie der Abgesang auf die alten Autokonzer­ne, die durch die Bank Milliarden­gewinne machen, obwohl sie abgeschrie­ben wurden. Die neuen Stars gehen unter, nicht die alten. Das Wall Street Journal nahm zum Beispiel 43 Elektro-Start-ups unter die Lupe. Die Ergebnisse sind ernüchtern­d. Einige sind pleite, andere wurden verkauft, einem Teil der Unternehme­n droht Ende 2024 das Geld auszugehen, prophezeit­e die Zeitung, und nannte auch die Namen von Fisker, Nikola.

Der Kapitalmar­kt gibt sich angesichts der Entwicklun­gen zunehmend skeptisch, die hohen

Zinsen erschweren Finanzieru­ngen. Die Aktienkurs­e der einst gehypten Börsenstar­s befinden sich im Sinkflug, Milliarden­summen wurden verbrannt, das Vertrauen der Investoren ist verloren. Analysten vergleiche­n den damaligen Boom schon mit einer Art Immobilien­blase. Die Aktienkurs­e schmolzen um über 80, 90 Prozent,

Aber nicht nur die einstige Euphorie ist verflogen. Es ist erschrecke­nd, mit welcher Naivität die neuen Hersteller sich an den Markt wagten. Fisker hatte keine Händler an Bord, wollte es wie Tesla machen – und scheiterte wie andere an der eigenen Chuzpe. Autos, die 50.000, 60.000 Euro kosten, sind ohne

Händlernet­z nicht an Frau und Mann zu bringen.

Wie schwierig sich die Situation darstellt, spürt selbst Branchenpr­imus Tesla, das große Vorbild aller Neueinstei­ger. Alleine Musks Warnung, dass das Wachstum bei Tesla in diesem Jahr nachlassen dürfte, hat die Firma an einem Tag 80 Milliarden Dollar Marktwert gekostet. Seit dem Höhepunkt 2021 hat Tesla rund 40 Prozent an Wert verloren. Dabei spielt freilich auch der Preiskrieg eine Rolle, den sich Tesla und die chinesisch­e BYD liefern und der schwächere­n Spielern zu schaffen macht. Und die Geldgeber belohnen entspreche­nd die Unternehme­n, die ihre Kosten im Griff behalten. Rivian, Fisker kämpfen mit den Kosten beim Hochfahren der Produktion, suchen nach Partnern, während chinesisch­e Rivalen machtbewus­st neue Werke in Europa eröffnen, wie BYD. In der gefährlich­en Melange zwischen einer immer größeren Skepsis gegenüber dem Durchbruch der E-Autos und dem politische­n Versagen beim Aufbau einer geordneten Infrastruk­tur (samt transparen­ter Preispolit­ik) werden die neuen E-Auto-Start-ups regelrecht zerrieben.

Im Konglomera­t der Neuen werden Rivian und Lucid noch die größten Chancen gegeben, zu überleben, auch tauchen vereinzelt neue Marken mit arabischen Geldgebern auf. Aber die Skepsis bleibt.

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Didi Hubmann Mobilitäts­chef, über die Problemzon­en der Elektrisch­en E-Auto Startups
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WWW.IMAGO-IMAGES.DE Henrik Fisker, CEO von Fisker Inc.: Kampf ums Überleben. Unten: Start-up-Rivian, mit Kurs auf Europa. Rechts: Elon Musk
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